Leitsatz

Ein Schulbesuch, für den Aufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG zu berücksichtigen sind, kommt regelmäßig erst mit dem Beginn der öffentlich-rechtlichen Schulpflicht und der Möglichkeit des Zugangs zu öffentlichen Schulen einschließlich öffentlicher Vorschulen in Betracht.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG

 

Sachverhalt

Die am 8.12.1994 geborene Tochter der Kläger besuchte seit dem 17.9.1997 die Internationale Schule e.V. in Hamburg. Diese Schule können Kinder bereits ab dem Alter von 3 Jahren in den Stufen "Primary 1 – 3" besuchen; ab dem Alter von 6 Jahren treten sie in die Klassen "Grade 1 – 12" ein. Die Internationale Schule e.V. ist von der Freien und Hansestadt Hamburg als allgemein bildende Ergänzungsschule anerkannt.

Von dem im Streitjahr 1997 bezahlten Schulgeld (7.850 DM) machten die Kläger nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG 30 % (2.355 DM) als Sonderausgaben geltend. Das FA versagte den Abzug. Das FG wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück.

Abziehbar seien nur die Kosten des normalen Schulbetriebs einer Privatschule. Ein vergleichbarer Unterricht werde an einer staatlichen Schule in Hamburg aber nicht angeboten. Für Kinder im vergleichbaren Alter stünden Kindergartenplätze zur Verfügung, deren Kosten die Eltern nicht abziehen könnten. Schulgeld könne regelmäßig erst ab dem Beginn der öffentlich-rechtlichen Schulpflicht abgezogen werden.

 

Hinweis

1. Der Sonderausgabenabzug i.H.v. 30 % des Schulgelds nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG wird gewährt für den Besuch einer staatlich genehmigten oder nach Landesrecht erlaubten Ersatzschule sowie einer nach Landesrecht anerkannten allgemein bildenden Ergänzungsschule. Zweck dieser Regelung ist die Förderung solcher Schulen, die in gewisser Weise in das öffentliche Schulwesen einbezogen sind, weil sie bestimmte staatliche Anforderungen erfüllen.

2. Zum Schulgeld gehören lediglich die Kosten, die den Eltern für den Besuch des normalen Schulbetriebs entstehen. Das gilt für öffentliche Schulen sowie für staatlich anerkannte Privatschulen gleichermaßen. Entgelte, die eine als allgemein bildende Ergänzungsschule anerkannte Schule von den Eltern verlangt, sind deshalb nur dann abziehbar, wenn es sich dabei um Kosten handelt, die beim Besuch einer staatlichen Schule von der öffentlichen Hand getragen werden.

Darum zählen zum Schulgeld z.B. nicht die Aufwendungen für kostenpflichtige Kurse, für Klavierunterricht und für Schulbücher (vgl. BFH, Urteil vom 14.12.2004, XI R 32/03, BFH-PR 2005, 245). Da Eltern, die ihre Kinder an staatliche Schulen schicken, solche Kosten nicht steuerlich geltend machen können, würde ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 GG) vorliegen, wenn für Kinder an Privatschulen diese Kosten steuerlich berücksichtigt würden.

3. Entscheidend für die Nichtabziehbarkeit der Aufwendungen für den Schulbesuch war im Streitfall, dass die "Primary-Stufe" der Schule bereits Kinder ab einem Alter von 3 Jahren (die Tochter der Kläger war erst 2 Jahre und 9 Monate alt) "unterrichtete". Ein vergleichbarer Unterricht wird in einer staatlichen Schule in Hamburg nicht angeboten. Vielmehr besuchen Kinder in diesem Alter – wie in anderen Bundesländern auch – zunächst den Kindergarten. Da Eltern die Aufwendungen für den Kindergartenbesuch ihrer Kinder nicht als Sonderausgaben geltend machen können, lässt der BFH aus Gründen der Belastungsgleichheit auch einen Abzug der Aufwendungen für einen Schulbesuch von Kindern im Kindergarten-Alter nicht zu.

Fazit: Aufwendungen für den Schulbesuch sind regelmäßig erst mit dem Beginn der öffentlich-rechtlichen Schulpflicht der Kinder als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG abziehbar.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 16.11.2005, XI R 79/03

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