Rz. 61

[Autor/Stand] Die negativen Folgen des § 162 Abs. 2 Satz 1 BewG treten nicht ein, wenn der aus der Veräußerung der wesentlichen Wirtschaftsgüter des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes erzielten Veräußerungserlös innerhalb von sechs Monaten ausschließlich im betrieblichen Interesse verwendet wird.

 

Rz. 62

[Autor/Stand] Die Frist von sechs Monaten ist auch hier taggenau zu ermitteln und beginnt mit der Übergabe der wesentlichen Wirtschaftsgüter. Sofern es sich um Grund und Boden handelt, ist der Übergang von Nutzen und Lasten maßgebend. Bei Wirtschaftsgütern, deren Eigentumsübergang ohne notarielle Beurkundung möglich ist, gilt die von den Parteien vereinbarte und auch tatsächlich vollzogene Übergabe. Bei Zweifelsfällen trifft hier den Betriebsinhaber und Veräußerer der wesentlichen Wirtschaftsgüter die Nachweispflicht.

 

Rz. 63

[Autor/Stand] Wird der Veräußerungserlös für die Errichtung eines Wirtschaftsgebäudes des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs genutzt, so handelt es sich grundsätzlich um eine geeignete Reinvestitionsmaßnahme. Dies gilt auch dann, wenn der Veräußerungserlös nur einen Teil der Herstellungskosten abdeckt. Hinsichtlich der Sechsmonatsfrist ist es in diesen Fällen ausreichend, wenn innerhalb der Frist mit der Errichtung des Gebäudes begonnen wird. Hinsichtlich des Baubeginns dienen die Regelungen des § 196 Abs. 1 Satz 2 BewG[4] als Orientierung. In begründeten Einzelfällen kann bereits die Bauantragstellung oder die verbindliche Auftragsvergabe für die Einhaltung der Frist ausreichen, wenn anschließend zeitnah tatsächlich ein Gebäude errichtet wird.[5]

 

Rz. 64

[Autor/Stand] Grundsätzlich soll der Veräußerungserlös ausschließlich im betrieblichen Interesse verwandt werden. Hier muss jedoch nach allgemeinen Grundsätzen davon ebenfalls ausgegangen werden, dass damit nicht 100 % des Veräußerungserlöses gemeint sind. Vielmehr dürfte es unschädlich sein, wenn geringfügige Teile des Veräußerungserlöses für außerbetriebliche Zwecke eingesetzt werden. Die Geringfügigkeitsgrenze liegt bei höchstens 10 % der zur Verfügung stehenden Mittel.[7]

 

Rz. 65

[Autor/Stand] Die Vorschrift übernimmt somit im Wesentlichen die Regelungen des § 162 Abs. 3 Satz 2 BewG und schafft damit auch in diesem Fall die Möglichkeit, den Ansatz des Liquidationswertes zu vermeiden. Im Gegensatz zu der Regelung bei Veräußerung eines Betriebes oder eines Anteils an einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft, wo die negativen Folgen grundsätzlich nur über den Erwerb einer vergleichbaren Wirtschaftseinheit verhindert werden kann, verlangt § 162 Abs. 4 Satz 2 BewG lediglich, dass der Veräußerungserlös im betrieblichen Interesse verwendet wird.

 

Rz. 66

[Autor/Stand] Dieses betriebliche Interesse ist z.B. gegeben, wenn neue Flächen oder Maschinen für die Bewirtschaftung erworben werden. Es liegt aber auch dann vor, wenn betriebliche Schulden getilgt oder Wirtschaftsgebäude modernisiert oder umgebaut werden, ohne dass sie ihre Zweckbestimmung verlieren. Bei einer veränderten Zweckbestimmung ist darauf abzustellen, ob sie dennoch Betriebsvermögen darstellen.

 

Rz. 67

[Autor/Stand] Der Begriff der betrieblichen Verwendung ist nicht auf eine Verwendung im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb beschränkt. Hier ist jede betriebliche und bei der Erbschaftsteuer begünstigte Verwendung ausreichend. Somit kann die Verwendung des Veräußerungserlöses aus dem Verkauf wesentlicher Wirtschaftsgüter auch in einem Bereich stattfinden, der zu gewerblichen Einkünften führt. Da sowohl das land- und forstwirtschaftliche Vermögen als auch das gewerbliche Vermögen zu den nach §§ 13a, 13b ErbStG begünstigten Vermögensarten gehören, ist es sachgerecht, hier eine Gleichstellung zu erreichen und keine Nachbewertung mit dem Liquidationswert vorzunehmen.[11]

 

Rz. 68

 

Beispiel:

A veräußert innerhalb des Zeitraumes von 15 Jahren nach der Übernahme des Hofes einen Teil der bewirtschafteten Fläche. Der veräußerte Teil stellt ein wesentliches Wirtschaftsgut dar, da es mehr als 10 % der Gesamtfläche ausmacht und wertmäßig über 50.000 EUR liegt. Parallel zu der Veräußerung baut A ein Wirtschaftsgebäude zu einem Hofladen mit Landcafé um. Der Veräußerungserlös aus dem Verkauf des Grund und Bodens wird zu 95 % für den Umbau und die Einrichtung des Hofladens verwandt. Folge: Eine Nachbewertung mit dem Liquidationswert findet nicht statt, da A den Verkaufserlös weitaus überwiegend und innerhalb des erforderlichen Zeitraumes für betriebliche Zwecke verwandt hat. Dabei ist es unerheblich, dass sich der Hofladen nicht im land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen, sondern im gewerblichen Betriebsvermögen befindet.

 

Rz. 69

[Autor/Stand] Die Verbindung zum ErbStG lässt sich durch folgende Überlegung rechtfertigen: Hätte der Rechtsvorgänger während der Zeit, in dem sich das land- und forstwirtschaftliche Vermögen in seinem Eigentum befand, bereits die entsprechenden Umbauten vorgenommen, wäre sowohl der land- und forstwirtschaftliche Teil des Vermögens als auch der gewerbl...

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