Rz. 71

[Autor/Stand] Zum Zeitpunkt der erstmaligen Bezugsfertigkeit eines Gebäudes endet der Zustand der fehlenden Benutzbarkeit. § 246 Abs. 1 Satz 3 BewG enthält eine gesetzliche Fiktion zum Begriff der Bezugsfertigkeit von Gebäuden. Danach ist von einer Bezugsfertigkeit auszugehen, wenn den zukünftigen Bewohnern oder sonstigen vorgesehenen Benutzern die bestimmungsgemäße Gebäudenutzung zugemutet werden kann. Ausdrücklich nicht maßgeblich für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals Bezugsfertigkeit ist die Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde (§ 246 Abs. 1 Satz 3 BewG). Bauaufsichtsbehörden sind für die Überwachung der Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften, insb. die Bauordnung, und die auf Grund dieser Vorschriften ergangenen Anordnungen bei der Errichtung, Änderung, Nutzung, Nutzungsänderung, Instandhaltung und Abbruch einer baulichen Anlage zuständig.

 

Rz. 72

[Autor/Stand] Das Tatbestandsmerkmal der Bezugsfertigkeit wird von Gesetzes wegen in § 246 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 BewG inhaltlich weiter ausgestaltet. Die in diesen Vorschriften gemachten Vorgaben (Zumutbarkeit der bestimmungsgemäßen Gebäudenutzung, Unerheblichkeit der bauaufsichtsbehördlichen Abnahme) sind bei der tatbestandlichen Festlegung des Begriffs der Benutzbarkeit zwingend zu berücksichtigen. Eine Begriffsbestimmung außerhalb dieses gesetzlich vorgegebenen Rahmens ist ausgeschlossen.

 

Rz. 73

[Autor/Stand] Zur Bejahung der Eigenschaft als bebautes bzw. benutzbares Grundstück ist es nicht ausreichend, dass ein Gebäude in seinem konkreten Zustand irgendeiner gebäudetypischen Nutzung – z.B. Wohnung, Büro, Lagerung von Gegenständen – dienen kann. Maßgeblich ist vielmehr eine Nutzung, für die das Gebäude grundsätzlich vorab durch den Grundstückseigentümer bzw. sonstigen Berechtigten bestimmt worden ist. Eine solche ursprünglich vorgesehene Nutzung muss im Einzelfall auch im Nachhinein hinreichend konkret bestimmbar sein. Diese konkret beabsichtigte Nutzung muss zum Feststellungszeitpunkt aufgrund des baulichen Zustands zumutbar sein.[4] In der Folgezeit kann es aber auch zu einem Wechsel bzw. sogar mehreren Wechseln der vorgesehenen Gebäudenutzung kommen.

 

Beispiel:

Ein Unteroffiziersheim diente ursprünglich als Gebäude zu Wohnzwecken. Dieses soll verkauft werden und anschließend als Aus- und Fortbildungsstätte für Gesundheitsberufe hergerichtet und genutzt werden.

Im Hinblick auf die Möglichkeit einer Änderung der ursprünglich bestimmten Nutzung des Gebäudes ist es für den Steuerpflichtigen empfehlenswert, nachträgliche Veränderungen der ursprünglichen Bestimmung durch eine aussagekräftige Dokumentation für die Finanzverwaltung nachvollziehbar zu machen.

 

Rz. 74

[Autor/Stand] Nach § 246 Abs. 1 Satz 3 BewG – im Wesentlichen gleich lautend mit § 72 Abs. 1 Ssatz 3 BewG bzw. § 145 Abs. 1 Satz 3 BewG – sind Gebäude dann als bezugsfertig anzusehen, wenn den zukünftigen Bewohnern oder sonstigen Benutzern zugemutet werden kann, sie bestimmungsgemäß zu benutzen. Die Vorschrift verlangt mit den beiden Tatbestandsmerkmalen Zumutbarkeit bzw. Bestimmungsmäßigkeit zwei Feststellungen, die zentrale Bedeutung für die Frage der Annahme eines unbebauten Grundstücks i.S.d. § 246 BewG haben. Beide Merkmale sind nicht unabhängig von einander fest zu stellen. Das Tatbestandsmerkmal Zumutbarkeit bezieht sich auf die bestimmungsgemäße Gebäudenutzung. Unerheblich ist es daher für die Feststellung der Grundstücksart, wenn zwar irgendeine Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes besteht, diese jedoch nicht identisch mit der feststellbaren bestimmungsgemäßen Nutzung des Gebäudes ist.

 

Rz. 75

[Autor/Stand] Die Abgrenzung zwischen bebauten und unbebauten Grundstücken bestimmt sich nach der Zumutbarkeit der bestimmungsgemäßen Gebäudenutzung. Ob es zumutbar ist, ein Gebäude zu benutzen, richtet sich nach seinem tatsächlichen Zustand und nicht danach, ob eine formal erforderliche Nutzungsgenehmigung vorliegt oder nach der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit einer Gebäudenutzung.[7]

 

Rz. 76

[Autor/Stand] Maßgebend für die Abgrenzung zwischen unbebauten und bebauten Grundstücken – einschließlich der Beurteilung der Zumutbarkeit der Gebäudenutzung – sind jeweils die tatsächlichen Verhältnisse an dem Stichtag, auf den die Feststellung vorzunehmen ist.[9] Mit der Regelung, dass bebaute Grundstücke solche Grundstücke sind, auf denen sich benutzbare Gebäude befinden, knüpft der Gesetzgeber an die objektive Möglichkeit der Grundstücksnutzung an, ohne dass detailliert fest zu stellen ist, auf welche Art und Weise der Berechtigte das Grundstück tatsächlich nutzt.[10] Die konkreten Umstände der Nutzung im Einzelfall bleiben bei der Feststellung der Grundstücksart unberücksichtigt. Bei der Entscheidung über die Zumutbarkeit sind die jeweiligen Zeitumstände zu berücksichtigen. Diese können sich im Zeitablauf verändern.[11]

 

Rz. 77

[Autor/Stand] Für den Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit i.S.d. § 246 Abs. 1 Satz 3 BewG kommt es nicht auf den tatsächlich vollständig vollzogenen Bezug des Gebäudes bzw. desse...

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