Rz. 50

[Autor/Stand] Der Grundbesitzwert für ein ländlich gelegenes freistehendes Zweifamilienhaus ist für Schenkungsteuerzwecke auf den 1.7.2022 zu ermitteln. Am Bewertungsstichtag wird ein kleineres Werkstattgebäude auf dem Grundstück errichtet. Das Grundstück ist 1 750 m[2] groß, der Bodenrichtwert beträgt 50 EUR/m[2]. Ein Vergleichspreis oder Vergleichsfaktor für das Zweifamilienhaus liegt nicht vor. Das unterkellerte Zweifamilienhaus mit ausgebautem Dachgeschoss wurde 1986 errichtet, weist einen mittleren Gebäudestandard (Stufe 3 = Basis) auf und hat eine Wohnfläche von 160 m[2]. Die Brutto-Grundfläche des Zweifamilienhauses beträgt 325 m[2]. Das im Bau befindliche Werkstattgebäude wird eine Nutzfläche von 200 m[2] haben. Bis zum Bewertungsstichtag sind für das Werkstattgebäude Herstellungskosten i.H.v. 63.000 EUR sowie Planungskosten i.H.v. 4.000 EUR entstanden. Zudem waren für den Abriss eines älteren Garagengebäudes Abbruchkosten i.H.v. 2.500 EUR entstanden. Marktanpassungsfaktoren hat der örtliche Gutachterausschuss nicht zur Verfügung gestellt.

Das zu bewertende Grundstück stellt ein Grundstück im Zustand der Bebauung dar, da am Bewertungsstichtag mit den Bauarbeiten für das Werkstattgebäude begonnen wurde und diese noch nicht abgeschlossen sind. Das Grundstück war vor Beginn der Baumaßnahmen bereits mit einem freistehenden Zweifamilienhaus bebaut, so dass zunächst der Wert des Grundstücks vor Beginn der Baumaßnahmen zu ermitteln ist. Anschließend sind die am Bewertungsstichtag entstandenen Herstellungskosten hinzuzurechnen. Für das Zweifamilienhaus kommt vorrangig eine Bewertung nach dem Vergleichswertverfahren und nachrangig nach dem Sachwertverfahren in Betracht (vgl. § 182 Abs. 2 Nr. 3 bzw. Abs. 4 Nr. 1 BewG). Mangels Vergleichspreise bzw. Vergleichsfaktoren ist das Zweifamilienhaus im Sachwertverfahren zu bewerten (§ 196 Abs. 2 i.V.m. §§ 189191 BewG). Dass das Grundstück nach Fertigstellung des Werkstattgebäudes ein gemischt genutztes Grundstück darstellen wird[2] (Nutzung zu Wohnzwecken rd. 44 %; 160 m[2]/360 m[2]), ist für die Wahl des Bewertungsverfahrens unmaßgeblich. Für die Ermittlung des Gebäudesachwerts ist das für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2016 geltende (neue) Sachwertverfahren maßgebend (vgl. dazu auch die Kommentierung zu § 190 BewG n.F.).

 
Bodenwert[3] 87.500 EUR  
(Grundstücksfläche × Bodenrichtwert; 1 750 m [2] × 50 EUR/m [2] )    
Regelherstellungskosten Zweifamilienhaus 877 EUR/m[2]  
(lt. Anlage 24, Teil II zum BewG für ein freistehendes Zweifamilienhaus, unterkellert mit ausgebautem Dachgeschoss, Gebäudestandard Stufe 3 = Basis; Gebäudeart 1.011)    
× Baupreisindex 2022 Wohnen[4] 141,0  
× Brutto-Grundfläche 325 m[2]  
Gebäuderegelherstellungswert 401.885 EUR  
– Alterswertminderung – 206.684 EUR  
(Alter des freistehenden Zweifamilienhauses am Bewertungsstichtag 36 Jahre, typisierte wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer nach Anlage 22 zum BewG = 70 Jahre, Alterswertminderung 36 Jahre/70 Jahre = 51,43 %)    
Gebäudesachwert = 195.201 EUR  
(Mindestwertansatz nach § 190 Abs. 4 Satz 5 BewG von 30 % des Gebäuderegelherstellungswerts greift nicht)    
 
vorläufiger Sachwert 282.701 EUR  
(Bodenwert + Gebäudesachwert)    
× Wertzahl 0,7  
(lt. Anlage 25 zum BewG bei einem Bodenrichtwert von 50 EUR/m [2] und einem vorläufigen Sachwert bis 300. 000 EUR)    
Wert des Zweifamilienhauses vor Beginn der Baumaßnahme   197.890 EUR
+ bis zum Bewertungsstichtag entstandene Herstellungskosten für das Werkstattgebäude   63.000 EUR
(Planungskosten sind mit den entstandenen Herstellungskosten abgegolten, Abbruchkosten stellen keine Herstellungskosten dar)    
Grundbesitzwert   260.890 EUR
[Autor/Stand] Autor: Mannek/Krause, Stand: 01.11.2022
[2] § 181 Abs. 7 BewG; berechnet nach der Wohn- und Nutzfläche.
[3] Nach § 179 BewG.
[4] Vgl. § 190 BewG n.F. Rz. 65 ff. sowie BStBl. I 2022, 181.

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