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Die Festlegung der bundeseinheitlichen Verhältniszahlen für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung setzt voraus, dass entsprechende Arztgruppen festgelegt worden sind. Da die Vorschrift dazu nur unbestimmte Vorgaben, wie Trennung nach haus- und fachärztlicher Versorgung (vgl.§ 101 Abs. 1 Nr. 2), Ärzte mit spezialfachärztlichen Leistungen nach § 116b (vgl. Abs. 1 Nr. 2a), Berücksichtigung der ermächtigten Ärzte, einschließlich der Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind (vgl. Abs. 1 Nr. 2b), spezielle Arztgruppe für Psychotherapeuten (vgl. Abs. 4 Satz 1) sowie besondere Arztgruppe für Kinder- und Jugendärzte (vgl. Abs. 5 Satz 1) enthält, obliegt dem Gemeinsamen Bundesausschuss als Normgeber der Bedarfsplanungs-Richtlinie die Bestimmung der Arztgruppen. Dabei hat das BSG in ständiger Rechtsprechung dessen Befugnis zur Normkonkretisierung auch und gerade im Bereich der Bedarfsplanung anerkannt (z. B. BSG, Urteil v. 17.10.2007, B 6 KA 31/07 R). Eine funktionelle Zuständigkeit des Gemeinsamen Bundesausschusses ist nach Auffassung des BSG jedenfalls dann begründet, soweit es sich um Regelungen handelt, die bundeseinheitlich getroffen werden müssen (BSG, Urteil v. 28.6.2000, B 6 KA 27/99). Auch die Bestimmung der Arztgruppen und ihre Zusammensetzung für die arztgruppenspezifischen Verhältniszahlen im Rahmen der Bedarfsplanung gehören zu den Grundlagen, die bundeseinheitlich festgelegt werden müssen (so BSG, Urteil v. 9.2.2011, B 6 KA 1/10 R). Der Hinweis in Abs. 2 Satz 2 auf die Weiterbildungsordnungen macht aber deutlich, dass sich die Bestimmung der Arztgruppen am ärztlichen Berufsrecht ausrichtet, sodass der Gemeinsame Bundesausschuss die Arztgruppen nicht frei, sondern entsprechend der ärztlichen Berufsordnung festlegt. In Abs. 1 Satz 8 der Vorschrift ist zur Festlegung der Arztgruppen ergänzend bestimmt, dass der Gemeinsame Bundesausschuss auch innerhalb der einzelnen Arztgruppen nach Fachgebieten, Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen des ärztlichen Berufsrechts unterschiedliche Mindest- und Höchstversorgungsanteile festlegen kann.

Nach § 6 des 2. Abschnitts der Bedarfsplanungs-Richtlinie erfolgt die Bestimmung der Arztgruppen nach ihrer Versorgungsausrichtung (Hausarzt oder Facharzt wie z. B. Chirurg, HNO-Arzt oder Urologe) oder in Anlehnung an die (Muster-)Weiterbildungsordnung. Dem entspricht z. B. die Änderung der Bezeichnung "Kinderärzte" in "Kinder- und Jugendärzte" in Abs. 5 Satz 1 der Vorschrift. Die ärztliche (Muster-)Weiterbildungsordnung ist von der Bundesärztekammer als Empfehlung an die Landesärztekammern aufgestellt worden. An der Erarbeitung der (Muster-)Weiterbildungsordnung sind die ärztlichen Fachgesellschaften, Berufsverbände und Dachgesellschaften beteiligt; das Ergebnis wird anschließend in einem Bund-Länder-Abstimmungsverfahren zwischen den Landesärztekammern und der Bundesärztekammer beraten und die so zustande gekommene Fassung vom Vorstand der Bundesärztekammer und dem Deutschen Ärztetag als bindende (Muster-)Weiterbildungsordnung beschlossen. Der breite Konsens über die (Muster-)Weiterbildungsordnung bewirkt, dass deren Inhalt fast ausnahmslos in die berufsrechtlich verbindlichen Weiterbildungsordnungen der zuständigen Landesärztekammern übernommen werden. Der Terminus Arztgruppe umfasst im Übrigen auch die psychologischen Psychotherapeuten und die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten.

In "Anlehnung an die von der Bundesärztekammer erarbeitete (Muster-)Weiterbildungsordnung" (§ 6 Abs. 1 der Richtlinie) bedeutet für den Gemeinsamen Bundesausschuss allerdings nicht die wörtliche Übernahme der (Muster-)Weiterbildungsordnung in die Bedarfsplanungs-Richtlinie; das Wort "Anlehnung" lässt ihm vielmehr einen gewissen Freiraum bei der Bestimmung der Facharztgruppen. Dies gründet z. B. auf Abs. 1 Satz 2 der Vorschrift, nach dem die Richtlinie auch bestimmt, welche Facharztbezeichnungen bei der gemeinschaftlichen Berufsausübung nach Nr. 4 und bei der Anstellung nach Nr. 5 vereinbar sind, wenn die Weiterbildungsordnungen mehrere Facharztbezeichnungen innerhalb desselben Fachgebiets vorsehen. Der in Abs. 1 Satz 2 verwendete Plural "Richtlinien" ist allerdings unpassend, weil es in diesen Fällen bei der definitiven planungsrechtlichen Zuordnung der Facharztbezeichnungen um die vertragsärztliche Richtlinie und nicht um die vertragszahnärztliche Bedarfsplanungs-Richtlinie geht.

So hat der Gemeinsame Bundesausschuss z. B. in § 41 Abs. 5 Bedarfsplanungs-Richtlinie bestimmt, dass Übereinstimmung in den Arztgruppen (sog. Fachidentität bei gemeinsamer Berufsausübung) auch unter zugelassenen Psychologischen Psychotherapeuten einerseits oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten andererseits oder unter Angehörigen der beiden Berufsgruppen gemeinsam besteht. Maßgeblich ist bei Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten der Status als Psychotherapeut, unabhängig von der Abrechnungsgenehmigung ...

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