1 Inhalt der Vorschrift und Verhältnis zum BGB

 

Rz. 1

Werklieferungen sind durch § 3 Abs. 4 UStG als einheitliche Lieferungen anzusehen, obwohl der Unternehmer durch die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands des Bestellers mangels Verschaffung der Verfügungsmacht an diesem eine sonstige Leistung erbringen würde. Voraussetzung dabei ist, dass der Unternehmer hierbei Stoffe verwendet, die er selbst beschafft und es sich insoweit nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt.

 

Rz. 2

Zivilrechtlich liegt einer Werklieferung i. S. d. § 3 Abs. 4 UStG regelmäßig ein Werkvertrag nach §§ 631ff. BGB zugrunde. Unter den Voraussetzungen des § 650 BGB (Werklieferungsvertrag) kann sich die Anwendung des Kaufrechts auf diesen Vertrag ergeben. Darüber hinaus können weitere spezialgesetzliche (Werk-)Verträge vorliegen, insbesondere ein Bauvertrag nach §§ 650a ff. BGB oder ein Verbraucherbauvertrag nach §§ 650i f. BGB. Für die Erfüllung der Voraussetzungen von § 3 Abs. 4 UStG ist die zivilrechtliche Beurteilung jedoch unerheblich.[1]

Rz. 3 einstweilen frei

[1] Vgl. etwa Ludäscher/Hoppler, UR 2012, 303.

2 Verhältnis zum Unionsrecht

 

Rz. 4

Art. 14 Abs. 3 MwStSystRL[1] lässt es zu, dass bestimmte Bauleistungen, nicht aber andere von § 3 Abs. 4 UStG erfasste Werklieferungen, als Lieferungen i. S. d. § 3 Abs. 1 UStG behandelt werden.

(3) Als Lieferungen i. S. d. Absatzes 1 können die Mitgliedstaaten die Erbringung bestimmter Bauleistungen betrachten.
 

Rz. 5

Der deutsche Gesetzgeber hat von dieser Ermächtigung für Bauleistungen keinen unmittelbaren Gebrauch gemacht. Der wesentlich weitergehenden Regelung des § 3 Abs. 4 UStG fehlt somit eine unionsrechtliche Grundlage.[2] Der EuGH hat in seiner Entscheidung[3] auf die Vorgängervorschrift des Art. 5 der 6. EG-Richtlinie Bezug genommen, sich mit dieser aber nicht auseinandergesetzt.

3 Abgrenzung der Werklieferung

3.1 Allgemeines

 

Rz. 6

Eine Werklieferung ist eine einheitliche, aus Liefer- und Dienstleistungselementen bestehende Leistung, bei der der Unternehmer die Be- oder Verarbeitung eines nicht ihm (dem Leistenden) gehörenden Gegenstands übernommen hat.[1] Voraussetzung ist, dass er hierbei selbst beschaffte Stoffe verwendet, die nicht nur Zutaten oder sonstige Nebensachen darstellen.

Nachdem der BFH festgestellt hatte[2], dass eine Werklieferung nur vorliegen kann, wenn ein leistender Unternehmer neben von ihm selbst beschafften Hauptstoffen auch einen fremden Gegenstand be- oder verarbeiten muss, hat die Finanzverwaltung den UStAE entsprechend angepasst.[3] Eine Werklieferung liegt nunmehr auch nach Auffassung der Finanzverwaltung in Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung nur dann vor, wenn der Werkhersteller für das Werk einen fremden Gegenstand be-oder verarbeitet und dafür selbstbeschaffte Stoffe verwendet, die nicht nur Zutaten oder sonstige Nebensachen sind (dazu ab Rz. 24ff.).

Dies kann insbesondere bei der Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens von Bedeutung sein. Eine ursprünglich bis zum 30.12.2020 gewährte Nichtbeanstandungsregelung hat die Finanzverwaltung verlängert.[4] Für Leistungen, die vor dem 1.7.2021 ausgeführt wurden, beanstandet es die Finanzverwaltung nicht, wenn noch die frühere von der Finanzverwaltung vertretene Rechtsauffassung angewendet wird.

Die Werklieferung ist einerseits zur sonstigen (Werk-)Leistung und andererseits zur Warenlieferung abzugrenzen. Diese Abgrenzung ist insbesondere für die Bestimmung des Orts und des Zeitpunkts der Werklieferung erforderlich (Rz. 47). Die Unterscheidung zwischen Werklieferung und Werkleistung ist außerdem bedeutsam für die Anwendung von Befreiungs- und Vergünstigungsvorschriften, die Abgrenzung zur Warenlieferung für die Anwendung der Sonderbestimmungen des § 13b Abs. 2 Nr. 1 und 4 UStG (Übertragung der Steuerschuldnerschaft bei Werklieferungen im Ausland ansässiger Unternehmer sowie bei Werklieferungen in der Bauwirtschaft).

 

Rz. 7

Mit der Werkleistung hat die Werklieferung gemein, dass der Unternehmer im Auftrag des Bestellers einen ihm nicht gehörenden Gegenstand be- oder verarbeitet. Dabei hat der Werklieferer jedoch, anders als bei der Werkleistung, den Hauptstoff selbst zu beschaffen. Hierin liegt das Lieferungselement. Von der Warenlieferung unterscheidet sich die Werklieferung dadurch, dass im Auftrag des Abnehmers dieser Hauptstoff zunächst zu einem Werk zu verarbeiten und erst als solches zu liefern ist. Somit gilt Folgendes:

  • Herstellung eines Gegenstands durch Be- oder Verarbeitung

    • mit selbst beschafften Hauptstoffen = Werklieferung,
    • ohne selbst beschaffte Hauptstoffe = Werkleistung;
  • Lieferung eines nicht selbst hergestellten (eingekauften) Gegenstands = Warenlieferung. Hierzu gehört auch der Verkauf selbst hergestellter Gegenstände, z. B. von Möbelstücken, Uhren, die der Unternehmer zuvor ohne ...

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