Rz. 23

[Autor/Stand] Die Anwendung des § 261 BewG setzt voraus, dass ein Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet ist. Bei einem Erbbaurecht handelt es sich um das veräußerliche und vererbliche Recht an einem Grundstück, auf oder unter der Erdoberfläche des belasteten Grundstücks ein Bauwerk zu haben (§ 1 Abs. 1 ErbbauVO[2]). Das Erbbaurecht ist ein dingliches Recht an einem fremden Grundstück. Der Erbbaurechtsgeber bleibt bürgerlich-rechtlich Eigentümer des belasteten Grundstücks. Zivilrechtlich wird das Erbbaurecht wie ein Grundstück behandelt (§ 11 ErbbauVO). Es kann daher wie ein Grundstück mit Grundpfandrechten belastet werden. Im Grundbuch wird für das Erbbaurecht ein eigenes Grundbuchblatt angelegt. Das Erbbaurecht entsteht zivilrechtlich mit Eintragung im Grundbuch (§ 11 ErbbauVO i.V.m. § 873 BGB). Bewertungsrechtlich gilt das Erbbaurecht bereits dann als entstanden, wenn die dingliche Einigung über die Bestellung eines Erbbaurechts erfolgt ist und der zukünftige Erbbauberechtigte in der Lage ist, die Eintragung in das Grundbuch zu bewirken, A 261.1 Abs. 2 Satz 2 AEBewGrSt. Die Bestellung eines Erbbaurechts erfolgt im Allgemeinen für Zwecke zur Verwendung des Grund und Bodens als Baugrund. Vgl. ergänzend dazu die Kommentierung zu § 92 BewG.

 

Rz. 24

[Autor/Stand] Als Erbbaurechtsgrundstück wird das (belastete) Grundstück bezeichnet, an dem das Erbbaurecht bestellt ist. Trotz Bestellung mit dem Erbbaurecht bleibt das Erbbaurechtsgrundstück zivilrechtlich weiterhin als solches bestehen.

 

Rz. 25

[Autor/Stand] Das Bewertungsrecht hat das Erbbaurecht im Wesentlichen den Grundstücken gleichgestellt. Es wird wie im bürgerlichen Recht als selbstständiges Grundstück behandelt, bei der Grundsteuerbewertung allerdings mit der Folge, dass das Erbbaurecht und das belastete Grundstück (Erbbaugrundstück) zusammen eine wirtschaftliche Einheit bilden (§ 244 Abs. 3 Nr. 1 BewG). Dementsprechend ist für diese wirtschaftliche Einheit nur ein Grundsteuerwert festzustellen (vgl. Rz. 48).

 

Rz. 26

[Autor/Stand] Das Erbbaurecht erstreckt sich regelmäßig auf das gesamte Grundstück. Es kann jedoch auch auf einen Teil des Grundstücks i.S.d. Zivilrechts beschränkt sein. In diesem Fall ist dieser Teil zusammen mit dem anteiligen belasteten Grund und Boden als selbstständige wirtschaftliche Einheit "Erbbaurecht" zu bewerten (A 261.1 Abs. 3 Satz 2 AEBewGrSt). Für den restlichen Teil des Grundstücks ist eine Bewertung nach den allgemeinen Grundsätzen, i.d.R. als unbebautes Grundstück, durchzuführen.

 

Rz. 27

[Autor/Stand] Etwas sonderbar erscheint die Verwaltungsauffassung zu der Fallkonstellation, dass der Erbbauberechtigte auf einem erbbaurechtsbelasteten und einem ihm selbst gehörenden angrenzenden Grundstück ein Gebäude in der Weise errichtet, dass sich das Gebäude über beide Grundstücke erstreckt. In diesem Fall ist das Gebäude nach A 261.2 Abs. 3 Satz 1 AEBewGrSt gemeinsam mit dem gesamten Grund und Boden als eine wirtschaftliche Einheit zu bewerten. Dies ist eine Abkehr von der bisherigen Verwaltungsauffassung[7] und erscheint kurzfristig verfahrensvereinfachend, macht aber spätestens bei Aufhebung oder Erlöschen des Erbbaurechts eine Neubewertung erforderlich, da zumindest in diesem Moment zwei wirtschaftliche Einheiten gegeben sind. Denkbar – und zutreffender – wäre stattdessen gewesen, dass der Gebäudeteil auf dem Erbbaurecht zusammen mit dem dazugehörigen Grund und Boden des Erbbaugrundstücks als Erbbaurecht und das eigene Grundstück mit dem dort errichteten Gebäudeteil als bebautes Grundstück getrennt zu bewerten sind. Denn losgelöst von der vereinfachten Betrachtungsweise der Verwaltung liegt unstrittig ein Erbbaurecht (nebst Gebäudeteil) und ein eigenes "normales" Grundstück (mit dem anderen Gebäudeteil) vor. Dies spricht eher für zwei wirtschaftliche Einheiten. In der Praxis dürfte die vorstehende Verwaltungsauffassung bei der Hauptfeststellung auf den 1.1.2022 gleichwohl zu einer Vereinfachung führen.

 

Rz. 27.1

[Autor/Stand] Anders als in der vorstehenden Fallkonstellation ist zu verfahren, wenn das angrenzende Grundstück nicht dem Erbbauberechtigten gehört, sondern aufgrund eines Pachtvertrags von ihm angemietet und als wirtschaftlicher Eigentümer bebaut worden ist. Hier liegen nach zutreffender Auffassung der Finanzverwaltung zwei wirtschaftliche Einheiten vor. Folglich sind die Grundsteuerwerte für das Erbbaurecht einschließlich des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks getrennt von den Grundsteuerwerten für das gepachtete Grundstück einschließlich des darauf errichteten Gebäudeteils zu ermitteln (Gebäude auf fremdem Grund und Boden, vgl. dazu A 261.2. Abs. 3 Satz 2 AEBewGrSt sowie die Kommentierung zu § 262 BewG).

 

Rz. 28

[Autor/Stand] Wird ein Erbbaurecht aufgehoben (§ 26 ErbbauVO) oder erlischt es durch Zeitablauf (§ 27 ErbbauVO) und kommt es in dessen Folge zu einer Löschung des Erbbaurechts im Grundbuch, fällt auch bewertungsrechtlich die wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechts einschließlich des erbbaurechtsbelasteten Grund...

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