1 Entstehungsgeschichte

 

Rz. 1

Die Vorschrift von § 3 Abs. 3 UStG geht auf das UStG 1967 zurück[1] und ist eine der wenigen Vorschriften, die sich inhaltlich seit Jahrzehnten nicht geändert haben. Schon § 4 Abs. 4 UStDB 1934 sowie später § 3 UStDB 1938/1951 sahen aufgrund des RFH-Gutachtens v. 20.6.1919, II D 7/19, RFHE 1, 40 vor, dass im Rahmen eines Kommissionsgeschäfts vom Vorliegen zweier umsatzsteuerlicher Lieferungen auszugehen ist.

[1] Umsatzsteuergesetz v. 2.6.1967, BGBl I 1967, 545.

2 Verhältnis zum EU-Recht

 

Rz. 2

Nach Art. 14 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL gilt neben der Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen (Grundform der Lieferung nach Art. 1 Abs. 1 MwStSystRL) hat, auch die Übertragung eines Gegenstands aufgrund eines Vertrags über eine Einkaufs- oder Verkaufskommission als Lieferung eines Gegenstands.[1] Die in § 3 Abs. 3 UStG enthaltene Regelung stimmt damit überein. Dies leitet sich insbesondere durch den in § 3 Abs. 3 S. 1 UStG enthaltenen Klammerverweis auf die in § 383 HGB enthaltene Legaldefinition des handelsrechtlichen Kommissionsgeschäfts ab, die sowohl die Einkaufs- als auch die Verkaufskommission umfasst.[2] Das deutsche Umsatzsteuerrecht erfasst aufgrund des Klammerverweises auf § 383 HGB nur Handelsgeschäfte und damit nicht alle Kommissionsgeschäfte i. S. d. insoweit nicht differenzierenden Richtlinie. Durch richtlinienkonforme Auslegung ist die Vorschrift auf alle Fällen der Einkaufs- oder Verkaufskommission anzuwenden, wenn einer der Beteiligten am Kommissionsgeschäft Unternehmer ist.[3]

[1] Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem v. 28. November 2006, Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie, ABl EU 2006 Nr. L 347, 1, am 1.1.2007 in Kraft getreten; bis dahin galt Art. 5 Abs. 4 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie.
[2] Dazu auch Huschens, EU-UStB 2020, 110.
[3] Martin, in Sölch/Ringleb § 3 UStG Rz. 401 mit Beispielen.

3 Begriff des Kommissionsgeschäfts

 

Rz. 3

Für die Bestimmung des umsatzsteuerlichen Kommissionsgeschäfts nimmt § 3 Abs. 3 S. 1 UStG durch den dort enthaltenen Klammerverweis auf die in § 383 HGB enthaltene handelsrechtliche Definition des Kommissionsgeschäfts Bezug. Handels- und umsatzsteuerrechtlich ist die Bestimmung des Kommissionsgeschäfts damit identisch. Durch § 383 HGB wird das Kommissionsgeschäft über den Begriff des Kommissionärs bestimmt:

Zitat

Kommissionär ist, wer es gewerbsmäßig übernimmt, Waren oder Wertpapiere für Rechnung eines anderen (des Kommittenten) in eigenem Namen zu kaufen oder zu verkaufen.

Das Kommissionsgeschäft umfasst damit die Einkaufskommission sowie die Verkaufskommission und bezieht sich entweder auf Waren oder auf Wertpapiere. Erfasst sind nur gewerbsmäßige Tätigkeiten von Unternehmern. Der Kommissionär unterscheidet sich vom Vertreter, Agenten, Makler oder sonstigem Vermittler durch sein Auftreten im eigenen Namen.

Der Kommissionär hat aus umsatzsteuerlicher Sicht eine Doppelstellung:

  • Im Außenverhältnis, d. h. dem Dritten (Käufer oder Verkäufer) gegenüber, tritt er wie ein Eigenhändler im eigenen Namen auf.
  • Im Innenverhältnis, d. h. dem Kommittenten gegenüber, für dessen Rechnung er tätig wird, tritt er wie ein Vermittler (Geschäftsbesorger) auf.
 

Rz. 3a

Die in § 3 Abs. 3 UStG enthaltene Regelung gilt nur für die Lieferkommission, also im Hinblick auf die Verschaffung der Verfügungsmacht an einem Gegenstand. Sie ist weder unmittelbar noch analog auf die Dienstleistungskommission anzuwenden, die durch § 3 Abs. 11 UStG erfasst wird.[1]

Für die Abgrenzung zwischen Lieferkommission und Dienstleistungskommission kommt es auf die vom Kommissionär geschuldete Leistung an. Wird die Lieferung geschuldet, liegt eine nach § 3 Abs. 3 UStG zu beurteilende (Lieferungs-)Kommission vor[2], wird eine sonstige Leistung geschuldet, liegt eine nach § 3 Abs. 11 UStG (ggf. § 3 Abs. 11a UStG) zu beurteilende Dienstleistungskommission vor.[3]

Kennzeichnend für die Lieferungs- und die Dienstleistungskommission ist jeweils das Handeln des Kommissionärs im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung.

 

Rz. 4

Der Kommissionsagent (Agenturkommissionär) ist ein selbstständiger Kaufmann, der aufgrund vertraglicher Vereinbarungen von einem anderen ständig damit betraut ist, im eigenen Namen, aber für Rechnung des anderen zu kaufen oder zu verkaufen. Dieses Rechtsverhältnis ist eine Mischform zwischen Agentur und Kommission: Im Innenverhältnis zum Auftraggeber sind auch die Rechtsnormen des Agenturverhältnisses anwendbar, soweit sie auf dem dauernden Vertrauensverhältnis beruhen; der Kommissionär erbringt dem Kommittenten eine Geschäftsbesorgungsleistung. Im Außenverhältnis zu den Kunden gelten nur die Rechtsnormen des Kommissionsverhältnisses. Der Kommissionsagent ist deshalb umsatzsteuerlicher Kommissionär. Es müssen daher jeweils zwei Umsätze angenommen werden: einer zwischen dem Auftraggeber und dem Kommissionsagenten, ein zweiter zwischen dem Kommissionsagenten und dem Kunden.[4]

 

Rz. 5

Zur umsatzsteuerlichen Behandlung des für den Treugeber einkaufenden oder verkaufenden Treuhänders s. § 3 Abs. 1 UStG Rz. ...

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