1 Vorbemerkung

1.1 Allgemeines

 

Rz. 1

Nach § 4 Nr. 8 Buchst. i UStG sind die Umsätze der im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen zum aufgedruckten Wert steuerbefreit. Amtliche Wertzeichen sind Marken, Stempel oder ähnliche Zeichen, die einen bestimmten Geldwert verkörpern, von einer Einrichtung des öffentlichen Rechts im Rahmen ihrer hoheitlichen Tätigkeit ausgegeben werden und zur Entrichtung von Steuern, Abgaben oder Gebühren oder sonstigen Beiträgen verwendet und als solche angenommen werden. Durch die Worte "zum aufgedruckten Wert" wird zum Ausdruck gebracht, dass die Steuerbefreiung nur in Betracht kommt, wenn die Wertzeichen zum aufgedruckten Wert geliefert werden. Steuerfrei sind jedoch auch Umsätze mit Wertzeichen (z. B. im Inland postgültige Briefmarken), die zu einem Preis veräußert werden, der unter ihrem aufgedruckten Wert liegt. Zum aufgedruckten Wert gehören auch aufgedruckte Sonderzuschläge, z. B. der Zuschlag bei Wohlfahrtsmarken. Werden die Wertzeichen mit einem höheren Preis als dem aufgedruckten Wert gehandelt (z. B. postgültige Sammlerbriefmarken), ist der Umsatz insgesamt steuerpflichtig. Dies gilt auch für Umsätze mit nicht im Inland gültigen Wertzeichen (z. B. ausländische Briefmarken).

1.2 Rechtsentwicklung

 

Rz. 2

Die Steuerbefreiung für Umsätze mit im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen galt schon vor 1980. Zum 1.1.1980 waren in § 4 Nr. 8 Buchst. i UStG die Worte "zum aufgedruckten Wert" neu in die Vorschrift aufgenommen worden. Diese Ergänzung sollte lediglich der Klarstellung dienen, dass im Inland gültige amtliche Wertzeichen nur befreit sind, wenn die Wertzeichen zum aufgedruckten Wert geliefert werden (z. B. Wohlfahrtsmarken mit Aufschlag). Wurden die Wertzeichen mit Aufschlägen zum aufgedruckten Wert gehandelt, war der Umsatz auch schon vor dem 1.1.1980 steuerpflichtig. Die Möglichkeit, auf die Steuerbefreiung der Umsätze von amtlichen Wertzeichen zu verzichten (Option, § 9 Abs. 1), war zum 1.1.1980 entfallen.[1] Die Vorschrift ist – abgesehen davon, dass der Begriff "Erhebungsgebiet" durch "Inland" ersetzt wurde, seit dem 1.1.1980 unverändert geblieben.

[1] Vgl. BMF v. 12.5.1980, IV A 3 – S 7160 – 11/80, BStBl I 1980, 238.

1.3 Unionsrecht

 

Rz. 3

§ 4 Nr. 8 Buchst. i UStG beruht auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL. Danach befreien die Mitgliedstaaten die "Lieferung von in ihrem jeweiligen Gebiet gültigen Postwertzeichen, von Steuerzeichen und von sonstigen ähnlichen Wertzeichen zum aufgedruckten Wert". Mängel bei der Umsetzung dieser Regelung in das nationale Recht sind nicht erkennbar.

2 Amtliche Wertzeichen

 

Rz. 4

Die Vorschrift begünstigt Umsätze mit amtlichen Wertzeichen, die im Inland gültig sind. Unter amtliche Wertzeichen sind Wertzeichen zu verstehen, die von einem Hoheitsträger (Bund, Länder, Gemeinden oder sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts) im Rahmen seiner hoheitlichen Befugnisse ausgestellt werden. Es handelt sich um Marken, Karten, Stempel, Scheine oder sonstige Wertzeichen, die einen Geldwert verkörpern, übertragbar sind und durch ihren Geldwert zur Entrichtung von Steuern, Gebühren, Beiträgen und anderen Abgaben verwendet werden. Der Aussteller verpflichtet sich, die Wertzeichen als Geldwerte anzunehmen und ggf. als Gegenwert eine Leistung zu erbringen (z. B. bei Briefmarken die Briefbeförderung, bei Wertmarken auf Mülltonnen die Müllabfuhr oder bei Straßengebührenmarken die Erlaubnis, die Straße zu nutzen). Andererseits kann die Verwendung der Marke schlicht bedeuten, dass eine Steuer entrichtet worden ist (z. B. bei Tabaksteuerbanderolen und früher bei der Wechselsteuer).

 

Rz. 5

Zu den amtlichen Wertzeichen gehören im Wesentlichen Steuermarken und Steuerzeichen (z. B. zur Abführung der Tabaksteuer und früher zur Entrichtung der Wechselsteuer sowie der Börsenumsatzsteuer). Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Rahmenbedingungen der Finanzmärkte (Finanzmarktförderungsgesetz) v. 22.2.1990[1] waren die Börsenumsatzsteuer zum 1.1.1991 und das Wechselsteuergesetz sowie die Wechselsteuer-Durchführungsverordnung zum 1.1.1992 aufgehoben worden. Damit endete grundsätzlich der Verkauf von Wechselsteuermarken durch die Deutsche Bundespost zum 31.12.1991.[2] Für den Verkauf von Börsenumsatzsteuermarken waren i. d. R. Finanzämter zuständig.[3] Weiterhin zählen zu den Wertzeichen z. B. Gebührenmarken der Gerichte und der öffentlichen Verwaltung, Beitragsmarken zur Invalidenversicherung, Marken nach dem Autobahnbenutzungsgebührengesetz[4] und sonstige Wertmarken wie z. B. bei einigen Müllabfuhrbetrieben.

 

Rz. 6

Briefmarken, auf Postkarten und Briefumschlägen bereits vorhandene Aufdrucke und vergleichbare Stempelabdrucke zur Freimachung von Postsendungen gehören auch nach Privatisierung der Post noch zu den amtlichen Wertzeichen. Briefmarken werden nämlich nach wie vor (früher vom Bundespostministerium, jetzt vom Bundesfinanzministerium) im Hoheitsbereich herausgegeben. Die Steuerfreiheit der Umsätze mit Briefmarken überschneidet sich daher z. T. mit der Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 11b UStG für die unmittelbar dem Postwesen dienenden Umsätze der Deutschen Post AG.

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