Rz. 22

[Autor/Stand] Grundsätzlich gehören die fest mit dem Grund und Boden verbundenen Gebäude und sonstigen baulichen Anlagen sowie der Aufwuchs als wesentliche Bestandteile (§§ 93, 94 BGB) zum Grundstück. Grund und Boden sowie die damit fest verbundenen Gebäude und baulichen Anlagen bilden zivilrechtlich also eine sachliche und rechtliche Einheit, so dass diese grundsätzlich keine unterschiedlichen Eigentümer haben können. Ausnahmen bilden das Wohnungseigentum und das Erbbaurecht.

Die Finanzverwaltung hat mit den ErbStR 2003[2] die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden abweichend von R B 185 Abs. 2 ErbStR 1999 (vgl. Anm. 18) beschrieben. Danach ist das Gebäude einem anderen als dem Eigentümer des Grund und Bodens zuzurechnen, wenn

  • das Gebäude ein Scheinbestandteil des Grund und Bodens ist; § 95 BGB, "Verbindung nur zu einem vorübergehenden Zweck" (vgl. Anm. 16–17), oder
  • dem Nutzungsberechtigten für den Fall der Nutzungsbeendigung gegenüber dem Eigentümer des Grund und Bodens ein Anspruch auf Ersatz des Verkehrswerts des Gebäudes zusteht. Dabei kann sich ein solcher Anspruch aus einer vertraglichen Vereinbarung oder aus dem Gesetz ergeben.[3]

Diese Aussagen hat die Finanzverwaltung in Abschn. 64 Abs. 2 Sätze 2 und 3 der gleich lautenden Ländererlasse v. 2.4.2007[4] übernommen.

 

Rz. 23

[Autor/Stand] Es ist nicht entscheidend, ob sich der Anspruch auf Ersatz des Verkehrswertes aus einer vertraglichen Vereinbarung oder aus dem Gesetz ergibt. Denn in beiden Fällen ist vorauszusetzen, dass nicht nur ein Aufwendungsersatzanspruch im Falle der Beendigung des Nutzungsverhältnisses besteht, sondern dass dem Errichter des Gebäudes ein Ausgleichsanspruch zusteht, der auf einen vollen Wertersatz gerichtet ist. Der Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers muss wertlos bleiben. Bei ihm darf die Chance auf Wertsteigerung bzw. das Risiko auf Wertverlust nicht verbleiben. Dementsprechend stellt sich bei der Überlegung ob ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden vorliegt, immer die Frage, ob nicht nur der Ersatz der (historischen) Aufwendungen, sondern der Ersatz des Wertes, den das Gebäude für den Bereicherten in dem Zeitpunkt hat, in dem die Nutzung durch den Hersteller endet[6], gewährleistet ist. Denn nur der Anspruch auf vollen Wertersatz führt dazu, dass der zivilrechtliche Eigentümer in tatsächlicher Hinsicht nicht über sein Eigentum verfügen kann.

 

Rz. 24

[Autor/Stand] Dabei dürften bei einer vertraglichen Vereinbarung, die von einem vollen Wertersatz ausgeht, grundsätzlich die Voraussetzungen für die Annahme eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden erfüllt sein. Schwieriger dürfte die Entscheidung über das Vorhandensein eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden sein, wenn die vertragliche Vereinbarung lediglich einen anteiligen Ersatzanspruch für den Hersteller des Gebäudes vorsieht. Je niedriger der Ersatzanspruch ist, desto eher ist davon auszugehen, dass kein Gebäude auf fremdem Grund und Boden vorliegt. Dementsprechend würde dann wieder die zivilrechtliche Sichtweise in den Vordergrund treten und das Gebäude dem zivilrechtlichen Eigentümer, nämlich dem Eigentümer des Grund und Bodens, zuzurechnen sein. Ab welchem prozentualen Verhältnis zwischen Ersatzanspruch und Verkehrswert dem zivilrechtlichen Eigentum der Vorrang einzuräumen ist, muss im Einzelfall entschieden werden. Allerdings ist zu vermuten, dass bei einem vertraglich über 50 % liegenden Ersatzanspruch seitens des Herstellers von einem Gebäude auf fremdem Grund und Boden ausgegangen werden kann.

 

Rz. 25

[Autor/Stand] Die Annahme eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden bei einer vertraglichen Vereinbarung gilt auch dann, wenn ein Ehegatte auf dem Grund und Boden des anderen Ehegatten ein Gebäude errichtet hat, da § 26 BewG bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht anwendbar ist.[9]

 

Rz. 26

[Autor/Stand] Liegen keine vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Eigentümer des Grund und Bodens und dem Hersteller des auf dem fremden Grund und Boden errichteten Gebäudes vor, ist zu prüfen, ob ein gesetzlicher Ausgleichsanspruch besteht. Dieser kann sich insb. aus dem Bereicherungsanspruch nach § 951 i.V.m. § 812 BGB ergeben. Denn wer auf einem fremdem Grundstück in der Erwartung, er werde später Eigentümer des Grundstücks werden, ein Gebäude errichtet, hat nach der Rechtsprechung des BGH[11] einen Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 BGB, wenn diese Erwartung später enttäuscht wird. Dabei kommt es für die Annahme eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden nicht auf den Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs an, sondern lediglich darauf, dass im Falle einer rechtlichen Verfügung seitens des zivilrechtlichen Eigentümers dieser dem Nutzungsberechtigten bzw. dessen Rechtsnachfolger einen entsprechenden Wertersatz leisten muss und somit grundsätzlich ein Bereicherungsanspruch besteht.

 

Rz. 27

[Autor/Stand] Diese Sichtweise dürfte dann zum Tragen kommen, wenn z.B. ein Kind auf dem im Eigentum der Eltern stehenden Grun...

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