Rz. 136

[Autor/Stand] Ein Baumangel ist die Abweichung des Ist-Zustandes eines Bauwerks von dessen geschuldetem bzw. gewöhnlichem Sollzustand. Derartige Baumängel beruhen im Allgemeinen auf einer mangelhaften Bauausführung (z.B. fehlende Isolierungen, unzweckmäßige Baustoffe, unzureichende Verarbeitung).[2] Ein Bauschaden ist demgegenüber die Verschlechterung des Zustandes einer Immobilie durch ein schädigendes Ereignis (z.B. Kriegs-, Wasser-, Erschütterungs-, Schwamm- oder Bergschäden). Der Schadensgrad ist im Allgemeinen auf der Grundlage des Gutachtens eines Bausachverständigen festzustellen. Darüber hinaus ist die Feststellung der einschlägigen Schäden auch aus Kostenschätzungen, Inaugenscheinnahme sowie Verhandlung zwischen dem Steuerpflichtigen und dem Finanzamt möglich.[3]

 

Rz. 137

[Autor/Stand] Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes in § 82 Abs. 1 Nr. 2 BewG können nur behebbare Baumängel und Bauschäden einen Abschlag rechtfertigen. Behebbare Baumängel können zum Beispiel auf eine ungenügende Isolierung (Schall-, Wärme oder Feuchtigkeitsisolierung), die Verwendung von schlechten, aber auswechselbaren Baustoffen oder eine unzureichende Verarbeitung zurückzuführen sein. In allen Fällen muss für die Einschlägigkeit des Tatbestandes eine nachträgliche vollständige Verbesserung möglich sein. Ein behebbarer Baumangel i.S.d. § 82 Abs. 1 Nr. 2 BewG liegt daher nicht vor, wenn der Mangel nicht vollständig und dauerhaft, sondern nur teilweise bzw. vorübergehend oder gar nicht beseitigt werden kann. Behebbare Bauschäden treten demgegenüber nach Fertigstellung des Gebäudes durch äußere Einwirkungen auf z.B. Als Wasser-, Erschütterungs-, Schwamm- oder Bergschaden.[5] Entgegen der häufig von Finanzämtern in diesem Zusammenhang vorgetragenen Auffassung, dass für einen Bewertungsabschlag nach § 82 Abs. 1 Nr 2 BewG das Vorliegen eines erheblichen Baumangels erforderlich sein soll, wird eine solche Anforderung durch die finanzgerichtliche Rechtsprechung aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift des § 82 Abs. 1 Nr. 2 BewG nicht gefordert.[6]

 

Rz. 138

[Autor/Stand] Auch ein aufgestauter erheblicher Reparaturbedarf kann einen behebbaren Bauschaden verursachen. Z.B. kann durch ein dauerhaft schadhaftes Dach ein behebbarer Wasserschaden im Gebäude verursacht werden. Unabhängig davon kann sich bereits auch der Umstand eines erheblichen Reparaturbedarfs allein für sich genommen auf den Grundstückswert auswirken, ohne dass es darauf ankommt, dass durch den aufgestauten Reparaturbedarf auch tatsächlich Bauschäden entstanden sind. Dieser Umstand ist jedoch alleine für sich genommen nicht berücksichtigungsfähig i.S.d. § 82 Abs. 1 Nr. 2 BewG.[8] Bei der Ermittlung der Vervielfältiger werden die durchschnittlich anfallenden Instandhaltungskosten pauschal berücksichtigt. Der durch die Anwendung eines Vervielfältigers auf die Jahresrohmiete ermittelte Grundstückswert stellt den Wert dar, den das Grundstück hat, wenn die notwendigen Instandhaltungsarbeiten tatsächlich durchgeführt werden. Sind aber die notwendigen Instandhaltungsarbeiten unterblieben, wirkt sich somit dieser Umstand auf den Wert des Grundstücks aus.[9]

 

Rz. 139

[Autor/Stand] Dagegen rechtfertigt die Tatsache, dass Schönheitsreparaturen über einen längeren Zeitraum nicht durchgeführt worden sind, allein keine Ermäßigung nach § 82 Abs. 1 Nr. 2 BewG. Voraussetzung für die Ermäßigung in solchen Fällen wäre, dass infolge nicht erfolgter Schönheitsreparaturen auch tatsächlich Bauschäden eingetreten sind, die eine umfassende Erneuerung gewisser Bauteile (z.B. des Dachs, Außenputzes) erforderlich machen würden. Davon kann aber bei Schönheitsreparaturen im Allgemeinen nicht ausgegangen werden.

 

Rz. 140

[Autor/Stand] Nicht behebbare Baumängel und Bauschäden werden durch eine Verkürzung der Lebensdauer des Gebäudes berücksichtigt, d.h. es ist grundsätzlich ein entsprechend reduzierter Vervielfältiger gemäß § 80 Abs. 3 BewG zu verwenden (vgl. § 80 BewG Rz. 29 ff.) Ausnahmsweise kann es aber auch zu einer Ermäßigung nach § 82 Abs. 1 BewG kommen, wenn die Lebensdauer eines Gebäudes infolge dieser Mängel zu einem fiktiven Baujahr führt, das sich nicht in einer Verringerung der Höhe des Vervielfältigers auswirkt.[12] Ist in solchen Fällen anzunehmen, dass das Gebäude innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren abgebrochen werden muss, kann ein Abschlag nach § 82 Abs. 1 BewG vorgenommen werden.[13] Der Abschlag ist dabei wie in den Fällen der Notwendigkeit baldigen Abbruchs gemäß § 82 Abs. 1 Nr. 3 BewG zu berechnen (vgl. Rz. 157 ff.).

 

Rz. 141

[Autor/Stand] Liegt ein durch Ausbesserungen dauerhaft nicht beseitigbarer Baumangel oder Bauschaden vor, ist der Vervielfältiger ausschließlich nach einem der Verkürzung der Lebensdauer entsprechenden fiktiven Baujahr zu bestimmen. Ein Abschlag nach § 82 Abs. 1 Nr. 2 BewG kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Tritt ein Schaden jedoch wiederkehrend auf, sog. Wiederholungsschaden, so sind auch Fälle denkbar, in denen § 80 Abs. 3 BewG – Zugrund...

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