Rz. 138

[Autor/Stand] Führt der Eintritt eines Ereignisses mit Wirkung für die Vergangenheit zu einer Veränderung des Werts eines früheren, in die Zusammenrechnung (der zehn Jahre) einzubeziehenden Erwerbs, so endete bis zum Inkraftreten der Änderung des § 14 Abs. 2 ErbStG durch Art. 34 Nr. 7 JStG 2020[2] für Erwerbe, für die die Steuer nach dem 28.12.2020 entsteht,[3] die Festsetzungsfrist für die Änderung des Steuerbescheids für den Letzterwerb nach § 175 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AO nicht vor dem Ende der für eine Änderung des Bescheids für den Vorerwerb maßgebenden Festsetzungsfrist (sog. Ablaufhemmung). Mit Urteil vom 9.7.2009[4] hatte der BFH jedoch bereits entschieden, dass der für den Vorerwerb ergangene Steuerbescheid für die Steuerfestsetzung für den nachfolgenden Erwerb keine Bindungswirkung etwa im Sinne eines Grundlagenbescheids entfaltet.

 

Rz. 139

[Autor/Stand] Die Versuche der Finanzverwaltung, nach der vorgenannten Vorschrift auch den Steuerbescheid für den Letzterwerb zu ändern – wie z.B. in den Fällen des Unterschreitens der Lohnsummensgrenze und des Verstoßes gegen die Behaltensgrenzen gemäß § 13a Abs. 6 Satz 3 ErbStG a.F. bzw.§ 13a Abs. 7 Satz 3 ErbStG (s. § 13a Rz. 261) und § 19a Abs. 5 Satz 3 ErbStG (s. § 19a ErbStG Rz. 26), wenn die Steuerfestsetzung für einen Vorerwerb wegen Nichteinhaltung der Nachsteuerfristen[6] geändert wurde[7], durch faktische Verlängerung der Festsetzungsfristen für die Steuerfestsetzung auf den Letzterwerb, indem der Schenkungsteuerbescheid für den Vorerwerb geändert und hierin ein rückwirkendes Ereignis gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO auch für den Steuerbescheid bezüglich des Letzterwerbes gesehen wird – scheiterten jedoch. Nach dem Urteil des FG Nürnberg vom 25.6.2015 ist nämlich der Erlass eines geänderten Schenkungsteuerbescheides für den Vorerwerb kein Ereignis für die Vergangenheit i.S.v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Mit Urteil vom 12.7.2017[8] hat der BFH dieses Urteil bestätigt. § 14 Abs. 2 ErbStG (in der bisherigen Fassung) ist wie § 14 Abs. 1 ErbStG keine Änderungsvorschrift, sondern nach dem klaren Wortlaut nur eine Regelung zur Bestimmung der Festsetzungsfrist für den späteren Erwerb. Der Steuerfestsetzung für den früheren Erwerb kommt insoweit keine materiell-rechtliche Bedeutung zu.

 

Rz. 140

[Autor/Stand] Es fehlte schlicht gesagt[10] die gesetzliche Anordnung, wonach die Bewertung des Vorerwerbs über einen Grundlagenbescheid Bindungswirkung für den Letzterwerb hat. Dies ist m.E. auch darauf zurückzuführen, dass die Einführung des § 14 Abs. 2 ErbStG im Zusammenhang mit den ebenfalls mit Wirkung ab dem 1.1.2009 eingeführten Mißbrauchsvorschriften in § 13 a Abs. 5 und 6 a.F, (ab 1.7.2016 Abs. 6 und 7) sowie § 19a Abs. 5 ErbStG zu sehen ist, die zu einer rückwirkenden Anpassung der Steuerfestsetzung für den Vorerwerb führen können. Die gesetzliche Regelung war erforderlich, weil es nach der in diesen Paragrafen angeordneten Rechtsfolge zu einer rückwirkenden Korrektur eines Vorerwerbs führen kann, wenn bestimmte Voraussetzungen eintreten.[11] Der BFH (unter Rz. 22 des Urteils vom 12.7.2017) hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Einschränkungen in seiner Entscheidung gerade nicht für Korrekturen aufgrund von Nachsteuertatbeständen im Rahmen begünstigungsfähigen Vermögens gelten.

 

Rz. 141

[Autor/Stand] Die Regelung in R E 14.3 Abs. 2 ErbStR 2019, die aufgrund des BFH-Urteils vom 12.7.2017 die alte Auffassung der Finanzverwaltung in R E 14.3 Abs. 2 ErbStR 2011 verdrängt hatte, ist m.E, nicht aufzuheben[13], sondern nur einzugrenzen, weil die neue Fassung des § 14 Abs. 2 ErbStG erst für Erwerbe nach dem 28.12.2020 gilt.[14] H E 14.3 ErbStH 2019 gilt weiterhin, weil er sich nur auf den Fall der Behaltensregelung des § 13a Abs. 5 ErbStG bezieht.

 

Rz. 142

[Autor/Stand] Um endgültig weitere Streitigkeiten zu vermeiden, wird mit der Neufassung des § 14 Abs. 2 Satz 1 ErbStG sichergestellt, dass vom Gesetzgeber die Rückwirkung auch für den späteren Erwerb als Ereignis mit Rückwirkung für die Vergangenheit nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO angeordnet ist. Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 ErbStG n.F. gelten für den späteren Erwerb der erstmalige Erlass, die Änderung und die Aufhebung eines Steuerbescheids für einen früheren, in die Zusammenrechnung einzubeziehenden Erwerb als rückwirkendes Ereignis.

 

Rz. 143

[Autor/Stand] Nach § 14 Abs. 2 Satz 3 ErbStG gilt dasselbe auch, soweit eine Änderung der Steuerfestsetzung für den früheren Erwerb lediglich zu einer geänderten anrechenbaren Steuer führt (so schon bisher § 14 Abs. 2 Satz 2 ErbStG a.F.).

 

Beispiele:

Ein ausführliches Berechnungsbeispiel ist in der Gesetzesbegründung des JStG 2020 enthalten[17]. Das Beispiel in H E 14.3 ErbStH 2019 ist im Wesentlichen richtig, weil es sich nur auf die Behaltensregelungen gemäß § 13a Abs. 6 Satz 3 ErbStG a.F. bzw. § 13a Abs. 7 Satz 3 ErbStG und § 19a Abs. 5 Satz 3 ErbStG bezieht.

 

Rz. 144– 145

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Högl, Stand: 01.09.2021
[2] Jahressteuergesetz 2020 (JS...

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