1. Allgemeines
Rz. 146
[Autor/Stand] Um den Schwierigkeiten der Teilwertermittlung Herr zu werden, die mit der Quantifizierung des funktionsbezogenen Werts eines Wirtschaftsguts für den Betrieb verbunden sind, und um der Praxis handhabbare und praktikable Orientierungshilfen zur Bewältigung des (ertragsteuerrechtlichen) Massenphänomens der Teilwertermittlung an die Hand zu geben, hat die Rechtsprechung bereits frühzeitig Teilwertober- und -untergrenzen festgelegt sowie – im Einzelfall widerlegbare – Teilwertvermutungen aufgestellt. Dabei geht die Rechtsprechung davon aus, dass ein präsumtiver Erwerber des Unternehmens vernünftigerweise für die betriebsnotwendigen Wirtschaftsgüter die Wiederbeschaffungskosten oder Wiederherstellungskosten und für die übrigen (nicht betriebsnotwendigen und daher im Grunde genommen überflüssigen) Wirtschaftsgüter den Einzelveräußerungspreis ansetzen würde (Bewertungsfixpunkte).[2] Die Wiederbeschaffungskosten bzw. Wiederherstellungskosten bilden sogleich die Teilwertobergrenze, die Einzelveräußerungspreise sogleich die grundsätzliche Teilwertuntergrenze (näher dazu Rz. 156 ff.). Zentrale Bedeutung für die Teilwertermittlung haben danach die Wiederbeschaffungskosten bzw. Wiederherstellungskosten. Deren Bestimmung kann – besonders bei gebrauchten Anlagegegenständen – schwierig sein. Hier helfen die von der Rechtsprechung entwickelten Teilwertvermutungen, auf die noch im Einzelnen einzugehen sein wird (unten Rz. 166 ff.).
Vorab seien die wichtigsten Teilwertvermutungen kurz skizziert:
Rz. 147
(1) Im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern sowohl des Anlage- als auch des Umlaufvermögens wird vermutet, dass der Teilwert den Anschaffungs- oder Herstellungskosten entspricht.[3] | |||||||
(2) Zu einem späteren Bewertungszeitpunkt ist zwischen abnutzbaren Anlagegütern, nichtabnutzbaren Anlagegütern und dem Umlaufvermögen zu unterscheiden:
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Rz. 148
[Autor/Stand] Diese Teilwertvermutungen, die lediglich auf Erfahrungen gestützte allgemeine Schätzungsgrundlagen darstellen[8] und der prozessualen Beweislage entspringen,[9] sind widerlegbar. Die Widerlegung obliegt demjenigen, der ihre Richtigkeit bestreitet. Das kann je nach Lage des Falles der Steuerpflichtige (der etwa einen von dem vermuteten Wert abweichenden niedrigeren Teilwert geltend macht) oder das Finanzamt (das z.B. einen von dem vermuteten Wert divergierenden höheren Teilwert behauptet) sein.[10] Die Widerlegung der Teilwertvermutung erfordert, dass konkrete, nachprüfbare Tatsachen und Umstände dargelegt (nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht) werden, die den Schluss rechtfertigen, dass der Teilwert nicht der Teilwertvermutung entspricht.[11] Als Gründe, die zur Widerlegung der Teilwertvermutung(en) dienen können, kommen insbesondere in Betracht (im Einzelnen vgl. Rz. 193 ff.):
- gesunkene Wiederbeschaffungskosten;
- die Anschaffung oder Herstellung des betreffenden Wirtschaftsguts hat sich als eine Fehlmaßnahme erwiesen;
- gesunkene Verkaufspreise, so dass die voraussichtlichen Erlöse die Selbstkosten zuzüglich eines durchschnittlichen Unternehmergewinns nicht mehr decken;
- gesunkene (mangelnde) Rentabilität des gesamten Unternehmens;
- gesunkene (mangelnde) Rentabilität des zu bewertenden einzelnen Wirtschaftsguts.
Rz. 149– 155
[Autor/Stand] Einstweilen frei.
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