Rz. 48

[Autor/Stand] Es gibt Fälle, in denen für die Benutzung von Grundstücken (Grundstücksteilen) keine Miete gezahlt wird oder in denen die vereinbarte Miete keinen zutreffenden Maßstab für die Bewertung abgibt. Diese beiden Fälle werden auch in § 79 Abs. 2 BewG unterschieden. § 79 Abs. 2 Nr. 1 BewG umfasst im Wesentlichen die Fälle, in denen keine Miete vereinnahmt wird, also Grundstücke, die eigengenutzt, ungenutzt, zu vorübergehendem Gebrauch oder unentgeltlich überlassen sind. In diesen Fällen besteht zumeist kein Mietvertrag. Bei unentgeltlicher Überlassung macht es keinen Unterschied, ob der Eigentümer freiwillig auf die Miete verzichtet hat oder ob er durch Vertrag, gesetzliche Vorschrift oder andere Bestimmungen zur unentgeltlichen Überlassung verpflichtet ist. Der BFH hat mit Urteil v. 25.1.1989[2] entschieden, dass die tatsächliche Nutzung durch den Eigentümer im Einzelfall außer Betracht bleiben müsse. Im vorliegenden Streitfall machten die Eigentümer einer im Sondergebiet (Kur- und Feriengebiet) gelegenen Eigentumswohnung, die nach ihrer baulichen Ausstattung ganzjährig bewohnbar ist, geltend, dass sie diese Wohnung nur an 134 Tagen im Jahr nutzen könnten. Sie begehrten für die Einheitsbewertung wegen Minderausnutzung die übliche Miete nur mit [2]/3 anzusetzen, als Mittel zwischen der tatsächlichen Nutzung und der vollen Nutzung. Klage und Revision hatten keinen Erfolg. In seinen Gründen führte der BFH aus, dass nach § 79 Abs. 2 Nr. 1 BewG auch für ungenutzte Grundstücke oder Grundstücksteile die übliche Miete anzusetzen sei; darüber hinaus handle es sich bei der tatsächlichen Nutzung eines Grundstücks oder einer Wohnung, die aufgrund ihrer bautechnischen Ausstattung ganzjährig genutzt werden könne und deren ganzjährige Nutzung im Feriengebiet auch geduldet werde, um persönliche Verhältnisse, die bei der Bewertung außer Betracht bleiben müssten (§ 9 Abs. 2 Satz 3 BewG). Bei der Vermietung von Räumen zu vorübergehendem Gebrauch (z.B. im Sommer als Eisdiele; während des Winter- oder Sommerschlussverkaufs) kann die erzielte Miete regelmäßig nicht als Bewertungsmaßstab dienen. Es würde sich bei derart kurzfristigen Vermietungen ein falscher Wert ergeben. Umbau- und Renovierungsarbeiten an einem Gebäude, die nur zu einer vorübergehenden Unbenutzbarkeit von Teilen oder des ganzen Gebäudes führen, haben keine bewertungsrechtlichen Auswirkungen, so dass sie auch nicht zu einer Minderung der Jahresrohmiete führen können.[3] Dies wird aus dem Rechtssatz des § 72 Abs. 3 BewG abgeleitet, wonach ein bebautes Grundstück nur dann zu einem unbebauten Grundstück wird, wenn auf die Dauer benutzbarer Raum nicht mehr vorhanden ist. Nach dem vorhergehenden Urteil des FG Baden-Württemberg v. 13.5.1991[4] sollte bei einer Wertfortschreibung für ein bebautes Grundstück, dessen Gebäude wegen Umbaus nur zu einem kleinen Teil benutzbar sind, nur die für den benutzbaren Teil übliche Miete als Jahresrohmiete angesetzt werden dürfen. Dienstwohnungen, die Beamten überlassen sind, sind als eigengenutzte Räume der Dienstbehörde anzusehen. Bei der Bewertung ist deshalb nicht die Dienstwohnungsvergütung des Beamten als tatsächliche Jahresrohmiete zugrunde zu legen. Vielmehr ist von der für solche Wohnungen üblichen Miete auszugehen. § 79 Abs. 2 Nr. 2 BewG regelt die Fälle, in denen zwar eine Miete gezahlt wird, diese aber um mehr als 20 % von der üblichen Miete abweicht.

In beiden Fällen gilt die übliche Miete als Jahresrohmiete, d.h. es ist die übliche Miete anzusetzen. Diese Vorschrift entspricht § 34 Abs. 4 BewDV 1934. Ein wesentlicher Unterschied besteht aber insofern, als in den Fällen des § 79 Abs. 2 Nr. 2 BewG nicht geprüft zu werden braucht, ob die von der üblichen Miete abweichende tatsächliche Miete ihre Ursache in persönlichen oder wirtschaftlichen oder verwandtschaftlichen Beziehungen oder in einem Arbeits- oder Dienstverhältnis hat. Die Gründe, die zu der Abweichung der tatsächlichen Miete um mehr als 20 % geführt haben, sind unbeachtlich.[5] Nach der amtlichen Begründung zum BewÄndG habe sich gezeigt, dass nicht immer persönliche oder wirtschaftliche Beziehungen die Ursache einer besonders niedrigen Miete sind. Die Änderung sei aber vor allem deshalb notwendig geworden, weil der Nachweis vorliegender persönlicher oder wirtschaftlicher Beziehungen nicht immer möglich oder zumindest oft sehr schwierig sei.

 

Rz. 49

[Autor/Stand] Die Anwendung des § 79 Abs. 2 Nr. 2 BewG – Abweichung um mehr als 20 % – setzt nicht voraus, dass die tatsächliche Miete um mehr als 20 % niedriger als die übliche Miete ist. Wenn dies in der Praxis auch die überwiegende Zahl der nach § 79 Abs. 2 Nr. 2 BewG zu erfassenden Fälle ist, so sind durchaus auch Fälle denkbar, in denen die tatsächliche Miete um mehr als 20 % nach oben von der üblichen Miete abweicht. So kann im Einzelfall aus besonderen Gründen ein weit über der üblichen Miete liegender Mietpreis erzielt werden. Auch in diesen Fällen ist § 79 Abs. 2 Nr. 2 BewG grundsätzlich anwendbar.

 

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