I. Begriff der Liegenschaftszinsen (Abs. 1)

 

Rz. 8

[Autor/Stand] Nach der Definition des § 256 Abs. 1 Satz 1 BewG sind Liegenschaftszinssätze die Zinssätze, mit denen der Wert von Grundstücken abhängig von der Grundstücksart durchschnittlich und marktüblich verzinst wird. Mit den Liegenschaftszinssätzen werden die allgemein vom Grundstücksmarkt erwarteten künftigen Entwicklungen, insbesondere der Ertrags- und Wertverhältnisse sowie der üblichen steuerlichen Rahmenbedingungen, berücksichtigt.[2] Dagegen bleiben besondere Ertragsverhältnisse unberücksichtigt, die auf wohnungs- und mietrechtliche Bindungen zurückzuführen sind.[3]

 

Rz. 9

[Autor/Stand] Grundsätzlich entspricht die Regelung des § 256 Abs. 1 BewG der Definition des Liegenschaftszinssatzes des bei der Verabschiedung des § 256 BewG geltenden § 14 Abs. 3 Satz 1 ImmoWertV 2010.[5] Zwischenzeitlich ist die ImmoWertV 2021[6] verabschiedet worden, aus der sich die – im Wesentlichen unveränderte – Definition der Bewirtschaftungskosten aus § 21 Abs. 2 der ImmoWertV 2021 ergibt. Die Verwendung des angemessenen und nutzungstypischen Liegenschaftszinssatzes dient insb. der Marktanpassung.[7]

 

Rz. 10

[Autor/Stand] Die Liegenschaftszinssätze werden üblicherweise nach § 193 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB von den Gutachterausschüssen für Grundstückswerte auf Grundlage der am Markt erzielten Kaufpreise ermittelt und veröffentlicht. Bei der Bewertung für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer sind nach § 188 Abs. 2 Satz 1 BewG vorrangig die von den Gutachterausschüssen i.S.d. §§ 192 ff. des Baugesetzbuchs ermittelten örtlichen Liegenschaftszinssätze anzuwenden. Dagegen gelten nach § 256 BewG ausschließlich die gesetzlich festgelegten und von der Grundstücksart und bei Mietwohngrundstücken zusätzlich von der Anzahl der Wohnungen abhängigen Liegenschaftszinssätze. Die grundstücksartbezogenen Liegenschaftszinssätze werden somit aus Vereinfachungs- und Automationsgründen im typisierten Massenverfahren gesetzlich normiert.[9]

 

Rz. 11– 12

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Mannek, Stand: 01.11.2022
[2] A 256 Abs. 1 Satz 2 AEBewGrSt, BStBl. I 2021, 2334.
[3] A 256 Abs. 1 Satz 3 AEBewGrSt, BStBl. I 2021, 2334.
[Autor/Stand] Autor: Mannek, Stand: 01.11.2022
[5] Immobilienwertermittlungsverordnung v. 19.5.2010, BGBl. I 2010, 639, zuletzt geändert durch Art. 16 des Gesetzes v. 26.11.2019, BGBl. I 2019, 1794.
[6] Immobilienwertermittlungsverordnung v. 14.7.2021, BGBl. I 2021, 2805.
[7] § 14 Abs. 1 und 3 ImmoWertV 2010 v. 19.5.2010, BGBl. I 2010, 639, zuletzt geändert durch Art. 16 des Gesetzes v. 26.11.2019, BGBl. I 2019, 1794 bzw. § 21 Abs. 2 und 33 ImmoWertV 2021 v. 14.7.2021, BGBl. I 2021, 2805.
[Autor/Stand] Autor: Mannek, Stand: 01.11.2022
[9] Vgl. Gesetzesbegründung zu § 256 BewG, BT-Drucks. 19/1085.
[Autor/Stand] Autor: Mannek, Stand: 01.11.2022

II. Höhe der Liegenschaftszinsen (Abs. 1)

 

Rz. 13

[Autor/Stand] Zur Ermittlung des Grundsteuerwerts sind – vorbehaltlich der Anpassungen nach § 256 Abs. 2 und 3 BewG – die folgenden gesetzlich festgelegten Liegenschaftszinssätze anzuwenden:

  1. 2,5 Prozent für Ein- und Zweifamilienhäuser,
  2. 3,0 Prozent für Wohnungseigentum,
  3. 4,0 Prozent für Mietwohngrundstücke mit bis zu sechs Wohnungen,
  4. 4,5 Prozent für Mietwohngrundstücke mit mehr als sechs Wohnungen.
 

Rz. 14

[Autor/Stand] Somit sind die von den örtlichen Gutachterausschüssen ermittelten und veröffentlichten Liegenschaftszinssätze nicht von Bedeutung und nicht heranzuziehen.

 

Rz. 15

[Autor/Stand] Mathematisch führen niedrige Liegenschaftszinssätze zu höheren Grundsteuerwerten. Das bedeutet, bei gleicher Miete ist der kapitalisierte Reinertrag eines Ein- und Zweifamilienhauses höher als bei einem Wohnungseigentum oder einem Mietwohngrundstück, weil bei diesen Grundstücksarten die maßgebenden Liegenschaftszinssätze höher sind.

Der Liegenschaftszinssatz ist von der jeweiligen Grundstücksart abhängig, deren Definition sich nach § 249 BewG richtet. Die § 219 Abs. 2 Nr. 1 BewG festgestellte Grundstücksart ist für den Ansatz des Liegenschaftszinssatzes bindend.[4]

 

Rz. 16

[Autor/Stand] Bei Mietwohngrundstücken ist der Liegenschaftszinssatz nicht allein von der Grundstücksart, sondern zusätzlich auch von der Anzahl der Wohnungen abhängig. Hinsichtlich des Wohnungsbegriffs ist die Definition des § 249 Abs. 10 BewG maßgebend. Die Tatsache, dass für Mietwohngrundstücke mit mehr als sechs Wohnungen ein höherer Liegenschaftszinssatz festgelegt ist als für Mietwohngrundstücke mit bis zu sechs Wohnungen, belegt die Annahme des Gesetzgebers, dass der Grundstückswert mit der Anzahl der Wohnungen sinkt.

 

Rz. 17

[Autor/Stand] Allerdings stellt sich die Frage, ob es sich bei einem sieben-geschossigen Haus mit sechs Wohnungen und einem abgeschlossenen gesonderten Ladenlokal im Erdgeschoss noch um ein Mietwohngrundstück mit bis zu sechs Wohnungen handelt. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass der Laden im Erdgeschoss ebenfalls als Wohneinheit mitgezählt werden müsse, weil nach Anlage 39 zum BewG Flächen, die anderen als Wohnzwecken dienen, als Wohnfläche ge...

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