Rz. 105

[Autor/Stand] Notarielle Urkunden sind öffentliche Urkunden i.S.d. § 415 ZPO. Sie erbringen den vollen Beweis über die darin niedergelegten Willenserklärungen.[2] Haben die Beteiligten den Erwerbsvorgang auf der Grundlage einer notariell beurkundeten Schenkung verwirklicht, bestehen daher regelmäßig keine Zweifel an der Freigebigkeit des Schenkers (zu nicht unstrittigen Ausnahmen s. Rz. 437 ff., 438 ff.).[3] Die Wahl der zivilrechtlich richtigen Vertragsform (§§ 516 Abs. 1, 518 Abs. 1 BGB)[4] indiziert den Willen der Unentgeltlichkeit und lässt den sicheren Schluss auf eine steuerbare Schenkung zu.[5] Dies folgt schon aus den Amtspflichten des Urkundsnotars, der den Willen der Beteiligten in den protokollierten Erklärungen klar und eindeutig wiederzugeben (§§ 10, 17 Abs. 1, 2 BeurkG) und sie hierzu sogar über eventuelle schenkungsteuerliche Folgen zu belehren hat (§ 17 Abs. 2a Satz 3 BeurkG, § 8 Abs. 1, 2, 4 ErbStDV);[6] erhebliche Indizwirkung hat deshalb auch der urkundliche Hinweis auf eine Versendung des Dokuments an die Schenkungsteuerstelle.[7] Wer daher ausdrücklich eine Schenkung beurkunden lässt, kann sich nicht darauf berufen, er habe diese Vertragsform nur aus steuerlichen Gründen gewählt.[8] Und umgekehrt ist eine Schenkung nicht zu negieren, die bewusst und gewollt als solche beurkundet wurde, selbst wenn eine öffentlich-rechtliche Körperschaft als Schenkerin handelt[9] oder die Beteiligten einander nicht nahestehen.[10] Die Nachweislast für ein dem Wortlaut widersprechend entgeltliches Geschäft liegt – auch bei privatschriftlich vereinbarten Schenkungen[11] – unter diesen Umständen konsequent bei den Vertragsparteien;[12] doch selbst die Beurkundung eines angeblichen Irrtums genügt nicht, wenn der Steueranspruch bereits entstanden ist und die Bereicherung des Erwerbers nicht rückabgewickelt wird.[13]

 

Rz. 106

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.06.2023
[4] Instruktiv zu notariellen Schenkungen von Aktionären an den Vorstand der AG und dessen Ehefrau BGH v. 20.7.2006 – IX ZR 226/03, WM 2006, 1731.
[6] OLG Oldenburg v. 12.6.2009 – 6 U 58/09, ZEV 2009, 473 (m. Anm. Berninger) = ErbStB 2009, 377 (Hartmann); abl. LG Oldenburg v. 23.4.2010 – 5 O 1353/10, ZEV 2010, 648.
[9] So aber BFH v. 29.3.2006 – II R 15/04, BStBl. II 2006, 557 (unter II.3.) = ErbStB 2006, 176 (Hartmann); BFH v. 29.3.2006 – II R 68/04, BStBl. II 2006, 632 (unter II.3.b) = ErbStB 2006, 212 (Halaczinsky); s. jedoch BGH v. 12.7.2013 – V ZR 122/12, NJW 2013, 3779.
[11] FG Rh.-Pf. v. 15.9.1994 – 4 K 2891/93, UVR 1995, 24.
[12] Vgl. BGH v. 31.5.1995 – VIII ZR 193/94, NJW 1995, 3258; BGH v. 26.4.1995 – XII ZR 132/93, NJW 1995, 3383.
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.06.2023

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