Rz. 504

[Autor/Stand] § 7 Abs. 5 Satz 1 ErbStG erlaubt eine der Höhe nach nicht gerechtfertigte Steuererhebung. Satz 2 stellt es den Steuerpflichtigen anheim, dem Schenkungsteuerfinanzamt die Beute später wieder wegzunehmen, per Antrag auf Berichtigung der ursprünglichen Steuerfestsetzung (§ 5 Abs. 2 BewG). Bislang wurden, ebenso wie zu § 7 Abs. 6 ErbStG (s. Rz. 537), keine Präzedenzfälle bekannt, so dass sich über praktische Erfahrungen der Vergangenheit nicht berichten lässt.[2] Allseits geäußerten Befürchtungen zufolge habe die Bedeutung des § 7 Abs. 5 ErbStG jedoch seit der Erbschaftsteuerreform zum 1.1.2009 zugenommen,[3] da nunmehr die gemeinen Werte generell maßgebend sind (§ 109 Abs. 2 BewG – s. auch § 109 BewG Rz. 256).[4]

[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.03.2021
[2] Weinmann in Moench/Weinmann, § 7 ErbStG Rz. 235. Zu den Gründen Esskandari in von Oertzen/Loose2, § 7 ErbStG Rz. 492 f.; Griesel in Daragan/Halaczinsky/Riedel3, § 7 ErbStG Rz. 226.
[3] Geck in Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG Rz. 177; Esskandari in von Oertzen/Loose2, § 7 ErbStG Rz. 494.
[4] BFH v. 17.6.2020 – II R 43/17, BFH/NV 2021, 226 = ErbStB 2021, 1 (Halaczinsky).

1. Erwerb einer Beteiligung (Satz 1)

 

Rz. 505

[Autor/Stand] Nach § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG[2] gilt der Erwerb einer Beteiligung an vermögensverwaltenden Personengesellschaften als anteiliger Erwerb der Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens. Umkehrschließend beschränkt sich der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 5 ErbStG somit auf Beteiligungen an mitunternehmerischen Personengesellschaften i.S.d. § 97 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 BewG; das sind insb. gewerblich oder freiberuflich tätige GbRs, Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG), EWiV, Partenreedereien, Partnerschaftsgesellschaften, atypisch stille Gesellschaften.[3] Offen bleibt dabei aber, ob das Tatbestandsmerkmal der Beteiligung an einer Personengesellschaft ausschließlich zivilrechtlich zu verstehen ist oder jede ertragsteuerlich als sog. Mitunternehmeranteil qualifizierbare Rechtsposition erfasst. Wird der Erwerber, wie z.B. ein atypischer stiller Gesellschafter,[4] nur schuldrechtlich und nicht dinglich an einem "gemeinsamen" Vermögen beteiligt, könnte es durchaus entscheidend sein, dass § 7 Abs. 5 ErbStG keine unmittelbare Bezugnahme auf § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 oder Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 Satz 2 EStG enthält[5] und der II. BFH-Senat daher nicht bereit ist, von seiner grundsätzlichen Aversion gegen eine Zurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO abzusehen.[6] Auch die schenkweise Einräumung oder Übertragung der einem Treugeber gegen den Treuhänder eines Gesellschaftsanteils zustehenden Ansprüche ist folglich wohl nicht tatbestandsmäßig.[7]

 

Rz. 506

[Autor/Stand] Mitunternehmeranteile sind allerdings, soweit inländisches Betriebsvermögen betroffen ist, grundsätzlich begünstigungsfähiges Vermögen (§ 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG), dessen Erwerb der Betriebsvermögensverschonung nach § 13a ErbStG unterliegt. Dadurch dürfte sich die Anwendung des § 7 Abs. 5 ErbStG häufig auf sog. Nachversteuerungsfälle beschränken,[9] deren Auslösung der Erwerber weitgehend selbst in der Hand hat (§ 13a Abs. 6 Satz 1 Nrn. 1, 3, Sätze 2, 3 ErbStG).

 

Rz. 507

[Autor/Stand] Die nach Satz 1 zu bewertende Beteiligung ist nur dann Gegenstand einer Schenkung, wenn sie in schenkungsteuerbarer Weise, regelmäßig also mittels freigebiger Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, erworben wird. Erwähnt werden auch nach § 7 Abs. 1 Nrn. 210 ErbStG fingierte Schenkungen. Erbschaftsteuerbare Erwerbsvorgänge sind damit aber nicht tatbestandsmäßig.[11]

 

Rz. 508

[Autor/Stand] Der Erwerber muss ein neuer Gesellschafter, d.h. dem Kreis der Gesellschafter durch die Schenkung hinzugetreten sein.[13] Denkbar ist dies etwa durch derivativen Anteilserwerb auf Kosten eines (ausscheidenden oder, bei Teilanteilsübertragung per Kapitalumbuchung,[14] verbleibenden) Gesellschafters, durch mittelbare Anteilsschenkung mittels zweckgebundener Finanzierung der Gesellschaftereinlage oder im Wege der Aufnahme in ein Einzelunternehmen (s. § 7 ErbStG Rz. 144 f.). In Betracht kommt auch der Beitritt zu einer bestehenden Personengesellschaft, der sich infolge anteiliger An- und Abwachsung des Gesellschaftsvermögens auf Kosten aller hierdurch betroffenen Mitgesellschafter vollzieht.[15] In diesem Fall kann es sich um eine Vielzahl einzelner Schenkungen handeln,[16] die unter Fremden bereits bei einer Bereicherung von jeweils mehr als 20.000 EUR schenkungsteuerpflichtig werden (§§ 15 Abs. 1, 16 Abs. 1 Nr. 7, 19 Abs. 1 ErbStG).

 

Rz. 509

[Autor/Stand] Damit rücken insb. sog. Managermodelle in den Focus, in denen Gesellschafter nur befristet und mit beschränktem Abfindungsanspruch der Gesellschaft angehören.[18] Sind die gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen jedoch derart gestaltet, dass die Abfindung die bei Eintritt zu erbringende Einlage nicht wesentlich übersteigen wird, dürfte die Annahme freigebiger Zuwendungen zweifelhaft sein. So verneinte der BFH jüngst beiläufig den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG hins. eventueller Bereiche...

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