I. Gesetzliche Regelung bei Erwerben vor dem 25.6.2017

 

Rz. 28

[Autor/Stand] Bei beschränkter Steuerpflicht (s. § 2 ErbStG Rz. 87 ff.) betrug früher der Freibetrag nur 2.000 Euro (früher 1.100 Euro), unabhängig davon, von welcher Person erworben wurde (s. Rz. 2) Weitere Freibeträge wie Ehegatten- oder Versorgungsfreibetrag wurden nicht gewährt.

Für Erwerbe ab dem 14.12.2011 (und auch für Erwerbe, für die die Steuer vor dem 14.12.2011 entstand, soweit Steuerbescheide noch nicht bestandskräftig waren), in denen der Erblasser und Erbe oder Schenker und Beschenkte im Ausland wohnten (jedoch nur, wenn sie in einem EU- oder EWR-Staat ansässig waren und die Staatsangehörigkeit eines dieser Länder besaßen und ein Vermögensanfall vorlag, zu dem Inlandsvermögen i.S.d. § 121 BewG gehörte), gab es nach § 2 Abs. 3 Satz 1 ErbStG a.F. ein Antragsrecht, insgesamt als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt zu werden (s. § 2 ErbStG Rz. 14 ff., 110) und damit in den Genuss der wesentlich höheren persönlichen Freibeträge zu kommen.

Ob diese Regelung auch für Drittstaaten galt, hatte der Gesetzgeber offengelassen. Mit Urteil vom 8.6.2016[2] hatte der EuGH das Antragsrecht für beschränkt Steuerpflichtige auch in EU/EWR-Fällen für nicht ausreichend gehalten und festgestellt, dass die dadurch entstehende Ungleichbehandlung einen nicht zu rechtfertigenden Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV darstellt.

[Autor/Stand] Autor: Högl, Stand: 01.11.2020
[2] EuGH v. 8.6.2016 – Rs. C-479/14 – Hünnebeck, NJW 2016, 2638; s.a. ErbStB 2016, 269 (Feldner).

II. Gesetzliche Regelung bei Erwerben nach dem 24.6.2017

 

Rz. 29

[Autor/Stand] Deshalb gewährt nun der deutsche Gesetzgeber durch Art. 4 Nr. 5b des Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes (StUmgBG) vom 23.6.2017[2] i.V.m. § 16 Abs. 2 ErbStG n.F. auch für beschränkt Steuerpflichtige die Freibeträge für unbeschränkt Steuerpflichtige, sofern deren Erwerbe ab dem 25.6.2017 der Steuer unterliegen.

Da das StUmgBG vom 23.6.2017 grundsätzlich mit Wirkung ab dem Tag nach Verkündung des Gesetzes (Art. 11 Abs. 1 StUmgBG) gilt, sind gem. Art. 4 Nr. 8 StUmgBG i.V.m. § 37 Abs. 14 ErbStG die geänderten § 16 Abs. 1 und 2 in der am 25.6.2017 geltenden Fassung auf Erwerbe anzuwenden, für die die Steuer nach dem 24.6.2017 entsteht.

Durch Art. 4 Nr. 1 StUmgBG vom 24.6.2017 wurde zugleich die bisherige Regelung des Optionsrechts mit Wirkung für Erwerbe ab 25.6.2017 aufgehoben.

 

Rz. 30

[Autor/Stand] Der Gesetzgeber entschloss sich, anstatt mühsam § 2 Abs. 3 ErbStG a.F. auf Drittstaaten zu erweitern und nur Vorerwerbe innerhalb von zehn Jahren vor dem Erwerb miteinzubeziehen, § 2 Abs. 3 ErbStG a.F. aufzuheben (Art. 4 Nr. 1 StUmgBG) und in § 16 Abs. 2 ErbStG n.F. die Freibeträge in Fällen der beschränkten Steuerpflicht (auch bei Drittstaaten) neu zu regeln (Art. 4 Nr. 5b StUmgBG). Damit wurde die zuvor auf Erlassbasis geübte Verwaltungspraxis Gesetz.[4]

 

Rz. 31

[Autor/Stand] Die Freibeträge des § 16 Abs. 1 ErbStG werden hiernach nur anteilig gewährt, wenn nicht der gesamte Vermögensanfall, sondern nur das darin enthaltene Inlandsvermögen besteuert wird. Dadurch soll laut Gesetzesbegründung verhindert werden, dass ein Erwerber im Falle der beschränkten Steuerpflicht bessergestellt wird als ein vergleichbarer Erwerber, dessen Erwerb nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG voll der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt.

 

Rz. 32

[Autor/Stand] Um zugleich sicherzustellen, dass die Besteuerung unter Abzug eines nur anteiligen Freibetrags nicht durch in mehrere Teile aufgespaltene zeitlich gestaffelte Zuwendungen zwischen denselben Personen umgangen werden kann, werden auch frühere, innerhalb von zehn Jahren von derselben Person angefallene Erwerbe in die Berechnung des anteiligen Freibetrags einbezogen (s.a. § 14 ErbStG Rz. 115).

[Autor/Stand] Autor: Högl, Stand: 01.11.2020
[2] Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz (StUmgBG) v. 23.6.2017, BGBl. I 2017, 1688, Tag der Verkündung des Gesetzes: 24.6.2017, Wirksamwerden ab dem Tag nach Verkündung des Gesetzes (Art. 11 StUmgBG).
[Autor/Stand] Autor: Högl, Stand: 01.11.2020
[4] OFD NRW v. 29.7.2014 – 003/2014, ZEV 2014, 508; s.a. Stein in von Oertzen/Loose2, § 16 ErbStG Rz. 27.
[Autor/Stand] Autor: Högl, Stand: 01.11.2020
[Autor/Stand] Autor: Högl, Stand: 01.11.2020

III. Rechtszustand für Erwerbe vor dem 25.6.2017

 

Rz. 33

[Autor/Stand] Mit Urteilen vom 10.5.2017 hatte der BFH[2] kurz vor dem Inkraftreten der Neuregelung ab dem 25.6.2017, dass auch beschränkt Steuerpflichtige beim Tod des Ehegatten den vollen Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i.H.v. 500.000 Euro erhalten – unabhängig vom Anteil des inländischen Vermögens am Gesamterwerb. Einen nur anteiligen Ansatz nach dem Verhältnis des Werts des steuerpflichtigen Inlandsvermögens (§ 121 BewG) siehe § 16 Abs. 1 ErbStG in Fällen beschränkter Steuerpflicht nicht vor. Der BFH-Senat ging ausdrücklich nicht darauf ein, ob die in Kürze erfolgende Neufassung des § 16 Abs. 2 ErbStG europakonform sei.

 

Rz. 34

[Autor/Stand] Eine erweiternde Auslegung durch die Finanzverwaltung oder das Gericht, wie eine Aufteilung des Freibetrags auf das steuerpflichtige Inlandsvermögens und das nicht steuerpflichtige Auslands...

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