1. Überblick

 

Rz. 150

[Autor/Stand] Treten nach Bezugsfertigkeit des Gebäudes Veränderungen ein, die die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes verlängert haben, wird bei der Ermittlung der Alterswertminderung von einem entsprechenden späteren Baujahr ausgegangen (§ 190 Abs. 4 Satz 3 BewG i.d.F. bis 31.12.2022). Dem gegenüber ist bei einer bestehenden Abbruchverpflichtung für das Gebäude bei der Ermittlung der Alterswertminderung von der tatsächlichen Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes auszugehen (§ 190 Abs. 4 Satz 4 BewG i.d.F. bis 31.12.2022). In diesen Fällen kann es folglich zu einer Verkürzung der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer kommen.

 

Rz. 151

[Autor/Stand] Bereits in der Gesetzesbegründung zum § 190 BewG i.d.F. bis 31.12.2015 hieß es:

"In begründeten Ausnahmefällen ist von einem späteren Baujahr (fiktives Baujahr) auszugehen, wenn durchgreifende Instandhaltungsmaßnahmen oder Modernisierungen durchgeführt wurden, die zu einer wesentlichen Verlängerung der Restnutzungsdauer führen. Entsprechend ist ein früheres Baujahr anzunehmen, wenn ein Gebäude nicht mehr den allgemeinen Anforderungen entspricht, wie sie die gesetzlichen Bestimmungen und die gewöhnlichen Verhältnisse auf dem Grundstücks- und Mietenmarkt verlangen".

 

Rz. 152

[Autor/Stand] Dem ist in der Gesetzesbegründung zu § 190 BewG[4] i.d.F. bis 31.12.2022 noch hinzugefügt worden:

"Im neuen Absatz 4 wird klargestellt, dass bei bestehender Abbruchverpflichtung für das Gebäude bei der Ermittlung der Alterswertminderung von der tatsächlichen Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes auszugehen ist."

[Autor/Stand] Autor: Mannek/Krause, Stand: 01.08.2023
[Autor/Stand] Autor: Mannek/Krause, Stand: 01.08.2023
[Autor/Stand] Autor: Mannek/Krause, Stand: 01.08.2023
[4] BT-Drucks. 18/4902, S. 55.

2. Verlängerung der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer

 

Rz. 153

[Autor/Stand] Eine Verlängerung der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer und damit ein fiktiv späteres Baujahr ist nach Auffassung der Finanzverwaltung anzunehmen, wenn in den letzten zehn Jahren vor dem Bewertungsstichtag durchgreifende Modernisierungen vorgenommen wurden, die nach dem Punktesystem der nachfolgenden Tabelle 1 eine überwiegende oder umfassende Modernisierung ergeben.[2]

 

Rz. 154

[Autor/Stand] Tabelle 1

 
Modernisierungselemente (8 Elemente) Punkte
Dacherneuerung inklusive Verbesserung der Wärmedämmung 4
Modernisierung der Fenster und Außentüren 2
Modernisierung der Leitungssysteme (Strom, Gas, Wasser, Abwasser) 2
Modernisierung der Heizungsanlage 2
Wärmedämmung der Außenwände 4
Modernisierung von Bädern 2
Modernisierung des Innenausbaus, z.B. Decken, Fußböden, Treppen 2
Wesentliche Verbesserung der Grundrissgestaltung 2
 

Rz. 155

[Autor/Stand] Ein Gebäude gilt als überwiegend modernisiert, wenn die Summe der Punkte aller in den letzten zehn Jahren durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen zwischen 14 und 16 liegt. Werden 18 Punkte oder mehr erreicht, gilt das Gebäude als umfassend modernisiert. Maximal können bei Umsetzung aller acht Modernisierungselemente insgesamt 20 Punkte erreicht werden.

 

Rz. 156

[Autor/Stand] Im Vergleich zur vorangegangenen Regelung nach dem für Bewertungsstichtage bis einschließlich 31.12.2015 geltenden Sachwertverfahren[6] sind sowohl der Katalog der Modernisierungselemente als auch die Punkteverteilung modifiziert worden. Zudem ist das Modernisierungselement "Einbau von Bädern" ersatzlos entfallen, so dass sich die Anzahl der Modernisierungselemente von neun auf acht reduziert hat. Um eine überwiegende Modernisierung zu erreichen, werden hier mindestens 14 statt bisher 11 Punkte vorausgesetzt. Entsprechend greift eine umfassende Modernisierung ab 18 oder mehr Punkten (bisher ab 16 Punkten).

 

Rz. 157

[Autor/Stand] Die Finanzverwaltung stellt in den ErbStR 2019 klar, dass hinsichtlich der durchgeführten Modernisierungsarbeiten auf die überwiegende Erneuerung bzw. Verbesserung der jeweiligen einzelnen Bauteile abzustellen ist.[8] Der Richtliniengeber erläutert allerdings nicht näher, wie der Begriff "überwiegend" auszulegen ist. U.E. kann erst eine überwiegende Erneuerung oder Verbesserung angenommen werden, wenn sich die Baumaßnahme auf mindestens 80 % des Bauteils (z.B. der Modernisierung der Fenster und Außentüren) erstreckt. Andernfalls kann u.E. nicht davon ausgegangen werden, dass die Bausubstanz derart verbessert worden wäre, dass eine Verlängerung der Gesamtnutzungsdauer gerechtfertigt erscheint.

 

Rz. 158

[Autor/Stand] Durch die Beschränkung auf die in den letzten zehn Jahren vor dem Bewertungsstichtag durchgeführten Modernisierungen, wird eine Verlängerung der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer sich auf die Grundstücke beschränken, die im Rahmen einer einheitlich geplanten und durchgeführten Baumaßnahme sehr intensiv modernisiert wurden (z.B. Entkernung mit Komplettsanierung). Fälle der laufenden Instandhaltung dürften dagegen regelmäßig nicht von dieser Regelung berührt sein, da insoweit oftmals nur ein oder zwei Modernisierungselemente in den Zehnjahreszeitraum fallen und es somit nicht zum Überschreiten der maßgeblichen Punktegrenze kom...

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