Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlehenslaufzeit, Unverzinslichkeit, Höhe des Abzinsungsbetrages

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Ist für ein Darlehen keine bestimmte Laufzeit vereinbart und kann dieses somit gemäß § 488 BGB unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten jederzeit gekündigt werden, ist für Zwecke des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG gleichwohl von einer mehr als 12-monatigen Darlehenslaufzeit auszugehen, wenn der Schuldner nach den tatsächlichen Verhältnissen der Kapitalüberlassung mit einer solchen Laufzeit rechnen kann.

2) Die Feststellungslast für die Verzinslichkeit eines Darlehens liegt beim Steuerpflichtigen. Die Kopie einer Zinsvereinbarung kann deshalb der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden, wenn die zeitgerechte Datierung der Vereinbarung nicht glaubhaft nachgewiesen und diese auch tatsächlich nicht durchgeführt wurde.

3) Ein unverzinsliches Darlehen, dessen Laufzeit unbestimmt ist, ist gemäß § 13 Abs. 2 BewG mit dem 9,3-fachen des Jahreswerts zu bewerten. Unter Zugrundelegung eines gesetzlichen Abzinsungssatzes von 5,5% entspricht dies einem Vervielfältiger von 0,503, d.h. einer Laufzeit von knapp 13 Jahren.

 

Normenkette

BewG § 13 Abs. 2; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 3

 

Tatbestand

Streitig ist im Hinblick auf die in § 6 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) angeordnete Abzinsung unverzinslicher Verbindlichkeiten, ob ein Gesellschafterdarlehen als unverzinslich anzusehen ist und welche voraussichtliche Laufzeit für das Darlehen anzusetzen ist.

Die Klägerin, eine GmbH, ist im Jahr 1964 gegründet worden und beschränkte sich zunächst auf die Wahrnehmung ihrer Stellung als Komplementärin in einer GmbH & Co. KG. Zum 1. Januar 1985 übernahm sie den Betrieb der KG (Bearbeitung und Verkauf von Fleischwaren). Gesellschafter der Klägerin waren in dem hier maßgebenden Zeitraum Herr XX senior (XXsen) mit 75% und dessen Sohn, XX junior (XXjun) mit 25%.

Die Klägerin wies Verbindlichkeiten gegenüber ihren Gesellschaftern bzw. diesen nahestehenden Personen einerseits sowie gegenüber Kreditinstituten andererseits in folgender Höhe aus:

0750 (Y)

0751 (A./S.)

1701 (Y)

1704 (XXsen)

Bankverbindlichk.

1998

60.022,73 DM

294.248,11 DM

1999

54.141,83 DM

263.112,66 DM

2000

78.000,00 DM

65.000,00 DM

54.141,83 DM

219.529,62 DM

1.388.313 DM

2001

305.800,00 DM

65.000,00 DM

54.141,83 DM

504.719,67 DM

745.819 DM

2002

156.353,06 EUR

33.233,97 EUR

21.353,25 EUR

260.264,58 EUR

363.534 EUR

2003

156.353,06 EUR

33.233,97 EUR

39.753,25 EUR

205.307,11 EUR

372.342 EUR

2004

156.353,06 EUR

33.233,97 EUR

33.153,25 EUR

181.110,40 EUR

436.537 EUR

2005

156.353,06 EUR

33.233,97 EUR

40.553,25 EUR

442.261,59 EUR

106.784 EUR

Die Konten wurden in den Bilanzen der Klägerin wie folgt bezeichnet:

  • 0750: „Darlehen Y X” (Y X – RZ – ist die Ehefrau des XXsen); im Jahresabschluss 2000 wurde dieses Konto unter der Nummer 0657 geführt;
  • 0751: bis 31. Dezember 2001 „Darlehen A. X”; ab 31. Dezember 2002 „Darlehen S. X”; im Jahresabschluss 2000 wurde dieses Konto unter der Nr. 0658 geführt;
  • 1701: „Y X”;
  • 1704: bis 31. Dezember 2001 „A. X”; ab 31. Dezember 2002 „F. X sen.”.

Im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2001 wurden die Konten 0750, 0751 und 1704 den Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren zugeordnet, das Konto 1701 den Verbindlichkeiten mit einer Laufzeit bis zu einem Jahr. Keine der genannten Verbindlichkeiten ist von der Klägerin verzinst worden.

Im Jahr 2007 führte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) eine Betriebsprüfung bei der Klägerin für die Jahre 2003 bis 2005 durch. Der Prüfer vertrat die Auffassung, die Verbindlichkeiten seien gewinnerhöhend abzuzinsen. Da die Laufzeit der Darlehen nicht bestimmbar sei, sei die Nutzung in analoger Anwendung des § 13 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) mit dem 9,3-fachen des Jahreswerts anzusetzen, woraus sich ein Vervielfältiger von 0,503 ergebe. Er minderte den Bilanzansatz der Verbindlichkeiten zum 31. Dezember 2005 (bisher insgesamt 672.401,87 EUR) um 334.183,73 EUR auf 338.218,14 EUR und bildete gegenläufig eine Gewerbesteuerrückstellung.

Für seine Entscheidung, die Korrektur nicht bereits zum verfahrensrechtlich frühestmöglichen Zeitpunkt (31. Dezember 2003) vorzunehmen, berief der Prüfer sich auf Vereinfachungsgründe, da die Klägerin mindestens seit dem Jahr 1999 sowohl körperschaftsteuerlich als auch gewerbesteuerlich durchgängig erhebliche Verlustvorträge aufwies und sich aufgrund der Änderungen infolge der Betriebsprüfung erstmals im Jahr 2005 ein positiver Gewerbesteuermessbetrag ergeben würde. Körperschaftsteuerlich weist die Klägerin auch nach den vorgenommenen Änderungen noch einen Verlustvortrag zum 31. Dezember 2005 aus.

Das FA folgte dem Prüfer und erließ die folgenden Änderungsbescheide:

Bescheid

Datum

Korrekturvorschrift

Betrag neu

Betrag bisher

KSt-Verlust 31.12.2005

28.03.2008

§ 164 II, III AO

130.422 EUR

399.892 EUR

GewSt-Messbetrag 2005

31.03.2008

§ 164 II, III AO

12.975 EUR

0 EUR

Gew-Verlust 31.12.2005

08.04.2008

§ 164 II, III AO

0 EUR

10.879 EUR

Auch für die Vorjahre 2003 ...

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