Leitsatz

Wird zu Beginn eines Wirtschaftsjahres beschlossen, den Gewinn der Gesellschaft so zu verteilen, dass Verluste aus Sonderabschreibungen allein neu eintretenden Gesellschaftern zugewiesen werden, so ist dies steuerlich anzuerkennen. Es müssen allerdings betriebliche Gründe hierfür vorliegen.

 

Sachverhalt

Eine Kommanditgesellschaft mit mehrfach wechselndem Gesellschafterbestand erwarb im Jahr 1993 für 33,4 Mio. DM ein Grundstück mit Eigentumswohnungen und Erbbaurechtswohnungen im Fördergebiet. In einem abgeschlossenen Klageverfahren (Az. 1 K 12387/00) erkannte das Finanzgericht einen Gewinnverteilungsbeschluss vom 29.12.1993 für das Jahr 1993 insbesondere in Bezug auf mögliche Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz steuerlich nicht an. Somit war in der Gesellschaft noch Sonderabschreibungspotential in beträchtlicher Höhe vorhanden. Mit Datum vom 05.01.1995 änderte die KG die Gewinnverteilungsabrede und bestimmte, dass die noch zur Verfügung stehende Sonderabschreibung ausschließlich neu eintretenden Gesellschaftern zugute kommen sollte. Im Laufe des Jahres 1995 wurden zwei neue Gesellschafter aufgenommen, wobei teilweise unentgeltlich Altgesellschafter abgelöst wurden und teilweise das Kapital erhöht wurde. Das Finanzamt erkannte die Sonderabschreibungen nur bei den Gesellschaftern an, die im Zuge der Kapitalerhöhung der Gesellschaft beigetreten waren.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht hat die willkürliche Verteilung der Sonderabschreibungen ab dem Streitjahr vollständig anerkannt, weil betriebliche Gründe vorlägen Es hat entscheidend darauf abgestellt, dass der Gewinnverwendungsbeschluss rechtsgültig zustande gekommen ist und keine Rückwirkung insofern entfaltet hat, da er zu Beginn des Streitjahres gefasst wurde. Es sei vom Finanzamt inkonsequent, einerseits den aufgrund einer Kapitalerhöhung neu eintretenden Gesellschaftern die Sonderabschreibung zuzuerkennen, andererseits dies den lediglich einwechselnden Gesellschaftern zu versagen. Das Finanzgericht stützt sich bei seiner Argumentation vor allem darauf, dass die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung von den Berechtigten innerhalb des gesetzlichen Rahmens frei in Anspruch genommen werden könne. Deshalb sei eine individuelle Aufteilung bis zur Feststellung des Jahresabschlusses ohne Einschränkung möglich. Gegen das Rückwirkungsverbot von Gewinnverteilungsabreden verstoße dies gerade nicht. Erst mit der Aufstellung des Jahresabschlusses wird das Bilanzwahlrecht der Kommanditgesellschaft ausgeübt.

Einen betrieblichen Grund der abweichenden Gewinnverteilungsabrede sah das Gericht ohne weiteres in der erhöhten Chance, neue Investoren als Gesellschafter für die KG anzuwerben. Wenn diesen die aufgelaufene und noch nicht in Anspruch genommene Sonderabschreibung nach dem Fördergebietsgesetz im Beitrittsjahr in voller Höhe zustünde, wäre die Aufnahme für diese besonders attraktiv. Das Gericht hat sich auch nicht daran gestört, dass die neuen Gesellschafter ohne erkennbar einen Beitrag zu leisten, jedoch ausweislich von vollzogenen Handelsregistereinträgen in die KG eingewechselt waren. Da nicht zu erwarten gewesen wäre, dass den Neugesellschaftern unentgeltlich Vorteile zufließen sollten, wäre der Neueintritt der Gesellschafter zu einer unbekannten Gegenleistung jedenfalls aber entgeltlich durchgeführt worden.

 

Hinweis

Die erste Gewinnverteilungsabrede wurde wegen nicht erlaubter Rückwirkung (da datiert auf den Dezember eines Wirtschaftsjahres) gerichtlich verworfen. Im zweiten gerichtlichen Anlauf haben es die Gesellschafter der KG doch noch geschafft, eine hohe Sonderabschreibung nach dem Fördergebietsgesetz auf in Aussicht genommene Zielgesellschafter zu transferieren. Das Finanzgericht Berlin ist der Argumentation der Kläger gefolgt und wendet das BFH-Urteil vom 27.07. 2004 (Az: IX R 20/03) sinngemäß an. Es ist daher zu erwarten, dass der BFH das Urteil des Finanzgerichts bestätigt.

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin, Urteil vom 23.09.2004, 1 K 1351/02

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