Rz. 58

[Autor/Stand] Nach Abschn. 22 Abs. 3 GV-Erlass[2] hat das Finanzamt den für das zu bewertende Grundstück anzuwendenden Liegenschaftszinssatz beim Gutachterausschuss zu erfragen, wenn von den Gutachterausschüssen Liegenschaftszinssätze in Wertspannen veröffentlicht worden sind. Diese Regelung ist mE bedenklich, weil der vom Gutachterausschuss für das zu bewertende Grundstück zutreffend erscheinende Liegenschaftszinssatz ein individuell ausgewiesener Liegenschaftszinssatz wäre. Nach § 188 Abs. 2 Satz 1 BewG sind jedoch die von den Gutachterausschüssen iS der §§ 192 ff. des Baugesetzbuchs ermittelten "örtlichen Liegenschaftszinssätze" anzusetzen. Die allgemeinen örtlichen Liegenschaftszinssätze gehen damit nach der Konzeption der steuerlichen Bewertung mE einem individuell bestimmten Liegenschaftszinssatz vor.

 

Rz. 59

[Autor/Stand] Wenn nach der bestehenden Regelung des Abschn. 22 Abs. 3 GV-Erlass[4] der für das Grundstück maßgebende Liegenschaftszinssatz beim Gutachterausschuss "erfragt" werden kann, müsste sich auch ein Steuerpflichtiger auf die Nachfragemöglichkeit beziehen und den Ansatz eines individuellen Liegenschaftszinssatzes verlangen können. Dies dürfte die Finanzverwaltung dem Steuerpflichtigen wohl nicht zubilligen, weil sie die Individualisierung der Bewertung grundsätzlich nur innerhalb eines Nachweises des niedrigeren gemeinen Werts im Rahmen des § 198 BewG akzeptiert. Die Individualisierung des Liegenschaftszinssatzes wäre dagegen eine – aus der Sicht der Finanzverwaltung – unzulässige Veränderung einer einzelnen Bewertungskomponente, die dem Gedanken eines typisierten steuerlichen Bewertungsverfahrens entgegensteht.

 

Rz. 60

[Autor/Stand] Besonders fraglich erscheint, ob aufgrund der in Abschn. 22 Abs. 3 GV-Erlass[6] vorgesehenen Nachfrage beim Gutachterausschuss der vom Gutachterausschuss benannte Liegenschaftszinssatz selbst dann angesetzt werden muss, wenn der individuell benannte Liegenschaftszinssatz außerhalb der Wertspannen liegt.

[Autor/Stand] Autor: Mannek, Stand: 01.03.2011
[2] Abschn. 22 Abs. 3 GV-Erlass v. 5.5.2009, BStBl. I 2009, 590.
[Autor/Stand] Autor: Mannek, Stand: 01.03.2011
[4] GV-Erlass v. 5.5.2009, BStBl. I 2009, 590.
[Autor/Stand] Autor: Mannek, Stand: 01.03.2011
[6] GV-Erlass v. 5.5.2009, BStBl. I 2009, 590.

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