Rz. 66

[Autor/Stand] Rangfolge der gesetzlichen Regelungen: Die allgemeinen Bewertungsvorschriften gelten gem. § 1 Abs. 2 2. Alt. BewG ausdrücklich nicht, soweit andere Steuergesetze besondere Bewertungsvorschriften enthalten.

 

Beispiel:

§ 11 Abs. 4 BewG ist für die Bemessung des Teilwerts i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 EStG nicht anwendbar.[2]

Eine Bewertung von an den Arbeitnehmer überlassenen Aktien erfolgt nicht nach § 9 BewG bzw. in sinngemäßer Anwendung des § 12 BewG, da die dort enthaltenen Bestimmungen zu den allgemeinen Bewertungsvorschriften gehören. Diese gelten nicht, soweit in anderen Steuergesetzen – hier § 8 Abs. 2 EStG – eine besondere Bewertungsvorschrift besteht.[3]

Unerheblich ist, ob sondergesetzlichen Vorschriften in § 17 BewG aufgeführt werden. Es ist sicherzustellen, dass in jedem Einzelfall ein steuerlich verwendbarer Bewertungsansatz für ein Bewertungsobjekt zur Verfügung gestellt werden kann. Enthalten andere Steuergesetze für den Einzelfall keine eigene Bewertungsvorschrift, so gelten nach § 1 Abs. 1 BewG die allgemeinen Bewertungsvorschriften der §§ 216 BewG. Eine analoge Anwendung anderer Vorschriften kommt nicht in Betracht.[4]

 

Rz. 67

[Autor/Stand] Die besonderen Bewertungsvorschriften anderer Steuergesetze haben nach dem Grundsatz des lex specialis Vorrang vor den allgemeinen Bewertungsvorschriften des BewG. Damit kommt den allgemeinen Bewertungsvorschriften im Verhältnis zu den speziellen steuerlichen Einzelgesetzen der Charakter von Auffangtatbeständen zu.[6] Mit der durch das Tatbestandsmerkmal soweit verwendeten Regelungstechnik wird eine genaue Abgrenzung zwischen den allgemeinen und besonderen Bewertungstatbestandsmerkmalen geschaffen. Die allgemeinen Bewertungsvorschriften finden daher Anwendung, soweit in den einzelnen Steuergesetzen keine eigenen Bewertungsvorschriften enthalten sind oder eine bestimmte Bewertungsfrage nicht abschließend geklärt ist.[7] Die besonderen Bewertungsvorschriften werden damit nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Deren Anwendbarkeit ist stets im Einzelnen zu prüfen.[8]

 

Rz. 68

[Autor/Stand] In Anwendung des Grundsatzes vom lex specialis kommt den allgemeinen Bewertungsvorschriften grundsätzlich keine eigenständige Bedeutung für die Einkommensteuer hinsichtlich der Bewertung von betrieblichen Wirtschaftsgütern zu. § 6 EStG enthält für diese Wirtschaftsgüter umfassende eigene Bewertungsvorschriften.[10] Entsprechendes gilt für Körperschaftsteuer, da gem. § 8 KStG die detaillierten Regelungen des § 6 EStG im Rahmen des Anwendungsbereichs des KStG für die Bewertung betrieblicher Wirtschaftsgüter anzuwenden sind.[11] Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Bewertung nach besonderen Einzelgesetzen bzw. allgemeinen Bewertungsvorschriften zu identischen Ergebnissen führen.[12]

 

Beispiel:

Die Verbindlichkeit aus einer Bürgschaft ist im Rahmen der an den §§ 4, 5 EStG orientierten Gewinnermittlungsvorschrift des § 17 Abs. 2 EStG nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG abgezinst zu bewerten. Als betagte Verbindlichkeit des Privatvermögens für Zwecke der Einkommensbesteuerung wäre sie nach § 12 Abs. 3 BewG in vergleichbarer Weise abgezinst zu bewerten.[13]

 

Rz. 69

[Autor/Stand] Die beiden steuerlich zentralen Begriffe, Teilwert und Gemeiner Wert, werden durch die in den §§ 9, 10 BewG enthaltenen Regelungen inhaltlich maßgeblich festgelegt. Beide Begriffe werden in anderen Vorschriften nicht definiert.[15] Die Definition des gemeinen Werts gemäß § 9 BewG bzw. des Teilwerts gemäß § 10 BewG ist grundsätzlich auch im Einkommensteuerrecht verbindlich.[16] Durch die Verwendung dieser Begriffe in anderen steuerlichen Einzelgesetzen (z.B. EStG, UStG, GrEStG, ErbStG) kann es nicht zu abweichenden Inhaltsbestimmungen bei den Begriffen kommen.[17]

 

Rz. 70– 75

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

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