Rz. 14

[Autor/Stand] Nach § 15 Abs. 1 BewG ist der einjährige Betrag der Nutzung einer Geldsumme, wenn kein anderer Wert feststeht, zu 5,5 % anzunehmen.[2] Unter einer Geldsumme ist verzinslich angelegtes Geld zu verstehen. Zuletzt hatten sich FG für die Verfassungskonformität des § 15 Abs. 1 BewG ausgesprochen.[3] Dies trotz der verfassungsrechtlichen Bedenken, die gegen die Höhe des in § 238 AO geregelten Zinssatzes von 6 % erhoben worden waren.[4]

Mit Urteil vom 8.7.2021 hat nun das BVerfG hat entschieden, dass die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen in § 233a AO in Verbindung mit § 238 Abs. 1 Satz 1 AO verfassungswidrig ist, soweit der Zinsberechnung für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2014 ein Zinssatz von monatlich 0,5% zugrunde gelegt wird.[5] Das BVerfG sieht in der Verzinsung von Steuernachforderungen mit einem Zinssatz von monatlich 0,5 % nach Ablauf einer zinsfreien Karenzzeit von grundsätzlich 15 Monaten eine Ungleichbehandlung von Steuerschuldnern, deren Steuer erst nach Ablauf der Karenzzeit festgesetzt wird, gegenüber Steuerschuldnern, deren Steuer bereits innerhalb der Karenzzeit endgültig festgesetzt wird. Hintergrund hierfür ist das seit Jahren anhaltende niedrige Zinsniveau auf dem Kapitalmarkt, das in diametralem Gegensatz zur 6%igen Jahresverzinsung durch die Finanzverwaltung steht. Diese Ungleichbehandlung sieht das Gericht für in die Jahre 2010-2013 fallende Verzinsungszeiträume als noch als verfassungsgemäß an. Dies gilt jedoch nicht mehr für Verzinsungszeiträume ab 2014. Die Unvereinbarkeit der Verzinsung nach § 233a AO mit dem GG umfasst dabei auch die Erstattungszinsen zugunsten der Steuerpflichtigen.

Das BVerfG differenziert jedoch insoweit, als es das bisherige Recht für bis einschließlich in das Jahr 2018 fallende Verzinsungszeiträume für weiterhin anwendbar erklärt wird. Für Verzinsungszeiträume, die in das Jahr 2019 und später fallen, kommt dagegen eine Weitergeltung des bisherigen Rechts dagegen nicht mehr in Betracht. Hier wird der Gesetzgeber verpflichtet, bis 31.7.2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen. Die Finanzverwaltung hatte bislang u.a. für Verzinsungszeiträume ab dem 1.4.2012 Aussetzung der Vollziehung gewährt (BMF v. 14.12.2018 – IV A 3 - S 0465/18/10005-01, BStBl. I 2018, 1393). Außerdem hatte sie mit Schreiben des BMF v. 2.5.2019 – IV A 3 - S 0338/18/10002, BStBl. I 2019, 448) angeordnet, sämtliche Zinsbescheide (§ 233 AO), denen ein Zinssatz von 0,5 % pro Monat zugrunde liegt (§ 238 AO), vorläufig (§ 165 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AO) rgehen zu lassen.

Zunächst ist zu beachten, dass das BVerfG sich nur zur Vollverzinsung (§ 233a AO) geäußert hat, nicht jedoch zu Stundungszinsen (§ 234 AO), Hinterziehungszinsen (§ 235 AO) Prozesszinsen auf Erstattungsbeträge (§ 236 AO) und Aussetzungszinsen (§ 237 AO). Da jedoch das Zinsniveau in allen Verzinsungsfällen einheitlich 0,5 % pro Monat beträgt (§ 238 AO), wird man die Entscheidungsgrundsätze des BVerG auf alle Zinsarten anwenden können.

Weiterhin gilt es, hinsichtlich der Verzinsungszeiträume drei Fallgruppen zu unterscheiden:

Verzinsungszeiträume, die in das Jahr 2013 und früher fallen, sind von der Verfassungswidrigkeit nicht betroffen, d.h. hier ist der Zinssatz von 0,5 % pro Monat nicht zu beanstanden. Für Verzinsungszeiträume, die in das Jahr 2014 bis einschließlich 2018 fallen, besteht nun eine festgestellte Verfassungswidrigkeit des Zinssatzes, jedoch bleibt das aktuelle Recht weiterhin anwendbar. Lediglich für Verzinsungszeiträume, die in das Jahr 2019 und später fallen, muss der Gesetzgeber bis zum 31.7.2022 "nachbessern" und eine verfassungskonforme gesetzliche Neuregelung schaffen.

Fraglich ist, ob die Entscheidung des BVerfG auch Auswirkungen auf die Verfassungsmäßigkeit des in § 15 Abs. 1 BewG normierten Zinssatzes hat. Zinssatzes. Anders als bei der Vollverzinsung nach der Abgabenordnung stand dem Steuerpflichtigen mit Blick auf § 15 Abs. 1 BewG immer die Möglichkeit offen, einen niedrigeren Zins nachzuweisen. Deshalb wurden an dieser Stelle die verfassungsrechtlichen Zweifel an der Höhe des Zinssatzes nach der AO auch bislang nicht auf § 15 Abs. 1 BewG übertragen. Auch daran hat auch die Entscheidung des BVerfG nichts geändert. Gleichwohl dürfte es nicht unwahrscheinlich sein, wenn der Gesetzgeber alle in steuerlichen Vorschriften normierten Zinssätze einer grundsätzlichen Überprüfung unterzieht, dass er für Zwecke der Vollverzinsung einen verfassungskonformen Zinssatz – oder einen Modus, um einen solchen zu bestimmen – für die Veranlagungszeiträume ab 2019 regelt.

 

Rz. 15

[Autor/Stand] § 15 BewG setzt für Bewertung des Kapitalnutzungsvorteils nicht voraus, dass die Zeitdauer des Nutzungsvorteils mindestens ein Jahr betragen muss.[7] Schon nach seinem Wortlaut kann § 15 BewG nicht entnommen werden, dass ein Kapitalnutzungsvorteil nur bei einer mindestens einjährigen Nutzungszeit zu berücksichtigen ist. Der "einjährige Betrag" i.S. dieser Vorschrift bezeichnet ausschließlich den Wertansat...

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