Rz. 19

[Autor/Stand] Wirtschaftlicher Eigentümer ist der Erwerber eines Grundstücks, wenn Besitz, Nutzen und Lasten auf ihn aufgrund eines wirksamen Kaufvertrags übergegangen sind; das Grundstück wird dem Erwerber zugerechnet, auch wenn die Grundbuchumschreibung erst in der Zukunft erfolgt.[2] Der Erwerber eines Grundstücks, der das Grundstück als ihm gehörig besitzt, hört nicht schon dadurch auf, wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks zu sein, dass der Veräußerer die Rechtsgültigkeit des Eigentumsüberganges bestreitet.[3]

Wirtschaftliches Eigentum würde dann nicht vorliegen, wenn bei Anfechtung eines Kaufvertrags im Klagewege durch den Verkäufer anerkannt werden müsste, dass der Vertrag nichtig sei und das Grundstück mit allen daraus sich ergebenden rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen ununterbrochen ihm gehört habe. In einem solchen Falle bleibt bis zur Beendigung des Rechtsstreits ungewiss, ob der Erwerber am maßgebenden Stichtag über das Grundstück wie ein Eigentümer zu schalten berechtigt war.[4] Für die Frage des wirtschaftlichen Eigentums macht es keinen Unterschied, ob das Eigentum bloß bestritten ist oder ob es zum Gegenstand eines Rechtsstreits gemacht wurde.[5]

Die Einigung über die Enteignung reicht nicht aus, um das wirtschaftliche Eigentum des Enteignungsberechtigten oder des durch die Enteignung Begünstigten zu begründen.[6] Im Übrigen ist wirtschaftliches Eigentum auch an ideellen Anteilen eines Grundstücks möglich.[7]

Im Flurbereinigungsverfahren findet der steuerrechtliche Eigentumswechsel grundsätzlich mit der vorläufigen Besitzeinweisung statt. Erfolgt jedoch nicht ein Grundstückstausch, sondern wird eine Geldabfindung gewährt, so geht das wirtschaftliche Eigentum an den Grundstücksflächen auf die Teilnehmergemeinschaft mit Zustimmung des bisherigen Eigentümers über.[8]

 

Rz. 20

[Autor/Stand] Die Zurechnung an den künftigen Erwerber ist nicht möglich, wenn nur ein Kaufanwartschaftsvertrag besteht, der den Abschluss eines Kaufvertrages mit anschließender Auflassung und Eintragung erst für einen späteren Zeitpunkt vorsieht.[10] Deshalb begründet eine Kaufoption kein wirtschaftliches Eigentum, solange das Angebot nicht angenommen und die tatsächliche Sachherrschaft nicht übergegangen ist.[11] Überlässt eine Mutter ihrem Sohn das zur Ausübung des Gewerbebetriebes notwendige Grundstück bei gleichzeitiger Übereignung der dem Betrieb dienenden Einrichtungsgegenstände, so erwirbt der Sohn kein wirtschaftliches Eigentum, selbst wenn er sämtliche Grundstückslasten trägt und die spätere Übereignung in Aussicht genommen ist.[12] Liegt zwischen dem Vertragsabschluss und dem Eigentumsübergang eine unverhältnismäßig lange Zeitspanne – im Entscheidungsfall 15 Jahre –, so kann der künftige Erwerber den bürgerlich-rechtlichen Eigentümer möglicherweise nicht von der Einwirkung auf das Grundstück ausschließen, so dass er trotz Besitz- und Nutzungsübergangs nicht wirtschaftlicher Eigentümer ist.[13] Andererseits kann es nach Lage des Einzelfalls für die Begründung wirtschaftlichen Eigentums genügen, dass bei unwiderruflicher Nutzungsüberlassung der Eigentumsübergang erst mit dem Tode des Veräußerers eintritt.[14]

[Autor/Stand] Autor: Esskandari, Stand: 01.04.2020
[3] RFH v. 5.2.1929 – I A 513/28 9, RStBl. 1929, 210.
[4] RFH v. 30.7.1929 – I Aa 455/29, RStBl. 1930, 35.
[5] RFH v. 4.10.1934 – III A 212/34, RStBl. 1934, 1434.
[8] FG Rh.-Pf. v. 30.1.1990 – 2 K 206/87, EFG 1990, 512; v. 28.11.1990 – 7 K 2215/90, EFG 1990, 644.
[Autor/Stand] Autor: Esskandari, Stand: 01.04.2020

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