Rz. 101

[Autor/Stand] Die Gesetzesbegründung zum nachträglich eingefügten § 247 Abs. 1 Satz 2 BewG lautet[2]:

„... Mit der Anfügung des Satzes 2 in § 247 Absatz 1 des Bewertungsgesetzes wird klargestellt, dass bei der Ermittlung des Produkts aus Grundstücksfläche und dem jeweiligen Bodenrichtwert im Sinne des § 196 BauGB, grundsätzlich der auf die Grundstücksmerkmale des Bodenrichtwertgrundstücks bezogene Bodenrichtwert in der Bodenrichtwertzone, in der sich das zu bewertende Grundstück befindet, zugrunde zu legen ist. Individuelle Abweichungen zwischen den Grundstücksmerkmalen des Bodenrichtwertgrundstücks und des zu bewertenden Grundstücks sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Urteil vom 10.04.2018 – 1 BvL 11/14, Rn. 131) hat der Gesetzgeber insbesondere in einem Massenverfahren wie der Bewertung der Grundstücke für Zwecke der Grundsteuer einen weitgehende Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis. Die Bewertung von über 32 Millionen wirtschaftlichen Einheiten im Grundvermögen sowie das damit zusammenhängende Automationsbedürfnis machen es erforderlich, von individuellen Anpassungen des Bodenrichtwerts an die Grundstücksmerkmale weitgehend abzusehen, zumal es sich bei der Grundsteuer – im Gegensatz zur Erbschaft- und Schenkungsteuer als sog. Bereicherungssteuern – um eine Objektsteuer mit im Regelfall überschaubarem Belastungsniveau handelt. Die Grenzen der Typisierungsbefugnis werden durch Vorgaben bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte bereits eingehalten.

Der Bodenrichtwert im Sinne des § 196 Absatz 1 BauGB ist der durchschnittliche Lagewert des Bodens für die Mehrheit der Grundstücke innerhalb eines abgegrenzten Gebiets (Bodenrichtwertzone), die nach ihren Grundstücksmerkmalen, weitgehend übereinstimmen und für die im Wesentlichen gleiche allgemeine Wertverhältnisse vorliegen. Er ist bezogen auf den Quadratmeter Grundstücksfläche eines unbebauten – fiktiven – Grundstücks mit den dargestellten Merkmalen (Bodenrichtwertgrundstück).

Nach § 10 Absatz 3 Immobilienwertermittlungsverordnung i. d. F. des Grundsteuer-Reformgesetzes vom 26. November 2019, BGBl. 2019 I S. 1794, sind die Richtwertzonen nach § 196 Absatz 1 Satz 3 BauGB grundsätzlich so abzugrenzen, dass lagebedingte Wertunterschiede zwischen der Mehrheit der Grundstücke und dem Bodenrichtwertgrundstück nicht mehr als 30 Prozent betragen. Mit der Festlegung des Genauigkeitsgrades der durch die Gutachterausschüsse abzuleitenden Bodenrichtwerte hat der Gesetzgeber nicht nur die praktikable Anwendung der Bodenrichtwerte in dem notwendigerweise weitgehend automatisiert ablaufenden Massenbewertungsverfahren zur Feststellung der Grundsteuerwerte sichergestellt, sondern innerhalb seiner Typisierungsbefugnis auch eine maßgebliche Grundlage für eine relations- und realitätsgerechte Bewertung gelegt.

Die Berücksichtigung von Abweichungen zwischen den Grundstücksmerkmalen des Bodenrichtwertgrundstücks und des zu bewertenden Grundstücks kommt im Rahmen der Feststellung der Grundsteuerwerte ausschließlich bei unterschiedlichen

in Betracht.

Die Bodenrichtwerte sind nach § 196 Absatz 1 des Baugesetzbuchs unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Entwicklungszustands zu ermitteln. Abweichungen hinsichtlich des Entwicklungszustands zwischen dem Bodenrichtwertgrundstück und dem zu bewertenden Grundstück können aus Vereinfachungsgründen durch sachgerechte Ab- oder Zuschläge automationsgestützt berücksichtigt werden.

Bodenrichtwertzonen können sich in begründeten Fällen überlagern, sofern eine eindeutige Zuordnung der Mehrheit der Grundstücke zum jeweiligen Bodenrichtwertgrundstück gewährleistet bleibt. In diesen Fällen ist der Bodenrichtwert für dasjenige Bodenrichtwertgrundstück heranzuziehen, dessen Art der Nutzung am ehesten der des zu bewertenden Grundstücks entspricht. ...”

 

Rz. 102

[Autor/Stand] Gemäß § 247 Abs. 1 Satz 2 BewG werden, soweit in den §§ 243 bis 262 BewG sowie in den Anlagen 36 bis 43 nichts anderes bestimmt ist, Abweichungen zwischen den Grundstücksmerkmalen des Bodenrichtwertgrundstücks und des zu bewertenden Grundstücks mit Ausnahme unterschiedlicher Entwicklungszustände und Arten der Nutzung bei überlagernden Bodenrichtwertzonen nicht berücksichtigt. Anzusetzen ist regelmäßig der auf das Bodenrichtwertgrundstück bezogene Bodenrichtwert.[4]

 

Rz. 103

[Autor/Stand] Die Ausnahmevorschrift des § 247 Abs. 1 Satz 2 BewG wurde nachträglich in § 247 BewG eingefügt.[6] Sie geht auf eine Anregung des Bundesrates zurück und soll der vereinfachten Durchführung des Bewertungsverfahrens dienen. Durch die grundsätzliche Außerachtlassung von Abweichungen zwischen den Grundstücksmerkmalen des Bodenrichtwerts und dem konkret zu bewertenden Grundstück lassen sich langwierige Auseinandersetzungen über einzelne Merkmale des Grundstücks zwischen der Finanzverwaltung und Steu...

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