a) Steuertatbestand

 

Rz. 341

[Autor/Stand] Das Entgelt für die Übertragung der Anwartschaft eines Nacherben ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 6 ErbStG steuerbar. Für die Steuerbarkeit ist unerheblich, ob der Nacherbe die Anwartschaft auf den Vorerben oder einen Dritten überträgt.

Verzichtet der Nacherben auf die Nacherbschaft gegen Abfindung erfolgt die Besteuerung beim Nacherben ebenfalls gem. § 3 Abs. 2 Nr. 6 ErbStG.[2]

b) Besteuerung des Nacherben

 

Rz. 342

[Autor/Stand] Der Nacherbe muss das Entgelt für die Übertragung versteuern (§ 3 Abs. 2 Nr. 6 ErbStG), gleichgültig, auf wen er sein Anwartschaftsrecht überträgt. Auch wenn der Erwerb zwischen dem Nach- und Vorerben abgewickelt wird, gilt das vom Nacherben vereinnahmte Entgelt als vom Erblasser von Todes wegen zugewendet.[4] Maßgeblich für die Besteuerung des Entgelts, das an die Stelle der Anwartschaft tritt, ist also das Verhältnis des Nacherben zum Erblasser. Dies kann – je nach der für den Nacherben anzuwendender Steuerklasse – günstig oder nachteilig sein.

Die Steuer entsteht nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. i ErbStG im Zeitpunkt der Übertragung der Anwartschaft bzw. im Verzichtsfall mit Wirksamwerden desselben.

c) Besteuerung des Erwerbers des Anwartschaftsrechts

 

Rz. 343

[Autor/Stand] Im Nacherbfall tritt der nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerbare Erwerb in der Person des Erwerbers des Anwartschaftsrechts ein, der das (bereits bezahlte) Entgelt für den Erwerb des Anwartschaftsrechts als Erwerbskosten abziehen kann (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG). Die Steuerklasse bestimmt sich nach dem Verwandtschaftsverhältnis des Erwerbers zum Vorerben oder auf Antrag entsprechend § 6 Abs. 2 Satz 2 ErbStG nach dem Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser.[6]

Leistet der Vorerbe die Abfindung, ist streitig, ob er diese abziehen kann.[7] Nach Ansicht des BFH[8] liegt beim Vorerben kein zusätzlicher Erwerb vor, so dass ein Abzug ausscheide. Denn der Erwerb der Stellung als Vollerbe durch den Vorerben beruhe nicht auf dem Erbfall, sondern auf einer von den Anordnungen der letztwilligen Verfügung des Erblassers unabhängigen Vermögensdisposition des Vorerben, um die ihm vom Erblasser eingeräumte vermögensrechtliche Stellung durch (entgeltliches) Rechtsgeschäft zu erweitern. Die Zahlungen seien ausgelöst durch einen Vermögensübergang, der nicht zwischen Erblasser und Vorerbe, sondern zwischen dem Nacherben und dem Vorerben stattgefunden hätte. Zudem würden sie sich auch auf den Erwerb eines anderen Vermögensgegenstandes beziehen sich als denjenigen, der als Erwerb von Todes wegen beim Vorerben der Erbschaftsteuer unterliegt, nämlich auf die Übertragung der Rechtsstellung der Nacherben. In der Literatur wird dies teilweise anders gesehen und mit beachtlichen Gründen ein Abzug der Abfindung beim Vorerben als wertungsgerechter bejaht.[9]

Erbschaftsteuerliche Vorteile sind durch die Übertragung der Nacherbenanwartschaft auf den Vorerben gegen Entgelt allenfalls dann ersichtlich, wenn für den Erwerb des Nacherben die Ermäßigung nach § 27 ErbStG beansprucht werden kann.[10] Diese Vorschrift ist anwendbar, wenn Personen der Steuerklasse I Vermögen von Todes wegen anfällt, das in den letzten zehn Jahren vor dem Erwerb bereits von Personen dieser Steuerklasse erworben wurde. Da § 3 Abs. 2 Nr. 6 ErbStG das Entgelt für den Verzicht auf den Erwerb der Nacherbschaft aufgrund der gesetzlichen Fiktion dem Erwerb von Todes wegen gleichgestellt, ist die Vorschrift dem Grunde nach anwendbar. Zu einer Entlastung nach § 27 ErbStG kann es freilich nur kommen, wenn der Abfindungsbetrag aus Vermögen stammt, das der Vorerbe in den letzten zehn Jahren von Personen erworben hat, zu denen er in einem Verwandtschaftsverhältnis im Sinne der Steuerklasse I stand. Nach Ansicht des BFH kann die in § 27 Abs. 1 ErbStG verlangte Identität zwischen dem gezahlten Entgelt und dem bereits mit Erbschaftsteuer belasteten Vermögen nicht allein mit der Begründung verneint werden kann, es handele sich um verschiedene Vermögensgegenstände.[11]

d) Nachvermächtnisnehmer

 

Rz. 344

[Autor/Stand] Der BFH[13] hat entschieden, dass der Verzicht des Nachvermächtnisnehmers auf sein Recht gegen Abfindung ebenfalls unter § 3 Abs. 2 Nr. 6 ErbStG fällt, obwohl dort nur vom Nacherben und nicht Nachvermächtnis die Rede ist.[14]

e) Unentgeltliche Übertragung des Anwartschaftsrechts bzw. Verzicht

 

Rz. 345

[Autor/Stand] Erfolgt die Übertragung der Nacherbenanwartschaft oder der Verzicht hierauf unentgeltlich, so löst dies in beiden Varianten keine Erbschaftsteuer beim Nacherben aus. Denn die Anwartschaft ist ein aufschiebend bedingter Erwerb, der im Zeitpunkt der Übertragung (noch) keinen steuerlichen Wert hat.[16]

 

Rz. 346– 349

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Götz, Stand: 01.11.2021
[Autor/Stand] Autor: Götz, Stand: 01.11.2021
[4] Geck in Kapp/Ebeling, § 3 ErbStG Rz. 312.
[Autor/Stand] Autor: Götz, Stand: 01.11.2021
[6] Zum Ganzen: BFH v. 28...

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