Rz. 104

[Autor/Stand] Zum Teil wird vermutet, dass die Finanzverwaltung die maßgebliche Wohnfläche bereits innerhalb der Einheitswertakte gespeichert hat. Bei der Hauptfeststellung nach den Wertverhältnissen des 1.1.1964 war es erforderlich, die Jahresrohmiete zu erfassen. Zwar hing die Höhe der Jahresrohmiete letztlich auch von der vorhandenen Wohnfläche ab. Dennoch ist die Wohnfläche innerhalb der Einheitsbewertung nicht als zwingende Datengrundlage erfasst worden. Zudem werden bei der Einheitsbewertung überwiegend veraltete Programmsysteme genutzt, die keine differenzierte Datenspeicherung vorsehen. Das führt dazu, dass die Wohnfläche nicht zu einem verfügbaren Datenbestand der Einheitswertakte gehört. Damit scheidet die Einheitswertakte des Finanzamts als Datenquelle für die Wohnfläche aus.

 

Rz. 105

[Autor/Stand] Zudem ist die bei der Einheitsbewertung nach den Wertverhältnissen des 1.1.1964 erfasste Wohnfläche stets nach der Zweiten Berechnungsverordnung ermittelt worden. Bei der Grundsteuerwertermittlung ist jedoch grundsätzlich die Wohnflächenverordnung maßgebend. Auch insoweit scheidet die Einheitswertakte als Datenquelle für die Wohnfläche aus.

 

Rz. 106

[Autor/Stand] Letztlich darf nicht übersehen werden, dass mit der Hauptfeststellung auf den 1.1.2022 auch eine grundsätzliche Bestandsaufnahme der tatsächlich vorhandenen Flächen verbunden ist. Es kann zwar grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die bei der Einheitsbewertung erfassten Wohnflächen den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Die Aktualisierung des tatsächlichen Bestands wird in der Praxis durch laufende Mitteilungen der Bauverwaltungen an die Finanzverwaltung sichergestellt. Das bedeutet, dass die Bauverwaltung dem Finanzamt eine Mitteilung über bauliche Veränderungen übermittelt. Allerdings sind in der Praxis auch solche Fälle denkbar, bei denen eine Beteiligung des Bauamtes bei bestimmten baulichen Veränderungen nicht vorgeschrieben ist. Mitunter werden Bauämter zum Teil auch nicht durch die Eigentümerinnen und Eigentümer beteiligt, weil sie – im Einzelfall z.T. auch fälschlicherweise – davon ausgehen, dass die Baumaßnahme nicht anzeige-, oder genehmigungspflichtig ist.

 

Rz. 107

[Autor/Stand] So sind in der Vergangenheit beispielsweise Dachgeschosse ausgebaut worden, ohne dass dies der Bauverwaltung zur Kenntnis gegeben wurde. Demzufolge hatte die Bauverwaltung auch keine Möglichkeit, diese bauliche Veränderung dem Finanzamt gegenüber mitzuteilen. Sofern auch die Eigentümerinnen und Eigentümer dem Finanzamt die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nicht angezeigt haben, ist die aktuelle Wohnfläche beim Finanzamt nicht aktenkundig. Damit scheiden im Ergebnis die bei den Finanzämtern vorliegenden Erkenntnisse über die Wohnfläche als zuverlässige Datenquelle im Rahmen der Hauptfeststellung, bei der es auch um die gesamte Erhebung der tatsächlichen Verhältnisse geht, aus.

 

Rz. 108

[Autor/Stand] Hinweis: Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler hatten bei der Einheitsbewertung keine Verpflichtung, die baulichen Veränderungen gegenüber dem Finanzamt anzuzeigen. Eine Verpflichtung zur Abgabe einer Feststellungserklärung bestand bei der Einheitsbewertung ausschließlich zum Hauptfeststellungszeitpunkt auf den 1.1.1964. Für Fortschreibungsstichtage bestand insoweit keine Pflicht zur Anzeige von Veränderungen. Bei der neuen Grundsteuerwertermittlung sind die Eigentümerinnen und Eigentümer verpflichtet, Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse, die sich auf die Höhe des Grundsteuerwerts, die Vermögensart oder die Grundstücksart auswirken oder zu einer erstmaligen Feststellung führen können, auf den Beginn des folgenden Kalenderjahres anzuzeigen. Die Frist für die Abgabe dieser Anzeige beträgt einen Monat und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben oder das Eigentum oder das wirtschaftliche Eigentum an einem auf fremdem Grund und Boden errichteten Gebäude übergegangen ist (§ 228 Abs. 2 BewG).

 

Rz. 109

[Autor/Stand] In diesem Zusammenhang ist die neu eingefügte Amnestieregelung im Sinne des § 266 Abs. 3 BewG von Bedeutung. Danach darf die Finanzbehörde eingetretene Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse bei Fortschreibungen und Nachfeststellungen der Einheitswerte auf Feststellungszeitpunkte vor dem 1.1.2022 nicht berücksichtigen, wenn diese der Finanzbehörde durch eine Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts auf den 1.1.2022 für die Bewertung eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft oder eines Grundstücks erstmals bekannt werden. Somit müssen die Eigentümerinnen und Eigentümer bei richtiger Abgabe der Feststellungserklärung auf den 1.1.2022 nicht befürchten, dass zu ihren Ungunsten rückwirkend der Einheitswert im Rahmen einer Wertfortschreibung erhöht wird.

 

Rz. 110

[Autor/Stand] Nach Auffassung der Finanzverwaltung greift die Amnestieregelung aufgrund des Wortlauts des § 266 Abs. 3 BewG auch zuungunsten der Eigentümerinnen und Eigentümer. Das bedeutet, ein vor Jahren abgerissene...

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