Rz. 90

[Autor/Stand] Jeder Feststellungsbescheid über einen Grundsteuerwert muss auch eine Feststellung darüber treffen, wem und ggf. mit welchem Anteil die wirtschaftliche Einheit zuzurechnen ist (vgl. § 219 Abs. 2 Nr. 2 BewG). Änderungen in der Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit während eines Hauptfeststellungszeitraums werden durch eine Zurechnungsfortschreibung berücksichtigt.[2]

 

Rz. 91

[Autor/Stand] Die sachlichen Voraussetzungen für eine Zurechnungsfortschreibung sind in § 222 Abs. 2 BewG enthalten. Danach ist eine Zurechnungsfortschreibung vorzunehmen, wenn die Eigentumsverhältnisse des Gegenstands im Feststellungszeitpunkt von der zuletzt getroffenen Feststellung abweichen und die Zurechnung für die Besteuerung von Bedeutung sind. Wegen der Frage, wem die wirtschaftliche Einheit zuzurechnen ist, wird auf die Kommentierung zu § 219 BewG verwiesen.

 

Rz. 92

[Autor/Stand] Eine Änderung der Eigentumsverhältnisse, die einen Wechsel in der Steuerschuldnerschaft zur Folge hat, ist regelmäßig für die Besteuerung von Bedeutung. Beim Grundbesitz gilt dies schon wegen der Auswirkung auf die Grundsteuer ohne Einschränkung. Bei wirtschaftlichen Einheiten, die sich im Betriebsvermögen befinden, muss die Frage, ob eine Zurechnungsfortschreibung sich steuerlich auswirkt, nur nach Lage des Einzelfalls beurteilt werden. So ist eine Zurechnungsfortschreibung z.B. dann nicht erforderlich, wenn die bloße Umfirmierung einer Gesellschaft vorliegt.

 

Rz. 93

[Autor/Stand] Der Hauptfall der Zurechnungsfortschreibung ist der Wechsel im Eigentum nach dem Feststellungszeitpunkt. Das ist z.B. der Fall, wenn die wirtschaftliche Einheit veräußert oder übertragen wird oder im Erbgang auf eine andere Person übergeht. Das gilt auch, wenn sich Alleineigentum in Miteigentum verwandelt oder wenn sich die Miteigentumsverhältnisse ändern.

 

Rz. 94

[Autor/Stand] Eine Zurechnungsfortschreibung ist auch dann erforderlich, wenn sich die Eigentumsverhältnisse dahingehend ändern, dass das bisherige Bruchteilseigentum in Gesamthandseigentum einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die aus den nämlichen Personen zu identischen Anteilen besteht, umgewandelt wird. Das Grundstück steht in diesen Fällen ebenso wie bei allen anderen rechtsfähigen Personengesellschaften nicht im Eigentum des einzelnen Gesellschafter, sondern im Eigentum der jeweiligen Gesellschaft.[7] Somit hat bei den im Gesamthandsvermögen einer Gesellschaft oder Gemeinschaft befindlichen Grundstücken eine Zurechnung auf die Gesellschaft oder Gemeinschaft zu erfolgen.[8]

 

Rz. 95

[Autor/Stand] Eine Zurechnungsfortschreibung ist auch dann vorzunehmen, wenn das so genannte wirtschaftliche Eigentum auf einen anderen als den bürgerlich-rechtlichen Eigentümer übergeht.[10] Wirtschaftliches Eigentum liegt dann vor, wenn ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Grundstück in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Grundstück wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 AO).[11] Das bedeutet im Regelfall, dass Eigenbesitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten übergegangen sind.[12] Wirtschaftliches Eigentum kann auch an ideellen Grundstücksanteilen bestehen.[13]

 

Rz. 96

[Autor/Stand] Bei Vorgängen, die unter das Umwandlungssteuergesetz[15] fallen, ist die steuerliche Rückwirkung für Zwecke der Grundsteuer unerheblich. Entsprechend ist die Zurechnungsfortschreibung auf den, der tatsächlichen Umwandlung nachfolgenden Zeitpunkt vorzunehmen. Eine rückwirkende Zurechnung war nur für solche Stichtage erforderlich, auf die noch Werte für die Vermögensteuer festzustellen waren.[16]

 

Rz. 97

[Autor/Stand] Die Zurechnungsfortschreibung ist von keinen Wertgrenzen abhängig. Sie ist auch nicht davon abhängig, dass in der Zurechnung des Gegenstands nach dem Feststellungszeitpunkt eine Änderung eingetreten ist. Vielmehr kann die Zurechnungsfortschreibung auch zur Beseitigung von unrichtigen Feststellungen über die Zurechnung des Gegenstands dienen. Diese Möglichkeit einer Fehlerkorrektur ist über § 222 Abs. 3 BewG ausdrücklich im Gesetz geregelt.

 

Rz. 98

[Autor/Stand] Der Zurechnungsfortschreibungsbescheid trifft bindende Feststellungen in zwei Richtungen. Einmal wird festgestellt, dass die wirtschaftliche Einheit dem bisherigen Zurechnungsträger zum Fortschreibungszeitpunkt nicht mehr zuzurechnen ist, zum anderen, dass die wirtschaftliche Einheit dem neuen Zurechnungsträger vom gleichen Zeitpunkt an zuzurechnen ist. Beide Feststellungen können notwendigerweise nur einheitlich erfolgen.[19]

 

Rz. 99

[Autor/Stand] Eine besondere Problematik besteht bei sog. "herrenlosen" Grundstücken. Diese entstehen immer dann, wenn der Eigentümer eines Grundstücks gegenüber dem Grundbuchamt seinen Verzicht auf das Eigentum erklärt hat und der Verzicht im Grundbuch eingetragen wurde. In diesen Fällen steht dem Fiskus des jeweiligen Landes, in dessen Gebiet das Grundstück liegt, ein Aneignungsrecht zu (§ 928 BGB), das durch die Eintragung im Grundbuch ausgeü...

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