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Mit Wirkung zum 23.7.2015 hat der Gesetzgeber anstelle einer erneuten Zuschlagsregelung einen anderen Weg eingeschlagen und mit der Einfügung des Abs. 5 die nach § 116 Abs. 1 SGB X übergegangenen Schadenersatzansprüche der Kranken- und Pflegekassen gegenüber freiberuflichen Hebammen/freiberuflichen Entbindungspflegern auf solche Schädenfälle begrenzt, in denen die freiberufliche Hebamme bei ihrer Berufsausübung den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. Damit können die Kranken- und Pflegekassen keine übergegangenen Schadenersatzansprüche gegen eine Hebamme mehr geltend machen, wenn der Schadensfall auf einfacher Fahrlässigkeit beruht.

Der Begriff Vorsatz wird im Zivilrecht z. B. in § 276 BGB verwendet und bezeichnet dort das Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit. Im Zivilrecht grenzt sich die Fahrlässigkeit vom Vorsatz dadurch ab, dass die Folge der Handlung nicht willensmäßig herbeigeführt worden ist.

Bei der Fahrlässigkeit wird im Zivilrecht zwischen einfacher Fahrlässigkeit und grober Fahrlässigkeit unterschieden. Einfache Fahrlässigkeit i. S. d. § 276 Abs. 2 BGB liegt vor, wenn die im rechtlichen Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen wird. Grobe Fahrlässigkeit ist gesetzlich nicht definiert, sondern wird nach der Rechtsprechung angenommen, wenn die im rechtlichen Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird, indem schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden sowie das nicht beachtet wird, was im vorliegenden Fall jeder Person, welche die für die Erfüllung der Pflicht erforderliche Fähigkeit und Kenntnis besitzt, hätte einleuchten müssen.

Der Regressausschluss nach Abs. 5 bei einfacher Fahrlässigkeit gilt für alle bestehenden Ansprüche ab Inkrafttreten der Regelung und hatte sich damit auch auf solche Schadensereignisse bezogen, die vorher eingetreten waren, aber bei denen der Regressanspruch bis zum Inkrafttreten des Abs. 5 nicht geltend gemacht worden war. Durch diesen Regressausschluss wird der Freistellungsanspruch der Hebamme gegenüber der Berufshaftpflichtversicherung (§ 100 Versicherungsvertragsgesetz) nicht ausgelöst, sodass beim Schadenübergang nach § 116 SGB X auch eine Inanspruchnahme des Versicherers durch die Kranken- und Pflegekasse ausscheidet. Dadurch reduziert sich das Versicherungsrisiko der Berufshaftpflichtversicherung erheblich, was nach der Gesetzesbegründung zu einer entsprechenden Angleichung der Prämien bzw. einer bezahlbaren Berufshaftpflichtversicherung der Hebammen beitragen sollte.

Abs. 5 Satz 2 regelt die gesamtschuldnerische Haftung einer freiberuflichen Hebamme, deren Inanspruchnahme durch den Regressausschluss ebenfalls ausgeschlossen ist. Damit ist klargestellt, dass der nach § 116 SGB X auf die Kranken- und Pflegekasse übergegangene Ersatzanspruch gegen die übrigen Gesamtschuldner in dem Umfang gemindert ist, der auf dem auf einfacher Fahrlässigkeit beruhenden Verursachungs- und Verschuldensanteil der Hebamme zurückzuführen ist. Somit bleibt ausgeschlossen, dass der Zweck der Neuregelung, die freiberuflichen Hebammen durch den Regressausschluss finanziell zu entlasten, durch einen Innenregress der übrigen Gesamtschuldner gegenüber der begünstigten Hebamme nach § 426 BGB (Ausgleichungspflicht, Forderungsübergang bei Gesamtschuldnern) unterlaufen wird.

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