Rz. 30

[Autor/Stand] Nach § 25 Abs. 3 GrStG ist der Beschluss über die Festsetzung oder Änderung des Hebesatzes bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres mit Wirkung vom Beginn dieses Kalenderjahres zu fassen. Nach diesem Zeitpunkt kann der Beschluss über die Festsetzung des Hebesatzes gefasst werden, wenn der Hebesatz die Höhe der letzten Festsetzung nicht überschreitet.

 

Rz. 31

[Autor/Stand] Mit dieser Vorschrift wird den Gemeinen die zeitlich befristete Möglichkeit einer rückwirkenden Festsetzung oder Änderung der Hebesätze eingeräumt. Der rückwirkenden Festsetzungsmöglichkeit kommt in der Praxis eine erhebliche Bedeutung zu, da der Beschluss der Kommune über die Höhe der Hebesätze regelmäßig nicht schon vor Beginn des jeweiligen Kalenderjahres vorliegt.

 

Rz. 32

[Autor/Stand] Die Regelung des § 25 Abs. 3 GrStG entspricht wörtlich § 16 Abs. 3 GewStG.

 

Rz. 33

[Autor/Stand] Auch nach der alten Rechtslage war es unumstritten möglich, den Hebesatz auch nach dem Beginn des Kalenderjahres festzusetzen.[5] Nach dem GrStG a.F. konnte der Hebesatz bis zum 1. Oktober des Folgejahres festgesetzt werden. Erst mit dem Grundsteuergesetz 1973 wurde die Frist bis zum 30. Juni des Folgejahres verkürzt. Die verkürzte Frist soll der steigenden Bedeutung der Grundsteuer für die Kalkulation von Betrieben Rechnung tragen. Nach dem Gesetzgeber war die damit zwangsläufige Umstellung der Finanzplanung der Gemeinden nicht mit unüberwindlichen Schwierigkeiten verbunden. Gegen die rückwirkende Festsetzung des Hebesatzes bestehen überdies auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken.[6] Durch die Möglichkeit der Kommunen, den Hebesatz bis zum 30. Juni eines Jahres mit Wirkung auf den 1. Januar dieses Jahres rückwirkend festzusetzen wird zwar das Vertrauensinteresse der Grundstückseigentümer daran, dass der bisherige Hebesatz Bestand hat, eingeschränkt. Nach der Rechtsprechung ist dies bei einer maßvollen Erhöhung allerdings verhältnismäßig (so bspw. bei einer Erhöhung von 600 v.H. auf 660 v.H.).[7]

 

Rz. 34

[Autor/Stand] Die Frist zur Festlegung der Hebesätze dient der Rechtssicherheit der Bürgerinnen und Bürger. Dementsprechend wird im Bericht des Finanzausschusses des Bundestags[9] ausgeführt:

"Im Interesse der Rechtssicherheit der Bürger und wegen der zunehmenden Bedeutung, die die Grundsteuer für die Kalkulationen gewerblicher Betriebe erlangt, hat der Ausschuss in Absatz 3 die Befristung für die erstmalige Festsetzung wie auch für eine rückwirkende Erhöhung der Hebesätze verkürzt. Er will zugleich mit der Neufassung klarstellen, dass bis zu dem jetzt maßgeblichen Datum, dem 30. Juni, der Ratsbeschluss gefasst sein muss; soweit in einzelnen Ländern eine Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde erforderlich ist, kann diese noch später erfolgen. Der Bürger kann sich danach jedenfalls schon ab Jahresmitte darauf verlassen, dass keine höhere als die vom Rat beschlossene Steuer erhoben wird. Der Ausschuss ist sich darüber klar gewesen, dass diese Änderung zu einer Umstellung der vorausschauenden finanziellen Planung bei Städten und Gemeinden führen muss, der aber keine unüberwindlichen Schwierigkeiten gegenüberstehen. Andererseits bleibt zu beachten, dass jede Rückwirkung bei der Erhöhung von Abgaben nur insoweit zu rechtfertigen ist, als nach Grund und Dauer besondere Umstände dies rechtfertigen."

 

Rz. 35

[Autor/Stand] Der gesetzlich normierte Termin 30. Juni gilt sowohl für erstmalige Hebesatzfestsetzung als auch für die Änderung des bislang festgesetzten Hebesatzes. Den Regelfall einer rückwirkenden Hebesatzfestsetzung wird die Änderung eines für mehrere Jahre geltenden Hebesatzes darstellen. Möglich ist aber auch die Änderung des ausdrücklich nur für das laufende Kalenderjahr festgesetzten Hebesatzes. Denkbar wäre sogar ein zweiter Änderungsbeschluss bis zum 30. Juni. Diese Möglichkeit dürfte jedoch kaum praktische Bedeutung haben.[11] Zur Einhaltung der Frist bedarf es des Beschlusses des zuständigen Gemeinderats (Ratsbeschluss) über die Festsetzung oder Änderung des Hebesatzes. Auf die formelle Bekanntmachung der Haushalts- oder Abgabensatzung kommt es nicht an.[12] Entsprechendes gilt für die ggf. erforderliche Genehmigung der Haushalts- oder Abgabensatzung durch die Gemeindeaufsichtsbehörde, selbst wenn diese erst nach dem 30. Juni erteilt wird.

 

Rz. 36

[Autor/Stand] Die Rückwirkung ist auch dann zulässig, wenn nach einer Satzung über die Erhebung der Grundsteuer nach einer fehlerhaften Bekanntmachung erneut bekannt gegeben und der formelle Fehler dadurch rückwirkend geheilt wird.[14] Nichts anderes ergibt sich aus § 25 Abs. 3 Satz 1 GrStG. Nach dieser Vorschrift ist eine rückwirkende Bestimmung des Hebesatzes zwar (nur) bis zum 30. Juni des jeweiligen Jahres möglich. Diese Vorschrift regelt und begrenzt aber allein den Zeitpunkt bis zum dem ein (rückwirkender) Ratsbeschluss hinsichtlich des Hebesatzes zulässiger Weise ergehen kann.[15] Der Gemeinde bleibt es unbenommen, den Hebesatz für das laufende Kalenderjahr auch nach dem 30. Juni wirksam zu bes...

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