Rz. 17

[Autor/Stand] Für Bewertungsstichtage vor dem 1.1.2007 rechnete § 145 Abs. 1 BewG auch Grundstücke mit aufstehenden Gebäuden den unbebauten Grundstücken zu, wenn sich die Gebäude im Bewertungsstichtag noch im Bau befanden.

 

Rz. 18

[Autor/Stand] In der Praxis ist allerdings die Frage, ob ein Grundstück mit einem im Bau befindlichen Gebäude als bebaut oder unbebaut anzusehen ist, ohne Bedeutung. Denn trotz Zuordnung zu den unbebauten Grundstücken wird ein Grundstück mit einem im Bau befindlichen Gebäude nicht nach § 145 Abs. 3 BewG bewertet, sondern nach der Sondervorschrift in § 149 BewG (R 159 Abs. 1 Satz 2 ErbStR 2003). Für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2006 enthält § 149 BewG die diesbezüglichen Regelungen. Bedeutsamer ist in der Praxis die Frage, ab welchem Zeitpunkt ein Grundstück im Zustand der Bebauung vorliegt, das nach § 149 BewG zu bewerten ist.

 

Rz. 19

[Autor/Stand] § 145 Abs. 1 Satz 3 BewG definiert den Begriff der Bezugsfertigkeit als den Zeitpunkt, ab dem es den künftigen Bewohnern und sonstigen Benutzern zugemutet werden kann, das Gebäude zu benutzen. Dies ist nach objektiven Merkmalen unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung zu entscheiden. Auf die Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde kommt es nicht an (§ 145 Abs. 1 Satz 3 zweiter Halbsatz BewG). Auch der tatsächliche Einzug in das Gebäude ist nicht entscheidend. Beiden Zeitpunkten ist lediglich Indizwirkung beizumessen. Ist ein Gebäude durch die Bauaufsichtsbehörde abgenommen, spricht dies bei Wohngebäuden dafür, dass das Gebäude zumindest ab diesem Zeitpunkt bezugsfertig ist. Ob die Bezugsfertigkeit zu einem früheren Zeitpunkt vorlag, ist unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Einzelfall zu prüfen. Der tatsächliche Einzug lässt ebenfalls darauf schließen, dass die Wohnung zu diesem Zeitpunkt bezugsfertig war, wobei dieser Schluss nicht immer zwingend sein muss und sowohl von der Finanzverwaltung als auch von dem Steuerpflichtigen widerlegt werden kann (R 187 Abs. 5 Satz 6 ErbStR 2003; Tz. 66 Abs. 5 Satz 6 der gleich lautenden Erlasse v. 2.4.2007)[4][,][5].

 

Rz. 20

[Autor/Stand] Unabhängig von dem Zeitpunkt der Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde und dem tatsächlichen Einzug ist ein Gebäude als bezugsfertig anzusehen, wenn die wesentlichen Bauarbeiten durchgeführt sind. Dazu müssen die Türen und Fenster eingebaut, die Anschlüsse für Strom- und Wasserversorgung verlegt sowie die Heizung und die sanitären Einrichtungen installiert sein. Auch der Fußboden muss so weit vorbereitet sein, dass nur noch ein entsprechend zugeschnittener Teppichboden oder ein ähnlicher Bodenbelag auszulegen ist.[7] Die Heizkörper in den Wohnräumen sowie der Treppenbelag und das Treppengeländer müssen angebracht sein.

 

Rz. 21

[Autor/Stand] Geringfügige Restarbeiten stehen der Annahme eines bezugsfertigen Gebäudes nicht entgegen. Derartige Arbeiten werden üblicherweise vor dem tatsächlichen Bezug durchgeführt. Hierbei handelt es sich beispielsweise um Malerarbeiten oder um die Verlegung des Bodenbelags. Dies gilt auch für geringfügige Restarbeiten beim Tapezieren sowie für noch durchzuführende Verputz- und Fliesenarbeiten im Kellerbereich.[9]

 

Rz. 22

[Autor/Stand] Für die Frage der Bezugsfertigkeit kommt es wie bei der Einheitsbewertung 1964 darauf an, dass das ganze Gebäude und nicht nur einzelne Wohnungen, Räume oder Gebäudeteile fertiggestellt sind.

 

Beispiel

Bei einem im Bau befindlichen Zweifamilienhaus ist die Wohnung im Erdgeschoss im Bewertungsstichtag bereits fertiggestellt. In der Dachgeschosswohnung werden die Fliesenarbeiten im Bad und in der Küche sowie sämtliche Malerarbeiten und das Verlegen des Teppichbodens erst nach dem Bewertungsstichtag durchgeführt.

Das Zweifamilienhaus ist im Bewertungsstichtag noch nicht als bezugsfertig anzusehen. Denn es kommt auf die Bezugsfertigkeit des ganzen Gebäudes an. Hieran fehlt es jedoch, da in der Dachgeschosswohnung noch Arbeiten durchzuführen sind, die nicht als unwesentlich anzusehen sind. Das Grundstück ist daher als Grundstück im Zustand der Bebauung nach § 149 BewG zu bewerten.

 

Beispiel

Bei einem im Bau befindlichen Einfamilienhaus sind die Wohnräume im Erdgeschoss fertig gestellt. Der Ausbau des Dachgeschosses ist für einen späteren Zeitpunkt zwar möglich, jedoch ist vor dem Bewertungsstichtag noch nicht mit den Ausbauarbeiten begonnen worden.

Das Einfamilienhaus ist als bezugsfertig anzusehen. Es ist unschädlich, dass sich in dem Gebäude noch Ausbaureserven befinden. Entscheidend ist, dass die zur Nutzung des Gebäudes als Einfamilienhaus erforderlichen Wohnräume fertig gestellt sind.

 

Beispiel

Bei einem Bürogebäude sind bereits mehrere Geschosse bezugsfertig. Bei einigen Geschossen fehlt jedoch noch der Innenausbau.

Das Gebäude ist insgesamt noch nicht bezugsfertig und somit nach § 149 BewG zu bewerten.

 

Rz. 23

[Autor/Stand] § 145 BewG enthält keine Regelung für die Fälle, in denen ein Gebäude in Bauabschnitten errichtet wird. Für die Grundstücksbewertung ist bei einer abschnittsweisen Errichtung eines Geb...

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