1. Der Umfang einer Außenprüfung nach § 156 BewG

 

Rz. 9

[Autor/Stand] § 156 BewG erlaubt ausdrücklich die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen. § 199 Abs. 1 AO umschreibt mit diesem Begriff per Legaldefinition die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Steuerpflicht und die Bemessung der Steuer maßgebend sind und macht deren Prüfung zur Aufgabe der Außenprüfer/innen. Folglich könnten sie im Rahmen einer auf § 156 BewG gestützten Außenprüfung die erbschaft-/schenkungsteuerlichen und/oder grunderwerbsteuerlichen Verhältnisse der Stpfl. (§ 194 Abs. 1 Sätze 1, 2 AO) sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ermitteln.

 

Rz. 10

[Autor/Stand] Systematisch steht § 156 BewG jedoch am Ende des fünften Abschnitts des zweiten Teils des Bewertungsgesetzes. Die dort geregelte Bedarfsbewertung dient lediglich der Wertfindung für Zwecke einer Erbschaft-/Schenkung- und/oder Grunderwerbsteuerfestsetzung (§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1–4, Abs. 5 BewG). Normspezifisch kann man daher unter dem in § 156 BewG verwendeten Begriff "Besteuerungsgrundlagen" auch nur die bewertungsrelevanten Verhältnisse der jeweiligen Feststellungsgegenstände verstehen.[3] Konsequent müssten sich die Prüfer/innen im Rahmen einer allein mit dieser Vorschrift begründeten Sonderprüfung hierauf beschränken.[4]

 

Rz. 11

[Autor/Stand] Dies dürfte richtig sein. Mit der gesonderten Feststellung von Bedarfswerten hat der Gesetzgeber gleichzeitig auch die Kompetenzen der beteiligten Finanzbehörden bestimmt. Fragen der Steuerpflicht sind Sache der Besteuerungsfinanzämter; sie allein entscheiden über das Ob einer Bedarfsbewertung (§ 151 Abs. 1 Satz 2 BewG).[6] Fragen zur steuerlichen Bemessungsgrundlage sind, soweit Vermögen i.S. des § 151 Abs. 1 Satz 1 BewG zu einem dem ErbStG unterliegenden Erwerb gehört (s. § 12 Abs. 2, 3, 5, 6 ErbStG i.d.F. des ErbStRG)[7] oder die Grunderwerbsteuer nach Grundbesitzwerten zu berechnen ist (s. § 8 Abs. 2 GrEStG), nur von den Feststellungsfinanzämtern unter Beachtung besonderer Verfahrensvorschriften zu beantworten (§§ 152 ff. BewG).[8] Folgerichtig ermöglicht § 156 BewG, ausdrücklich verknüpft mit § 154 Abs. 1 BewG, eine Außenprüfung bei den dort genannten Beteiligten, die ihrerseits nicht stets mit den materiell-rechtlich Stpfl. identisch sind.[9]

 

Rz. 12

[Autor/Stand] Abstrakt wird der Umfang einer Außenprüfung nach § 156 BewG einerseits durch § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–4 BewG und andererseits durch § 154 Abs. 1 BewG determiniert. Konkret ergeben sich daraus die jeweiligen Prüfungsgegenstände: Der/die Prüfer/in darf sich nur mit der Wertermittlung von Grundstücken (Nr. 1), Betriebsvermögen und entsprechenden Mitunternehmeranteilen (Nr. 2), nicht börsennotierten Anteilen an Kapitalgesellschaften (Nr. 3) sowie den in Nr. 4 genannten Vermögensgegenständen und Schulden beschäftigen.[11]

 

Rz. 13

[Autor/Stand] Sie sind regelmäßig anhand vorliegender Feststellungsbescheide und/oder entsprechender Feststellungserklärungen ersichtlich. Insb. in Fällen des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2–4 wird jedoch stets auch anhand der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu klären sein, ob und inwieweit einzelne Vermögensgegenstände überhaupt zum bewertungsbedürftigen Vermögen gehören.

 

Rz. 14

[Autor/Stand] Geht es bspw. um die Qualifizierung einzelner Wirtschaftsgüter als Betriebsvermögen, ist dies vorrangig eine Frage der Bedarfsbewertung (s. auch § 153 BewG Anm. 2), die im Zweifel nicht im Steuerfestsetzungsverfahren zu beantworten ist.[14] Dies dürfte auch gelten, wenn unklar ist, ob eine erworbene Beteiligung an einer Personengesellschaft die Qualität eines Mitunternehmeranteils hat oder nicht.[15] Auch die Entscheidung, ob statt eines Grundstücks ein Sachleistungsanspruch zu erfassen ist, obliegt der Erbschaft- oder Schenkungsteuerstelle nur, wenn es sich unstreitig um nicht mehreren Personen zuzurechnendes Privatvermögen handelt. Grundsätzlich erstreckt sich der sachliche Umfang einer Sonderprüfung nach § 156 BewG daher auf alle Verhältnisse, die zur Ermittlung der nach § 151 Abs. 1 Satz 1 BewG gesondert festzustellenden Besteuerungsgrundlagen zu untersuchen sind.

 

Rz. 15

[Autor/Stand] Soweit der/die Prüfer/in über den durch § 151 Abs. 1 Satz 1 BewG gezogenen Rahmen hinausgeht, droht eine Grenzüberschreitung, die allein durch die Ermächtigungsnorm des § 156 BewG nicht mehr gedeckt ist (s. dann Anm. 25). Dies gilt insb., wenn die Ermittlungen auf die Verwirklichung bislang noch unbekannter Erwerbsfälle ausgedehnt werden (sollen). Kritisch können auch Prüfungen sein, die durch den Erwerb eines Einzelunternehmens, eines Mitunternehmeranteils oder eines nicht börsennotierten Anteils einer Kapitalgesellschaft veranlasst sind, in deren Bedarfswerte ihrerseits gesondert festzustellende Beteiligungswerte einfließen (mehrstufige Wertermittlung). Hier ist darauf zu achten, dass der/die Prüfer/in auf der richtigen Ebene solcher Bedarfsbewertungsketten bleibt und nicht etwa beiläufig Verhältnisse einer Unter- bzw. Obergesellschaft im Rahmen der anhängigen Sonderprüfung der Ober- bzw. Untergesellschaft ...

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