Rz. 6

[Autor/Stand] Das grundsätzlich zum Grundvermögen gehörende Wohnungseigentum (vgl. § 68 Abs. 1 Nr. 3 BewG) bildet nach § 93 Abs. 1 Satz 1 BewG eine wirtschaftliche Einheit und gilt somit als Grundstück i.S.d. § 70 Abs. 1 BewG. Der Sinn und Zweck der Fiktion des § 93 Abs. 1 Satz 1 BewG besteht darin, den Besonderheiten des Wohnungs-(Teil-)Eigentums bewertungsrechtlich Rechnung zu tragen, dh das Wohnungs-(Teil-)Eigentum aus der Einheit des Gesamtgrundstücks herauszunehmen und als eigene wirtschaftliche Einheit zu verselbstständigen. Eine weitere Bedeutung kommt § 93 Abs. 1 Satz 1 BewG nicht zu.[2] Das Wohnungseigentum ist somit nicht Teil der gesamten Grundstückseinheit, sondern eine selbststständige wirtschaftliche Einheit, die für sich allein zu bewerten ist. Entsprechendes gilt für das Teileigentum, das je nach Lage des Einzelfalles zum Grundvermögen oder zum Betriebsvermögen gehört (vgl. § 99 BewG).

 

Rz. 6.1

[Autor/Stand] Die Fiktion in § 93 Abs. 1 Satz 1 BewG sagt nichts dazu aus, zu welchem Zeitpunkt die selbstständige wirtschaftliche Einheit Wohnungseigentum bzw. Teileigentum entsteht, sondern setzt ihre Entstehung voraus. Zu dieser Frage hat der BFH mit Urteil v. 18.9.1985[4] entschieden, dass die notarielle Beurkundung einer Teilungserklärung nach § 8 WoBauG (sog. Vorratsteilung) für sich allein nicht dazu führt, dass Wohnungseigentum bzw. Teileigentum als eine selbstständig bewertungsfähige wirtschaftliche Einheit entsteht. Nach dem der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt wurde im Jahr 1975 vor dem Notar die Teilung des Grundstücks in Wohnungs- und Teileigentum erklärt und der Notar ermächtigt, alle Anträge zu stellen, die zur Aufteilung notwendig werden. Der Antrag auf Eintragung der Eigentumswohnung in das Grundbuch ging erst im Jahr 1976 beim Grundbuchamt ein. Ebenso erfolgte die Anlegung des Wohnungsgrundbuchs erst 1976. Bei dieser Sachlage konnte sich der BFH auf die Aussage, wie oben angeführt, beschränken. Unbeachtlich wäre auch, wenn das künftig zur Entstehung gelangende Wohnungs- bzw. Teil-Eigentum bereits zum Gegenstand eines auf Eigentumswechsel abzielenden Erwerbsvorganges gemacht worden ist.

 

Rz. 6.2

[Autor/Stand] Zu der Frage, ob es für die bewertungsrechtliche Entstehung des Wohnungseigentums oder Teileigentums genügt, dass die Teilungserklärung beurkundet und der Antrag auf Anlegung des Wohnungsgrundbuchs beim Grundbuchamt eingegangen ist, brauchte der BFH keine Stellung zu nehmen. Nach einem übereinstimmenden Ländererlass[6] reicht es in den Fällen der Begründung des Wohnungs-(Teil-)Eigentums durch Teilung bereits bebauter Grundstücke (§ 8 WoBauG) für die Entstehung der wirtschaftlichen Einheit aus, dass die Teilungserklärung beurkundet und der Eintragungsantrag beim Grundbuchamt eingegangen ist. Der Zeitpunkt der Grundbucheintragung könne hier nicht als entscheidend angesehen werden, weil der Wohnungseigentümer darauf keinen Einfluss habe.[7] Dieser Verwaltungsauffassung ist in der Praxis durchgehend angewandt worden. Sie ist auch grundsätzlich zu begrüßen, weil mit dem Eingang der Erklärung über die Teilung in Miteigentumsanteile und der Verbindung jeden Anteils mit einem Sondereigentum beim Grundbuchamt wirtschaftlich alle Voraussetzungen zur Existenz des Wohnungs-(Teil-)Eigentums gegeben sind. Die Auffassung über den Zeitpunkt der Entstehung der wirtschaftlichen Einheit entspricht der bis dahin vorliegenden Rechtsprechung[8] und deckt sich auch im Allgemeinen mit der Erwartungshaltung der Eigentümer. Nach dem Urteil des FG- München v. 21.4.1983[9] kann eine wirtschaftliche Einheit des Wohnungseigentums (Teileigentums) nicht vor dem Zeitpunkt anerkannt werden, zu dem der Eintragungsantrag mit den Erfordernissen hierzu (notarielle Aufteilungsvereinbarung, Aufteilungsplan usw.) beim Grundbuchamt gestellt wurde.[10] Auch unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigentums muss der Vertrag über die Begründung des Wohnungseigentums (Teileigentums) dem Grundbuchamt zur Eintragung im Grundbuch vorliegen, weil das "fiktive Grundstück Wohnungseigentum (Teileigentum)" entstanden sein muss, um wirtschaftliches Eigentum zu begründen, während beim Verkauf eines realen Grundstücks der Vertrag über die Besitzeinräumung und den Übergang von Nutzungen und Lasten zum Entstehen des wirtschaftlichen Eigentums genügen. Das FG Rheinland-Pfalz ist jedoch der Auffassung, dass die wirtschaftliche Einheit "Wohnungseigentum" erst mit der Anlegung des Wohnungsgrundbuchs entsteht.[11]

Die Frage, zu welchem Zeitpunkt ein Wohnungseigentum (Teileigentum) bewertungsrechtlich entsteht und damit die wirtschaftliche Einheit des bebauten Grundstücks untergeht, war somit in der Vergangenheit umstritten. Höchstrichterlich entschieden war nur der Fall, dass eine notariell beurkundete Teilungserklärung nach § 8 WEG nicht ausreicht. Für eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, dass die wirtschaftliche Einheit "Wohnungseigentum" entsteht, wenn die beurkundete Teilungserklärung nach § 8 WEG beim Grundbuchamt zur An...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge