Rz. 29

[Autor/Stand] Das BVerfG billigt dem Gesetzgeber eine weitgehende Freiheit hinsichtlich der Auswahl der Steuerquelle bzw. des Steuergegenstands zu, fordert allerdings dann bei der Ausgestaltung des jeweiligen Steuergesetzes, dass die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig i.S. der Belastungsgleichheit umgesetzt wird. Eine gleichmäßige Besteuerung im Erbschaftsteuerrecht verlangt daher, dass der Gesetzgeber sie entweder dadurch sicherstellt, dass er eine vergleichbare Bemessungsgrundlage für alle Vermögensgegenstände findet, wobei er dem Schutz von Ehe und Familie in Art. 6 Abs. 1 GG Rechnung tragen kann, indem er die Steuerbelastung des Erwerbers nach dessen verwandtschaftlicher Nähe zum Erblasser oder Schenker durch unterschiedliche Steuerklassen, unterschiedliche persönliche Freibeträge und Steuersätze abstuft. Es wäre auch möglich, die Gleichheit im Belastungserfolg bei unterschiedlichem Wertniveau der Bemessungsgrundlagen durch eine differenzierende Bemessung der Steuersätze zu gewährleisten, was jedoch bei der praktischen Umgestaltung auf kaum überwindbare Schwierigkeiten stoßen würde. Daher bleibt für den Gesetzgeber zumindest im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer nur die erste Alternative, also die der gleichmäßigen Bemessungsgrundlage. Da der Gesetzgeber bei der Bewertung des Vermögens mit Ausnahme des Grundbesitzes und des Betriebsvermögens weitestgehend an den Bewertungsmaßstab "gemeiner Wert" anknüpft, ist es folgerichtig, für die Bewertung des Grundvermögens ein Verfahren zu finden, das diesem Bewertungsmaßstab entspricht oder zumindest nahekommt, um die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig für die Erbschaft- und Schenkungsteuer umzusetzen mit dem Ziel, die Steuerpflichtigen – ungeachtet verfassungsrechtlich zulässiger Differenzierungen – gleichmäßig zu belasten. Dies erfordert zum einen eine gegenwartsnahe Bewertung und zum anderen eine realitätsgerechte Bewertung, und zwar im Vergleich zu dem übrigen Vermögen.[2]

 

Rz. 30

[Autor/Stand] Die ab 1996 anzusetzenden Grundstückswerte müssen demnach grundsätzlich am Verkehrswert ausgerichtet sein, wobei die Frage, wie diese verkehrswertorientierte Bewertung durchzuführen ist, dadurch nicht entschieden ist. Im Übrigen besteht zwischen dem Verkehrswert einerseits und dem Ertragswert andererseits kein Gegensatz. Vielmehr ist der Ertragswert ein Wert, der für Objekte, die zur Ertragserzielung bestimmt sind, wie z.B. Mietwohnhäuser, gemischtgenutzte Grundstücke und Gewerbeimmobilien, am ehesten den Verkehrswert widerspiegelt. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es den Verkehrswert nicht gibt. Vielmehr liegt der Verkehrswert in einer Spanne um den Durchschnittswert üblicher Verkaufsfälle für ein und dasselbe Objekt. Bezogen auf diesen Durchschnittswert dürfte die Spanne +/–20 % betragen. Schließlich ist noch zu berücksichtigen, dass das BVerfG dem Gesetzgeber großzügige Gestaltungsspielräume einräumt, wenn es darum geht, durch Typisierungen zu einer Vereinfachung des Steuerrechts, verbunden mit weniger Arbeitsaufwand für Steuerpflichtige und Finanzverwaltung, beizutragen. Allerdings darf er trotz aller Vereinfachung sein Bewertungsziel, nämlich einen Annäherungswert für eine realitätsgerechte Bewertung, den Verkehrswert, nicht aus dem Auge verlieren.

[Autor/Stand] Autor: Mannek, Stand: 01.07.2019
[2] Vgl. auch Christoffel/Geckle/Pahlke, § 12 ErbStG Rz. 201; Seer, StuW 1997, 283; Kessler/Märkle/Offerhaus, DB Beilage 2/2003.
[Autor/Stand] Autor: Mannek, Stand: 01.07.2019

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