Rz. 54

[Autor/Stand] Zivilrechtlich i.d.R. erloschene Rechtsverhältnisse[2] wegen Zusammentreffens der Gläubiger- und Schuldnerstellung in einer Person bzw. der Vereinigung von Forderung und Schuld in einer Person (sog. Konfusion[3] – z.B. Sohn leiht seinem Vater vor dem Tode 10.000 EUR und wird dessen Alleinerbe) – oder wegen der Vereinigung von Recht und Belastung bei einem beschränkt dinglichen Recht mit dem Eigentum in einer Hand (sog. Konsolidation, z.B. § 1063 BGB) gelten gemäß § 10 Abs. 3 ErbStG als nicht erloschen. Wegen des Eintritts des Erbfalls erfolgt auch keine Berichtigung des Kapitalwerts nach §§ 13 Abs. 3, 14 Abs. 2 BewG.[4]

Trotz der Fiktion des § 10 Abs. 3 ErbStG, der auch für Schenkungen gilt (s. § 1 Abs. 2 ErbStG)[5], ist der Vorerwerb einer unverzinslichen lebenslänglichen gestundeten Zugewinnausgleichsforderung beim Tod des ausgleichsberechtigten Ehegatten beim ausgleichsverpflichteten Erben als Alleinerbe nach § 14 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BewG zu berichtigen.[6]

Ist ein Pflichtteilsberechtigter[7] Alleinerbe des Verpflichteten, bleibt erbschaftsteuerrechtlich trotz des zivilrechtlichen Erlöschens des Pflichtteilsanspruchs sein Recht zur Geltendmachung des Pflichtteils bestehen, d.h., er kann laut BFH-Urteil vom 19.2.2013[8] diesen Anspruch als Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG abziehen, sofern der Anspruch noch nicht bereits beim Tod des Verpflichteten oder bei der (fiktiven) Nachholung der Geltendmachung gegenüber dem Finanzamt verjährt war.

Mit Urteilen vom 5.2.2020[9] hat der BFH nun klargestellt, dass die Fiktion des § 10 Abs. 3 ErbStG nur gilt, wenn der zivilrechtlich durch Konfusion erloschene Anspruch im Zeitpunkt der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs noch nicht verjährt gewesen wäre (s.a. Rz. 108 ff.).

Erbt der Nießbrauchsberechtigte das belastete Grundstück, so tritt nach § 889 BGB keine Konsolidation ein. Er kann die Nießbrauchslast mit ihrem Kapitalwert entsprechend seinem Lebensalter im Zeitpunkt des Erwerbs abziehen.[10]

 

Rz. 55

[Autor/Stand] § 10 Abs. 3 ErbStG gilt nicht, falls ein auflösend bedingter Anspruch wegen Eintritts der auflösenden Bedingung erlischt[12], z.B., wenn eine Leibrente oder ein Nutzungsrecht des Erblassers mit dessen Tode erlischt (§ 1061 BGB). Erlischt ein Nießbrauchsrecht einem Grundstück aufgrund des Eigentumserwerbs des ursprünglich Nießbrauchsberechtigten (Vorbehaltsnießbraucher), so ist der Nießbrauch für die Berechnung des Wertes eines Pflichtteilanspruchs nicht als erloschen zu behandeln, sondern wertmindernd zu berücksichtigen.[13]

 

Rz. 56– 57

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Högl, Stand: 01.11.2023
[2] Diese Rechtsfolge ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, s. bereits BGH v. 1.6.1967 – II ZR 150/66, NJW 1967, 2399; BGH v. 23.4.2009 – IX ZR 19/08, NJW-RR Zivilrecht 2009, 1059 Rz. 2.b bb. Das BGB fingiert in einigen Fällen das Bestehen der Forderung, vgl. §§ 1976, 1991 Abs. 2, 2143, 2175, 2377 BGB, s. BGH v. 14.6.1995 – IV ZR 212/94, NJW 1995, 2287; s.a. Fumi in von Oertzen/Loose2, § 10 ErbStG Rz. 4 m.w.N.; s.a. OLG München v. 6.2.2019 – 20 U 2890/18, ErbStB 2020, 29 wonach, wenn ein Nießbrauchsrecht an einem Grundstück aufgrund des Eigentumserwerbs des ursprünglich Nießbrauchberechtigten als Erbe erlischt, der Nießbrauch für die Berechnung des Werts eines Pflichtteilsanspruchs nicht als erloschen zu behandeln, sondern wertmindernd zu berücksichtigen ist. Weitere Fälle s. Bruschke, ErbStB 2019, 118 ff.
[3] S.a. Grüneberg in Grüneberg, BGB80, Überbl. v. § 362 BGB Rz. 4.
[5] S.a Fumi in von Oertzen/Loose2, § 10 ErbStG Rz. 47.
[6] Bei einer Erbengemeinschaft fehlt es u.U. bereits an der zivilrechtlichen Konfusion, s. Gebel in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 10 ErbStG Rz. 94.
[7] Bei einer Erbengemeinschaft fehlt es u.U. bereits an der zivilrechtlichen Konfusion, s. Gebel in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 10 ErbStG Rz. 94
[9] BFH v. 5.2.2020 – II R 17/16, BStBl. II 2020, 584 = ErbStB 2020, 245 (Uhl-Ludäscher); s.a. Loose, juris PR-SteuerR 39/2020 Rz. 2 sowie II R1/16, DStR 2020, 1496.
[10] Meincke/Hannes/Holtz18, § 10 ErbStG Rz. 35.
[Autor/Stand] Autor: Högl, Stand: 01.11.2023
[12] BFH v. 21.5.2001 – II R 48/99, BFH/NV 2001, 1407 (1409); s.a. Geck in Kapp/Ebeling, § 10 ErbStG Rz. 65, 66.1.
[Autor/Stand] Autor: Högl, Stand: 01.11.2023

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