Rz. 89

Das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 hatte den damals zuständigen Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen und damit als dessen Rechtsnachfolger den Gemeinsamen Bundesausschuss verpflichtet, die zahnärztlichen Behandlungs-Richtlinien, die Richtlinien über die Versorgung mit Zahnersatz und die Kieferorthopädie-Richtlinien dem Stand der modernen Zahnmedizin und auch i. S. einer ursachengerechten, zahnsubstanzschonenden und präventionsorientierten zahnärztlichen Behandlung anzupassen. Hintergrund war, dass sich die KZBV jahrelang, zunächst im früheren Ausschuss für Untersuchungs- und Heilmethoden (§ 13 BMV-Z) und später im Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen geweigert hatte, die vertragszahnärztliche Versorgung zu modernisieren bzw. neue zahnmedizinische Behandlungsverfahren aufzunehmen. Die zahnärztliche Berufspolitik, insbesondere der die Berufspolitik dominierende Freie Verband Deutscher Zahnärzte e. V., verfolgt seit langem das Ziel, die zahnärztliche Versorgung möglichst oft dem Privatbereich und nicht der von ihr weitgehend abgelehnten vertragszahnärztlichen Versorgung zuzuordnen, sodass z. B. Wirtschaftlichkeitsprüfungen oder Gutachterverfahren bzw. jegliche Einmischung der KZV und der Krankenkassen sowie Einflussnahme auf den Patienten ausgeschlossen sein sollen. Obwohl die gesetzliche Verpflichtung für den Bundesausschuss seit 1.1.2000 bestand, geschah zunächst nichts. Andererseits war nicht zu verkennen, dass die Kombination aus Richtlinienänderung, Umstrukturierung des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für zahnärztliche Leistungen (Bema-Z) und Änderung des Bundesmantelvertrages-Zahnärzte (BMV-Z), die zudem unterschiedlichen Gremien bzw. Vertragspartnern obliegen, Zeit erforderte.

 

Rz. 90

Wegen dieser insgesamt doch zögerlichen Haltung hatte der Gesetzgeber zum 1.1.2004 mit dem seit 2003 beratenen GMG sogar ein spezielles, schnell wirksam werdendes Schiedsstellenverfahren vorgegeben, falls innerhalb einer vom BMG gesetzten Frist im Gemeinsamen Bundesausschuss ein Beschluss zu den vorgenannten Richtlinien nicht gefasst werden konnte. Die Schiedsstelle, die nur aus dem unparteiischen Vorsitzenden und den 2 weiteren unparteiischen Mitgliedern des Gemeinsamen Bundesausschusses sowie je einem Vertreter der KZBV und des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen besteht, hätte dann innerhalb von 30 Tagen nach Ablauf der Frist den notwendigen Beschluss zu fassen. Obwohl die Richtlinien für die vertragszahnärztliche Versorgung kurz vor dem Inkrafttreten der Schiedsstellenregelung verabschiedet worden waren, ist die nur für den zahnärztlichen Bereich geltende Regelung in der Folgezeit nicht etwa gestrichen, sondern durch das GKV-WSG redaktionell angepasst worden, indem für die Schiedsstellenbesetzung seit dem 1.7.2008 der Vertreter des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen installiert ist.

2.8.1 Behandlungsrichtlinie

 

Rz. 91

Der bis 31.12.2003 amtierende Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen hatte vor diesem Hintergrund am 24.9.2003 die Richtlinie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (Behandlungsrichtlinie), die Richtlinien für die kieferorthopädische Behandlung und bereits am 4.6.2003 die Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen überarbeitet, die alle nach ihrer Veröffentlichung im BAnz zum 1.1.2004 in Kraft getreten sind. Die Behandlungsrichtlinie, inzwischen in der vom Gemeinsamen Bundesausschuss geänderten Fassung vom 1.3.2006 (BAnz 2006 S. 4466), gilt seit 18.6.2006 und bezieht sich auf Befunderhebung und Diagnose einschließlich Dokumentation, Röntgendiagnostik, konservierende Behandlung, chirurgische Behandlung, systematische Behandlung von Parodontopathien (Par-Behandlung), auf sonstige Behandlungsmaßnahmen wie das Entfernen von harten verkalkten Belägen, die Behandlung von Erkrankungen der Mundschleimhaut oder Aufbissbehelfe, auf Ausnahmeindikationen für implantologische Leistungen (§ 28 Abs. 2 Satz 9) sowie auf die Verordnung von Arzneimitteln im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung mit Auswahl der Arzneimittel, Verordnungsumfang und Hinweisen auf Verordnungsmöglichkeiten und Preisgestaltung.

2.8.2 Richtlinien für die kieferorthopädische Behandlung

 

Rz. 92

Die Richtlinien für die kieferorthopädische Behandlung, die den Leistungsanspruch des Versicherten nach § 29 konkretisieren hatte 2003 der damals zuständige Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen verabschiedet; sie sind nach ihrer Veröffentlichung im BAnz 2003 S. 24966 zum 1.1.2004 in Kraft getreten. Die Richtlinien beschreiben und begrenzen gleichermaßen den Anspruch auf KfO-Behandlung, indem z. B. kieferorthopädische Maßnahmen, die lediglich kosmetischen Zwecken dienen, nicht zur vertragszahnärztlichen Versorgung gehören. Dagegen haben Versicherte mit schweren Kieferanomalien, die in den Richtlinien sowie in Anlage 3 der Richtlinien näher beschrieben sind, auch dann den Anspruch auf kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlungsm...

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