1 Allgemeines

1.1 Zweck der Vorschrift

 

Rz. 1

Die Regelung des § 27 UStG soll nach ihrer Gesetzesüberschrift sogenannte "Allgemeine Übergangsvorschriften" enthalten. Diese eher historische Überschrift des § 27 UStG begründet sich aus der Entstehungsgeschichte des UStG, denn sie stammt aus der Fassung des UStG 1980, welche am 1.1.1980 in Kraft trat. Damals umfasste die Vorschrift nur drei Absätze zur Regelung einiger Probleme, die sich beim Übergang vom UStG 1967/73 zum UStG 1980 ab dem 1.1.1980 ergeben konnten. Diese Normen wurden aber zum 1.1.1993 alle aufgehoben. Seitdem bedient sich der Gesetzgeber regelmäßig (und häufig) des § 27 UStG, um weitere - durch die vielen Gesetzesänderungen oder höchstrichterliche Entscheidungen erforderlich gewordenen - "Übergangsregelungen" einzufügen. Der Umfang der Regelung ist dementsprechend kontinuierlich angewachsen, seit der ab dem 1.1.2023 geltenden Fassung besteht die Vorschrift aus insgesamt 39 Absätzen.[1] Aus der Formulierung "Allgemeine Übergangsvorschriften" kann im Übrigen nicht geschlossen werden, dass es noch "Besondere Übergangsregelungen" im UStG gebe; sprachlich korrekt wäre es wohl, für den Anwendungsbereich des § 27 UStG schlicht von "Übergangsregelungen" zu sprechen.

 

Rz. 2

In Anbetracht der Vielzahl der Einzelsachverhalte, welche § 27 UStG zwischenzeitlich zum Inhalt hat, und den ständigen Änderungen, denen das unionsrechtliche und das deutsche Umsatzsteuerrecht unterworfen sind, dürfte die Notwendigkeit der Schaffung von Übergangsvorschriften kaum zu bestreiten sein, um gesetzlich zu bestimmen, ab welchem Zeitpunkt bestimmte Rechtsfolgen von Gesetzesänderungen gelten. Zudem bedient sich der Gesetzgeber in den letzten Jahressteuergesetzen (und auch in anderen Gesetzen) immer wieder des Instruments, verschiedene Zeiträume des Beginns der Geltung der einzelnen Regelungen zu bestimmen. So sieht z. B. das Jahressteuergesetz 2022 insgesamt neun unterschiedliche Geltungszeiträume vor.[2] Leider ist in der Praxis die Gefahr hoch, die Übergangsregelungen des § 27 UStG im konkreten Fall zu übersehen; insbesondere, weil selbst steuerlich geschulte Gesetzesanwender nicht ständig mit diesen Regelungen umzugehen haben. Eine ganze Reihe der Vorschriften des § 27 UStG dürfte zwar zwischenzeitlich durch Zeitablauf nur noch in Einzelfällen Bedeutung haben, in bestimmten Fällen – etwa in finanzgerichtlichen Verfahren mit einem lang andauernden vorausgehenden Verwaltungsverfahren - können sie aber durchaus noch entscheidungserheblich sein. Aus diesem Grund werden sie nachfolgend z. T. auch mit den Erwägungen des Gesetzgebungsverfahrens erläutert.

[1] Wegen § 27 Abs. 1a und Abs. 22a UStG sind es zwei mehr Absätze als in der Nummerierung der Absätze. Zählt man hier den noch nicht geltenden Abs. 25a mit, dann ist noch ein Absatz dazuzurechnen; vgl. dazu hier unten in Rz. 4c.
[2] Vgl. Art. 43 des JStG 2022 v. 16.12.2022, BGBl I 2022, 2294.

1.2 Entwicklung der Vorschrift

 

Rz. 3

Vor allem die zahlreichen Änderungen, welche das UStG seit dem Jahr 1980 erfahren hat, machten regelmäßig spezielle Übergangsregelungen nötig, die jeweils gesetzestechnisch in § 27 UStG eingefügt wurden. Diese Regelung besteht deshalb seit dem 1.1.2022 aus einem "Sammelsurium" von in 39 Absätzen (Rz. 1) abgedruckten Einzelregelungen, mit unterschiedlichen Geltungszeitpunkten, von denen einigen zum Teil aber keine oder nur noch wenig praktische Bedeutung zukommt.

 

Rz. 4

Allein die vielen Einzelfallregelungen verdeutlichen, dass der Gesetzgeber seine – entsprechend ihrer Übergangsfunktion – häufig nur vorübergehend geltenden Vorschriften oft ändert und nicht selten rein anlassbezogene Regelungen schafft; die Abs. 1a, 6 und 19 sind dafür ein deutlicher Beleg. Damit veränderte auch § 27 UStG öfters seinen Aufbau; so wurde z. B. der jetzige Abs. 1 zum 1.1.1983 ursprünglich als neuer Abs. 4 an den damaligen § 27 UStG 1980 angehängt; der jetzige Abs. 5 war zum 1.4.1999 als Abs. 3 in die zwischenzeitlich neu gefasste Vorschrift eingefügt worden und wurde erst zum 1.1.2002 im Übrigen unverändert zum Abs. 5. Auf die vollständige Wiedergabe der umfangreichen (historischen) Gesetzgebungsgeschichte des § 27 UStG soll hier wegen ihres Umfangs verzichtet werden und es bei der Darstellung der letzten Gesetzesänderungen verbleiben.

 

Rz. 4a

Die wichtigen letzten Änderungen des § 27 UStG erfolgten zunächst durch das Gesetz[1] v. 26.7.2014 mit der Einfügung eines Abs. 19 und Abs. 20 mit unterschiedlichen Wirksamkeitszeitpunkten sowie durch das Gesetz v. 22.12.2014 mit der Einfügung eines neuen Abs. 21[2] und dann mit Gesetz v. 2.11.2015 durch Einfügung eines neuen Abs. 22.[3]

Mit Abs. 19 sollte die Frage gelöst werden, wie zu verfahren ist, wenn der nach der Rechtsprechung des BFH für die vor dem 15.2.2014 erbrachten Leistungen zu Unrecht als Steuerschuldner angesehene Leistungsempfänger (bei vermeintlichen Bauleistungen) die von ihm abgeführte Steuer von der Finanzbehörde zurückfordert (Rz. 64f.).[4] Diese Regelung galt bereits am Tag nach der Verkündigung des Gesetzes, also ab dem 31.7.2014[5], allei...

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