Rz. 2

Bei der Leistungsgewährung innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung steht der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit im Vordergrund. Er richtet sich an alle Leistungserbringer, alle Versicherten und alle Krankenkassen (vgl. §§ 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, 12 Abs. 1 Satz 2, 70 Abs. 1).

Wirtschaftlichkeitsprüfungen im Rahmen der vertrags(zahn-)ärztlichen Versorgung sind die logische Konsequenz aus der verpflichtenden Beachtung des gesetzlichen Wirtschaftlichkeitsgebots, welches sich für die vertrags(zahn-)ärztliche Versorgung an die Vertragsärzte und -zahnärzte, Vertragspsychotherapeuten, zugelassenen medizinischen Versorgungszentren, ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtungen (vgl. § 72 Abs. 2), an die Kassen(zahn-)ärztlichen Vereinigungen (vgl. § 75 Abs. 1) und durch die genannten Rechtsvorschriften auch an die Krankenkassen sowie deren Verbände richtet. Dem gesetzlich verankerten Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechend ist in der gesetzlichen Krankenversicherung eine bedarfsgerechte, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten und Patienten zu gewährleisten. Die Versorgung muss ausreichend und zweckmäßig sein, darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und muss in der fachlich gebotenen Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit (vgl. u. a. BSG, Urteil v. 29.5.1962, 6 RKa 24/59) sind die Rechtsbegriffe "ausreichend", "notwendig", "zweckmäßig" und "wirtschaftlich" wie folgt definiert:

  • Als ausreichend ist eine Behandlung zu verstehen, deren Intensität im konkreten Einzelfall der Art und Schwere der Krankheit des Patienten entspricht und den Stand der medizinischen Erkenntnisse (Mindeststandard) berücksichtigt.
  • Notwendig ist alles, worauf der Arzt bei der Behandlung eines Patienten nicht verzichten darf. Bei Verzicht wäre die Behandlung unvollständig.
  • Zweckmäßig sind solche Leistungen, die objektiv geeignet sind, im Rahmen der anerkannten diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten den angestrebten Heilerfolg zu erzielen. So müssen wissenschaftlich nachprüfbare Erkenntnisse über die Qualität und die Wirksamkeit der Behandlung vorliegen.
  • Wirtschaftlich ist die vertragsärztliche Versorgung dann, wenn die Leistungen mit einem möglichst geringen Aufwand an Kosten erbracht werden. Stehen dem Arzt bei einer bestimmten Indikation für eine als notwendig erkannte Therapie mehrere gleich wirksame und für den Patienten gut verträgliche Alternativen zur Verfügung, soll der Vertragsarzt die kostengünstigste Möglichkeit wählen. Ein Mehr an diagnostischem oder therapeutischem Aufwand ist dann wirtschaftlich, wenn dem auch ein Mehr an Nutzen (Erfolg) gegenübersteht.

Auch wenn sich die vorgenannte Definition der Rechtsbegriffe von der Wortwahl her auf die vertragsärztliche Versorgung und auf Ärzte/Vertragsärzte/Vertragspsychotherapeuten und andere ärztliche Leistungserbringer bezieht, gilt sie in gleicher Weise für die vertragszahnärztliche Versorgung sowie für alle vertragszahnärztlichen Leistungserbringer.

Leistungen, die den vorgenannten Rechtsbegriffen nicht entsprechen, können nach § 12 Abs. 1 Satz 2 die Versicherten nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (zur konkretisierenden Auslegung des Wirtschaftlichkeitsgebots vgl. Komm. zu § 70 und Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92).

Für die Kassen(zahn-)ärztlichen Vereinigungen (KV/KZV) geht die gesetzliche Verpflichtung, an der Überwachung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise der vertrags(zahn-)ärztlichen Versorgung aktiv mitzuwirken, auch zurück auf ihre übergeordnete gesetzliche Aufgabe, die Versorgung der Patienten/Versicherten sicherzustellen und gegenüber den Krankenkassen und deren Verbänden zu gewährleisten, dass die vertrags(zahn-)ärztlichen Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht (vgl. § 75 Abs. 1 Satz 1).

Die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots ist bei der nicht einfach zu praktizierenden Umsetzung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Wirtschaftlichkeit bezogen auf jede erbrachte, verordnete oder veranlasste Leistung oder einem zusammenhängenden Leistungskomplex in der vertrags(zahn-)ärztlichen Versorgung selbst für einen verständigen vertrags(zahn-)ärztlichen Leistungserbringer gelegentlich schwierig, nicht immer selbstverständlich oder selbsterklärend und muss deshalb durch Wirtschaftlichkeitsprüfungen in Form von Beratungen und Prüfungen gemeinsam durch die regionalen Krankenkassen und die zuständige KV bzw. KZV überwacht werden.

Nach der Rechtsprechung (z. B. LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 18.4.2018, L 5 KA 792/16) kommt für Fragen, ob die Behandlungs- und Verordnungstätigkeit des vertrags(zahn-)ärztlichen Leistungserbringers sich auf das (zahn-)medizinische Ausreichende, Zweckmäßige und Notwendige beschränkt oder ob sie nach ihrem Umfang darüber hinausgeht und insofern unwirtschaftl...

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