1. Rechtsgrundlage

 

Rz. 195

[Autor/Stand] Nach altem Recht waren Fortschreibungen auch zur Beseitigung einer unrichtigen Feststellung zulässig. Das galt auch dann, wenn sich die Unrichtigkeit aus einer geänderten Rspr. ergab.[2] In diesem Fall war eine Änderung allerdings nur für solche Stichtage zulässig, die auf das Kalenderjahr folgten, in dem das die frühere Rspr. ändernde Urteil ergangen ist.[3] Durch das BewG-ÄndG 1965[4] wurde die Fortschreibung zur Beseitigung eines Fehlers als besonderer Gesetzestatbestand in das BewG als § 22 Abs. 3 aufgenommen.

 

Rz. 196

[Autor/Stand] Der bereits bestehende Vertrauensschutzgedanke wurde über das EGAO[6] mit Wirkung vom 1.1.1977 in § 22 Abs. 3 Satz 2 BewG durch einen Verweis auf die Vorschrift des § 176 AO aufgenommen. Allerdings ist diese Änderung nur redaktioneller Art. § 176 AO enthält den Grundsatz, dass bei der Aufhebung oder Änderung von Feststellungen nicht zuungunsten des Stpfl. berücksichtigt werden darf, dass das BVerfG die Nichtigkeit einer Rechtsnorm feststellt, auf der die bisherige Feststellung beruht, ein oberster Gerichtshof des Bundes eine Norm, auf der die bisherige Feststellung beruht, nicht anwendet, weil er sie für verfassungswidrig hält oder sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofes des Bundes geändert hat, die bei der bisherigen Feststellung von der Finanzbehörde angewandt worden ist. Wegen der Einzelheiten wird auf die einschlägigen Kommentare zur Abgabenordnung verwiesen.

 

Rz. 197– 199

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Bruschke, Stand: 01.04.2016
[2] St. Rspr.; RFH v. 31.3.1938 – III 303/37, RStBl. 1938, 601.
[3] Vgl. § 222 Abs. 2 AO a.F.
[4] BewG-ÄndG 1965 v. 13.8.1965, BGBl. I 1965, 851 = BStBl. I 1965, 375.
[Autor/Stand] Autor: Bruschke, Stand: 01.04.2016
[6] EGAO 1977 v. 14.12.1976, BGBl. I 1976, 3341 = BStBl. I 1976, 694.
[Autor/Stand] Autor: Bruschke, Stand: 01.04.2016

2. Voraussetzungen einer fehlerbeseitigenden Fortschreibung

a) Fehlerbegriff

 

Rz. 200

[Autor/Stand] Eine fehlerbeseitigende Art-, Wert- oder Zurechnungsfortschreibung setzt voraus, dass die vorangegangene Feststellung einen oder mehrere Fehler enthält, sich die Fehler auf das Ergebnis der vorangegangenen Feststellung ausgewirkt haben und diese Feststellung nicht nach den Vorschriften der Abgabenordnung abänderbar ist. Der Fehlerbegriff umfasst jede Unrichtigkeit, also sowohl die unzutreffende Tatsachenwürdigung als auch die unrichtige Anwendung von Rechtsvorschriften.[2] Ein Fehler führt jedoch nur dann zu einer Fortschreibung, wenn die bisher angewandten Grundlagen außerhalb der Norm liegen. Das ist nicht der Fall, wenn lediglich eine dem Ursprungsbescheid zugrunde liegende Schätzung korrigiert werden soll. Eine fehlerbeseitigende Wertfortschreibung ist z.B. bei der geänderten Festlegung der ortsüblichen Miete nur dann zulässig, wenn die bisherige Schätzung der ortsüblichen Jahresrohmiete außerhalb jeder vernünftigen Überlegung gelegen hat.[3] S. aber Anm. 202.

 

Rz. 201

[Autor/Stand] Die fehlerbeseitigende Wertfortschreibung setzt nicht voraus, dass der Fehler seine Ursache in der Unkenntnis des Finanzamts über die tatsächlichen Verhältnisse hat. Deshalb kommt eine Fehlerbeseitigung durch Fortschreibung auch dann in Betracht, wenn dem Finanzamt die tatsächlichen Verhältnisse bekannt waren, es diese Verhältnisse aber rechtlich unzutreffend beurteilt hat. Eine Wertfortschreibung ist mithin zulässig, wenn das Finanzamt ein Einfamilienhaus nach einer Augenscheinseinnahme (vgl. § 92 Satz 2 Nr. 4 AO i.V.m. §§ 98 und 99 AO) zunächst im Ertragswertverfahren bewertet, später aber auf Grund der zwischenzeitlich ergangenen höchstrichterlichen Rspr. erkennt, dass das Sachwertverfahren anzuwenden ist.[5] Gleichwohl hat das FG Berlin-Brandenburg in seiner Entscheidung vom 17.12.2014[6] die Auffassung vertreten, dass das Unterlassen einer bereits früher gebotenen Wertfortschreibung nicht zum nachträglichen Entstehen eines Fehlers führt und folglich die Nachholung einer Fortschreibung wegen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse keine fehlerbeseitigende Wertfortschreibung sei.

 

Rz. 202

[Autor/Stand] Auch der Irrtum des Finanzamts über die Eigenschaft einer Wohnung als steuerbegünstigt oder als öffentlich gefördert stellt einen Fehler bei der Schätzung der üblichen Miete (vgl. § 79 Abs. 2 BewG) dar, der durch Fortschreibung zu beseitigen ist. Das ist regelmäßig der Fall, wenn das Finanzamt sich bei Anwendung des Mietspiegels über die erwähnten Eigenschaften der Wohnung irrt und die übliche Miete deshalb eindeutig zu hoch oder zu niedrig schätzt. Das Gleiche gilt, wenn das Finanzamt nach Wegfall der Grundsteuervergünstigung die Jahreswohnmiete fehlerhaft aus der üblichen Miete für grundsteuerbegünstigten Wohnraum und nicht für frei finanzierten Wohnraum ableitet.[8] Ebenso kann in der falschen bzw. nicht vorgenommenen Bewertung (vgl. § 19 Abs. 4 BewG i.V.m. § 3 Abs. 1 GrStG) eines für gemeinnützige Zwecke errichteten Gebäudes ein Fehler liegen, wenn die Gemeinnützigkeit des Eigentümers aberkannt wird oder das Gebäude nicht mehr gemeinnützigen Zwecken dient.[9]

 

Rz. 203

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