Rz. 164

[Autor/Stand] Nach der gesetzlichen Regelung des § 148 BewG i.d.F. vor dem Jahressteuergesetz 2007[2] hatte der Steuerpflichtige keine Möglichkeit, für das Erbbaurecht oder das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück einen unter dem Steuerwert liegenden Verkehrswert nachzuweisen.[3]

a) Gesamtwert

 

Rz. 165

[Autor/Stand] Dies schloss jedoch nicht aus, dass bei der Ermittlung des "Gesamtwerts" statt des Steuerwerts ein nachgewiesener niedrigerer Verkehrswert angesetzt wurde. Somit war für Besteuerungszeitpunkte vor dem 1.1.2007 bei der Bewertung von bebauten Grundstücken im Ertragswertverfahren nach § 146 Abs. 7 BewG a.F. der Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts möglich, soweit er sich auf den Gesamtwert bezog. War der Gesamtwert für ein unbebautes Grundstück zu ermitteln, bestand die Nachweismöglichkeit nach § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG a.F.

Bei der Ermittlung des Verkehrswerts kann eine bestehende Abbruchverpflichtung aufgrund des Erbbaurechtsvertrags wertmindernd berücksichtigt werden.[5] Bei der Berechnung des Steuerwerts für das Erbbaurecht bleibt die Abbruchverpflichtung außer Ansatz.

b) Übermaßverbot des Grundgesetzes

 

Rz. 166

[Autor/Stand] Die bei Besteuerungszeitpunkten vor dem 1.1.2007 fehlende gesetzliche Grundlage, auch den niedrigeren gemeinen Wert für die wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechts oder des belasteten Grundstücks nachweisen zu können, hat sich in keiner Weise bewährt. Besonders nachteilig konnte sich dies beispielsweise bei kurzen Restlaufzeiten oder bei niedrigen Erbbauzinsen auswirken. Die Nachteile des Steuerzahlers konnten derart belastend ausfallen, dass sich der BFH mit Urteil v. 5.5.2004[7] über die fehlende gesetzliche Regelung hinwegsetzte und den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts für die wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechts oder des belasteten Grundstücks immer dann zuließ, wenn das Übermaßverbot des Grundgesetzes verletzt wird.[8]

 

Rz. 167

[Autor/Stand] Nach der Rechtsprechung des BFH[10] ist der Grundstückswert im Wege verfassungskonformer Auslegung entsprechend Satz 2 der Vorschrift i.V.m. § 146 Abs. 7 oder §§ 147, 145 Abs. 3 Satz 3 BewG a.F. auf den niedrigeren gemeinen Wert festzustellen, wenn der Erwerber eines erbbaurechtsbelasteten Grundstücks nachweist, dass dessen gem. § 148 Abs. 1 Satz 1 BewG i.d.F. vor dem Jahressteuergesetz 2007[11] ermittelter Wert mehr als das Dreifache seines gemeinen Werts im unbebauten Zustand ausmacht und er beim Heimfall des Erbbaurechts eine angemessene Entschädigung für das Gebäude zu zahlen hat.

 

Rz. 168

[Autor/Stand] In dem Klagefall ist der Kläger Alleinerbe seiner im Februar 1996 verstorbenen Mutter. Zum Nachlass gehörte ein Grundstück, das seit 1979 zunächst für 25 Jahre und einen Erbbauzins von jährlich 36 000 DM mit einem Erbbaurecht zugunsten einer KG belastet war. Die KG errichtete auf dem Grundstück mit einem Kostenaufwand von rd. 1,4 Mio. DM zwei Gebäude, die zu einem bereits bestehenden hinzukamen. Mit Vertrag vom November 1991 wurden die Laufzeit des Erbbaurechts bis Ende 2050 verlängert und zugleich der Erbbauzins auf jährlich 70 000 DM erhöht. Nach dem Erbbaurechtsvertrag war der Grundstückseigentümer verpflichtet, beim Heimfall oder Erlöschen des Erbbaurechts eine Entschädigung in Höhe der Herstellungskosten für die von der KG errichteten Gebäude abzüglich einer jährlichen AfA von zunächst 3 % und später 2 % zu zahlen. Ein Konkurs der KG begründete den Heimfallanspruch. Die KG fiel im Oktober 1996 in Konkurs. Das Finanzamt stellte den Grundstückswert des erbbaurechtbelasteten Grundstücks zum Todestag der Mutter auf (18,6 × 70 000 DM =) 1 302 000 DM fest. Der Verkehrswert des Grund und Bodens des Grundstücks belief sich zu diesem Stichtag auf 400 200 DM. Bei Erlöschen des Erbbaurechts auf diesen Stichtag hätte der Kläger für die beiden von der KG errichteten Gebäude eine Entschädigung von 842 887 DM zahlen müssen.

 

Rz. 169

[Autor/Stand] Mit der Klage machte der Kläger geltend, die Wertfeststellung des Finanzamts verstoße gegen das Übermaßverbot. Das FG gab der Klage statt[14] und minderte den Grundstückswert auf 400 000 DM. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung. Gem. § 148 Abs. 1 Satz 1 BewG a.F. betrage der Wert eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks das 18,6-fache des nach den vertraglichen Bestimmungen im Besteuerungszeitpunkt zu zahlenden jährlichen Erbbauzinses. Gem. Satz 2 der Vorschrift sei das Erbbaurecht selbst mit dem nach § 146 oder § 147 BewG ermittelten Wert des Grundstücks abzüglich des nach Satz 1 ermittelten Werts des belasteten Grundstücks anzusetzen. Das Recht auf den Erbbauzins sowie die Erbbauzinsverpflichtung seien dabei nach § 148 Abs. 1 Satz 3 BewG a.F. weder bei der Bewertung des belasteten Grundstücks bzw. des Erbbaurechts zu berücksichtigen noch als gesondertes Recht bzw. als gesonderte Verpflichtung anzusetzen. Die der Bewertung des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks zugrunde liegende Typisierung nach § 138 Abs. 3 i.V.m. § 148 Abs. 1 Satz 1 BewG a.F. rechtfertige aber keine Verl...

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