Rz. 3

[Autor/Stand] Bauliche Mängel und Schäden begründen beim Sachwertverfahren gem. § 87 Satz 1 BewG nur dann einen Abschlag, wenn dieser Umstand gemäß dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut weder bei der Ermittlung des Gebäudenormalherstellungswerts noch bei der Wertminderung wegen Alters berücksichtigt worden ist. Die beiden Begriffe baulicher Mangel und baulicher Schaden werden zur Anwendung im Rahmen des Bewertungsgesetzes durch das Gesetz nicht definiert. Hinsichtlich einer für die Anwendung im Rahmen des BewG erforderlichen Auslegung der beiden Tatbestandsmerkmale ist deren Inhalt aus dem allgemeinen Rechtsverständnis heraus zu entwickeln.

 

Rz. 4

[Autor/Stand] Ein baulicher Mangel bzw. eine mangelhafte Bauausführung kann angenommen werden, wenn die tatsächliche Bauausführung im Verhältnis zu der allgemein üblichen Bauausführung von verminderter Qualität ist.[3] Bauliche Mängel i.S. des § 87 BewG beruhen im Allgemeinen auf einer mangelhaften Bauausführung in der Phase der Errichtung, Erweiterung oder Veränderung eines Gebäudes. Gründe dafür können z.B. sein:

  • Planungsmängel
  • Fehlende Berücksichtigung baupolizeilicher Vorschriften
  • ungenügende Isolierung (Schall-, Wärme oder Feuchtigkeitsisolierung)
  • unzureichende Belichtung und Belüftung,[4]
  • Raucheinwirkungen
  • Feuchtigkeit
  • die Verwendung von mängelbehafteten, aber auswechselbaren Baustoffen[5]
  • unzureichende Verarbeitung
  • Fehlen von Bauteilen
  • mangelnde statische Festigkeit
  • zu geringe Belastbarkeit, z.B. bei gewerblich oder industriell genutzten Gebäuden.
 

Rz. 5

[Autor/Stand] Bauliche Schäden i.S. des § 87 BewG treten nach Fertigstellung des Gebäudes durch äußere Einwirkungen auf, z.B. in Form von Wasser-, Rauch-, Erschütterung-, Schwamm-, Berg- oder Kriegsschäden[7] (s. dazu auch § 82 BewG Rz. 136 f.). Auch ein aufgestauter Reparaturbedarf kann zu einem baulichen Schaden führen (s. dazu auch § 82 BewG Rz. 138) und damit eine Wertminderung nach § 87 BewG begründen. Dieser sollte aber in seiner Gesamtheit als Mangel bzw. Schaden beurteilt werden können. Ob dies vorliegt, obliegt der Beurteilung im Einzelfall.

 

Rz. 6

[Autor/Stand] Grundsätzlich ist nicht davon auszugehen, dass ein vorhandener baulicher Mangel oder Schaden bereits bei der Ermittlung des Gebäudenormalherstellungswerts berücksichtigt worden ist, denn dieser Wert wird auf der Grundlage der sog. durchschnittlichen Herstellungskosten ermittelt (s. § 85 BewG Rz. 2 ff.). Diese enthalten begriffsnotwendig im Allgemeinen noch keine mängelbedingten Wertminderungen. Eine Ausnahme davon wäre aber z.B. für den Fall zu machen, dass der Schaden bislang regelmäßig bei einer bestimmten Bauweise von Gebäuden aufgetreten und dieser Umstand seitens der Finanzverwaltung bereits beim Ansatz des anzuwendenden Raummeterpreises berücksichtigt worden ist (z.B. Gebäude, bei denen in erheblichem Umfang Asbest zur Isolierung verwendet worden ist). In einem solchen Fall ist ein weiterer Abschlag nach § 87 BewG nur dann berechtigt, wenn dem Mangel des Gebäudes durch den Ansatz des ggf. reduzierten Raummeterpreises noch nicht ausreichend Rechnung getragen worden wäre.

 

Rz. 7

[Autor/Stand] Für einen Abschlag nach § 87 BewG verbleiben nur die Mängel und Schäden, die behebbar und deshalb bei der Ermittlung der Lebensdauer nach § 86 BewG nicht zu berücksichtigen sind. Die Beeinträchtigung der gewöhnlichen Lebensdauer eines Gebäudes infolge Baumängel und Bauschäden ist demgegenüber nur dann anzunehmen, wenn es sich um erhebliche, nicht behebbare oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten zu beseitigende Baumängel oder Bauschäden handelt (s. § 86 BewG Rz. 106). Damit werden durch § 87 BewG alle diejenigen baulichen Mängel und Schäden erfasst, die mit einem verhältnismäßigen Kostenaufwand beseitigt werden können. Ist dagegen wegen des Baumangels oder Bauschadens die gewöhnliche Lebensdauer des Gebäudes verkürzt, ist dies bei der Wertminderung wegen Alters gem. § 86 BewG zu berücksichtigen, d.h. eine Wertminderung nach § 87 BewG kommt nicht in Betracht. Nach Auffassung der Finanzverwaltung kommt es dagegen nur auf die objektive Möglichkeit einer bautechnisch einwandfreien Mängelbeseitigung an. Überlegungen, ob die Mängelbeseitigung wirtschaftlich sinnvoll sei, sollen demnach außer Betracht bleiben.[10] Diese Auffassung der Finanzverwaltung erscheint aber problematisch, da für den Steuerpflichtigen die Frage der wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit der Behebung letztendlich eine Frage der faktischen Behebbarkeit darstellt.

 

Rz. 8

[Autor/Stand] Bei einem nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt errichteten Gebäude darf bei der Alterswertminderung im Rahmen des § 86 BewG eine Verkürzung der Lebensdauer nicht berücksichtigt werden (s. § 86 BewG Rz. 108 f.). Aufgrund dessen geht man in diesem Fall von nicht behebbaren Baumängeln und Bauschäden aus, für die ein Abschlag nach § 87 BewG berücksichtigt werden kann.[12]

 

Rz. 9

[Autor/Stand] Eine Wertminderung wegen baulicher Mängel und Schäden kann auch im Falle eines altersbedingten Verschleißes vorliegen, der nach ...

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