Leitsatz

Der Senat nimmt seine Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Frage der Statthaftigkeit einer Gegenvorstellung gegen einen Beschluss über einen Antrag auf PKH (Beschluss vom 26.09.2007, V S 10/07, BStBl II 2008, 60) zurück.

 

Normenkette

§ 142 FGO, § 114 ZPO, §§ 2, 11 RSprEinhG

 

Sachverhalt

Der V. Senat des BFH hatte mit Beschluss vom 26.09.2007, V S 10/07 (BFH/NV 2008, 165, BFH/PR 2008, 125) dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSoGB) – der entscheidet, wenn oberstes Bundesgericht in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs oder des GmSoGB abweichen will – die Frage zur Entscheidung vorgelegt: "Ist eine Gegenvorstellung gegen einen Beschluss über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe statthaft?"

 

Entscheidung

1. Diese Vorlage hat der Senat zurückgenommen, nachdem das BVerfG im Beschluss vom 25.11.2008,  1 BvR 848/07 (NJW 2009, 829) unterschieden hat zwischen Gegenvorstellungen gegen Entscheidungen, die in Rechtskraft erwachsen, und solchen, die sich gegen Entscheidungen richten, bei denen das Fachgericht nach der maßgebenden gesetzlichen Regelung zu einer Änderung befugt ist – wie die der Gegenvorstellung vorausgehende PKH im Streitfall.

2. Voraussetzung für die Zulässigkeit eines neuen Antrags auf PKH sei nach ständiger Rechtsprechung, dass der Antragsteller neue Tatsachen, Beweismittel oder rechtliche Gesichtspunkte vortrage, die Veranlassung zu einer für ihn günstigeren Beurteilung der Erfolgsaussichten geben könnten. Neuer tatsächlicher oder rechtlicher Gesichtspunkt, der eine Abänderung der Entscheidung rechtfertige, sei auch mit einer Gegenvorstellung vorgebrachte Vortrag, für die angegriffene Entscheidung fehle eine gesetzliche Grundlage oder sie enthalte schwerwiegende Grundrechtsverstöße, die mit der Anhörungsrüge nicht hätten geltend gemacht werden können.

 

Hinweis

1. Die sog. "Gegenvorstellung" – eine Eingabe, durch die ein Gericht veranlasst werden soll, eine von ihm erlassene Entscheidung zu ändern – war von der Rechtsprechung entwickelt worden, um sich gegengreifbar gesetzwidrige oder unter Verletzungen von Verfahrensgrundrechten ergangene Gerichtsentscheidungen wenden zu können. Nachdem eine Entscheidung des BVerfG auch – wegen des Erfordernisses der Rechtsmittelklarheit – betont hatte, dass durch Richterrecht grundsätzlich keine zusätzlichen, Rechtsmitteln vergleichbare Institutionen geschaffen werden dürfen, war die Statthaftigkeit der sog. Gegenvorstellung zweifelhaft geworden.

2. Der V. Senat des BFH hielt die vom BVerfG aufgestellten Anforderungen an die Rechtsmittelklarheit bei einer "Gegenvorstellung" nicht für gegeben und deshalb diesen Rechtsbehelf generell nicht mehr für zulässig – anders als z.T. Entscheidungen des BSG, des BVerwG und des BGH, die von der Zulässigkeit einer "Gegenvorstellung" ausgehen bzw. diese nicht ausdrücklich verneinen.

3. Das BVerfG hat danach im Beschluss vom 25.11.2008, 1 BvR 848/07 (NJW 2009, 829) unterschieden zwischen Gegenvorstellungen gegen Entscheidungen, die in materielle Rechtskraft erwachsen (§ 110 FGO), und solchen, die sich gegen Entscheidungen richten, bei denen das Fachgericht nach der maßgebenden gesetzlichen Regelung zu einer Änderung befugt ist. Gegenvorstellungen gegen Entscheidungen, die abänderbar sind – wie z.B. der Beschluss über den Antrag auf Prozesskostenhilfe oder auch auf AdV –, sind danach – als Antrag auf Änderung der Entscheidung – statthaft. Anders bei Gegenvorstellungen, die sich gegen nicht abänderbare Entscheidungen richten. Beispiele dafür sind Beschlüsse über die Nichtzulassung der Revision, die Gewährung einer einstweiligen Anordnung oder eine Anhörungsrüge.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 01.07.2009 – V S 10/07

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