0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Art. 1 Nr. 78 des Gesetzes zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz – DVPMG) v. 3.6.2021 hat die Vorschrift mit Wirkung zum 9.6.2021 erstmalig eingefügt. Eine Vorgängervorschrift existiert nicht. Die Regelung enthält eine Verordnungsermächtigung für das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zum Aufbau einer Koordinierungsstelle bei der Gesellschaft für Telematik (gematik), die die Interoperabilität und die Anforderungen an Schnittstellen fördert und die notwendigen organisatorischen Rahmenbedingungen bereitstellt.

 

Rz. 1a

Art. 1 Nr. 29 des Gesetzes zur Pflegepersonalbemessung im Krankenhaus sowie zur Anpassung weiterer Regelungen im Krankenhauswesen und in der Digitalisierung (Krankenhauspflegeentlastungsgesetz – KHPflEG) v. 20.12.2022 (BGBl. I S. 2793) hat mit Wirkung zum 29.12.2022 Abs. 1 Satz 1 ergänzt. Die Verordnungsermächtigung erstreckt sich auf Bearbeitungsgebühren der gematik für Antragsverfahren zur Aufnahme von Standards, Profilen und Leitfäden für informationstechnische Systeme im Gesundheitswesen.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Das BMG errichtet bei der gematik eine Koordinierungsstelle zur Förderung der Interoperabilität und von offenen Standards und Schnittstellen. Die Koordinierungsstelle wird durch ein Expertengremium unterstützt. Da es sich hierbei vorrangig um organisationsrechtliche und technische Regelungen handelt, erfolgen die Errichtung und Ausgestaltung der Koordinierungsstelle in einer Rechtsverordnung (BT-Drs. 19/27652 S. 137). Das BMG hat dazu die Gesundheits-IT-Interoperabilitäts-Governance-Verordnung (IOP Governance-Verordnung – GIGV) v. 7.10.2021 (BGBl. I S. 4634) vorgelegt . Die GIGV schafft neue und zukunftsfähige Strukturen, um die Systeme des Gesundheitswesens interoperabel zu machen. Das Interoperabilitätsverzeichnis vesta (www.vesta-gematik.de) konnte zwar Transparenz erzeugen, erwies sich jedoch nur bedingt als geeignete Plattform zur Empfehlung von Standards und der Schaffung von Interoperabilität. Aus diesem Grund sind neue Prozesse und Verfahren notwendig, um auf koordinierte Weise Interoperabilität zu erreichen. Die neuen Verfahren sind konsensbasiert, interdisziplinär, effizient und zügig. Vesta wird deswegen ab 1.2.2023 durch die nationale Wissensplattform für Interoperabilität (www.ina.gematik.de; abgerufen: 1.2.2023) abgelöst.

2 Rechtspraxis

2.1 Koordinierungsstelle (Abs. 1)

 

Rz. 3

Das BMG wird beauftragt, eine Koordinierungsstelle bei der gematik aufzubauen, die die Interoperabilität und die Anforderungen an Schnittstellen fördert und die notwendigen organisatorischen Rahmenbedingungen bereitstellt (Koordinierungsstelle für Interoperabilität im Gesundheitswesen; Satz 1). Dazu wird das BMG ermächtigt, eine Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zu erlassen (GIGV v. 7.10.2021). Die Koordinierungsstelle wird durch ein Expertengremium unterstützt. Das Expertengremium wird von der Koordinierungsstelle eingesetzt. Die Arbeitsstrukturen der Koordinierungsstelle und des Expertengremiums werden vom BMG geregelt. Die Koordinierungsstelle wird von der gematik spätestens ab 30.11.2021 unterhalten.

 

Rz. 3a

Die Verordnungsermächtigung erstreckt sich auch auf Regelungen für die Erhebung von Gebühren und Auslagen durch die gematik für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen, die durch die Koordinierungsstelle oder das Expertengremium erbracht werden. Hierdurch wird verhindert, dass qualitativ ungenügende Anträge eingereicht werden, die die Arbeitsfähigkeit der Koordinierungsstelle einschränken (BT-Drs. 20/3876 S. 62).

 

Rz. 4

Die Koordinierungsstelle und das Expertengremium haben die Aufgabe, für informationstechnische Systeme, die im Gesundheitswesen eingesetzt werden,

  • einen Bedarf an technischen, semantischen und syntaktischen Standards, Profilen und Leitfäden zu identifizieren, zu priorisieren und diese gegebenenfalls selbst zu entwickeln,
  • technische, semantische und syntaktische Standards, Profile und Leitfäden für bestimmte Bereiche oder das gesamte Gesundheitswesen zu empfehlen und
  • technische, semantische und syntaktische Standards, Profile und Leitfäden auf einer Plattform zu betreiben, die aus dem elektronischen Interoperabilitätsverzeichnis (§ 385) weiterzuentwickeln und zu veröffentlichen sind

(Satz 2). Wesentlich ist es, Bedarfe für Anforderungen, Richtlinien und Leitlinien zu identifizieren und darauf aufbauend zu priorisieren (Strategie; z. B. in Form einer Roadmap). Aus der Strategie ergeben sich Handlungsfelder, entsprechende Anforderungen, Richtlinien und Leitlinien zu entwickeln und kontinuierlich fortzuschreiben. Außerdem können auch bereits entwickelte Standards, Profile und Leitfäden von der Koordinierungsstelle für den Einsatz im Gesundheitswesen empfohlen und kontinuierlich fortgeschrieben werden (z. B. sog. Best-Practices; BT-Drs. 19/27652 S. 137).

 

Rz. 5

Das BMG kann in der Anlage zur Rechtsverordnung die Empfehlungen nach Satz 2 Nr. 2 für bestimmte Bereiche oder das gesamte Gesundheitswesen verbindlich festlegen.

2.2 Inhalt der Rechtsverordnung (Abs. 2)

 

Rz. 6

Die Rechtsverordnung regel...

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