Rz. 229

Die Zollvorschriften über Zolllager gelten für die EUSt sinngemäß[1], auch wenn das Zolllager lediglich die Funktion eines Aufschublagers hat. Die Lagervorschriften werden grundsätzlich auch dann sinngemäß angewendet, wenn der Einführer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist. Für zum Zolllager abgefertigte Waren entsteht zunächst keine EUSt-Schuld, sondern erst durch die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr[2]; denn erst, wenn die Gegenstände in den Wirtschaftskreislauf der Union gelangt sind und somit einem Verbrauch zugeführt werden, ist der Steuertatbestand der EUSt erfüllt. Dagegen kann eine EUSt neben einer Zollschuld wegen einer Verfehlung im Zolllagerverfahren nur entstehen, wenn dieses Verfahren aufgrund dieser Verfehlung beendet ist und die Gegenstände in den inländischen Wirtschaftskreislauf gelangt sind. Es wird zwar vermutet, dass z. B. durch den Entzug aus der zollamtlichen Überwachung die Gegenstände in den inländischen Wirtschaftskreislauf gelangt sind; diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden, indem z. B. nachgewiesen wird, dass die Gegenstände im Rahmen des Zolllagerverfahrens unverändert ausgeführt worden sind oder dass im Inland tatsächlich kein Verbrauch oder eine Verwendung erfolgte.[3] Solange sich die Gegenstände im Zolllagerverfahren befinden, führt auch eine zollschuldbegründende Behandlung der Gegenstände nicht zur EUSt-Entstehung.[4]  Ein Zolllager befindet sich im Inland, wenn es im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats belegen ist. Werden Gegenstände geliefert, die sich in einem Zolllager befinden oder dort einem aktiven Veredelungsverfahren unterliegen, können diese Umsätze von der USt befreit werden, wenn sie nicht für eine endgültige Verwendung oder einen Endverbrauch bestimmt sind und bei der Überführung in den freien Verkehr wie die Umsätze im Inland besteuert werden.[5] Wurden die Gegenstände nicht vom Bewilligungsinhaber, sondern von einem drittländischen Unternehmer eingeführt und dem Bewilligungsinhaber übergeben, ist die Lieferung an den Bewilligungsinhaber nach § 4 Nr. 4b UStG steuerfrei. Für die EUSt wird i. d. R. keine Sicherheit gefordert, wenn die Ware für Unternehmen eingeführt wird, die zum vollen Vorsteuerabzug hinsichtlich der eingeführten Ware berechtigt sind.

 

Rz. 230

Die sinngemäße Anwendung der Zollvorschriften auf die EUSt bringt für einen zum vollen Vorsteuerabzug Berechtigten keine Vorteile; denn der Vorsteuerabzug stellt ihn umsatzsteuerrechtlich so, als wäre er steuerlich unbelastet. Es kommt auch zu keiner Vorfinanzierung.[6] Eine unterschiedliche Behandlung der Ware hinsichtlich Zoll und EUSt würde den Abfertigungsvorgang komplizieren, weil zwei unterschiedliche Abfertigungen durchzuführen wären, einfuhrumsatzsteuerrechtlich zum freien Verkehr und zollrechtlich zum Zolllagerverfahren. Bei der Lagerung müsste u. U. der unterschiedliche Status der Waren kenntlich gemacht werden. Bei nicht zum Vorsteuerabzug Berechtigten würde eine weitere EUSt-Schuld nach § 21 Abs. 4 UStG entstehen, wenn die Ware zollrechtlich zu einem späteren Zeitpunkt in den freien Verkehr tritt.

 

Rz. 231

Es besteht im Allgemeinen kein Bedürfnis für die Abfertigung von Waren, die nur der EUSt unterliegen, zu einem Zolllager, wenn die EUSt in voller Höhe als Vorsteuer abgezogen werden kann. Die Zollverwaltung bewilligt hierfür im Regelfall kein privates Zolllager und schließt solche Waren von der Abfertigung zum Zolllager aus.

 

Rz. 232

Dagegen besteht ein wirtschaftliches Interesse, Gegenstände, die in Anh. zu § 4 Nr. 4a UStG genannt sind, nach ihrer Einfuhr in ein Umsatzsteuerlager zu überführen.[7] Die Einfuhr ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 UStG steuerbefreit. In der Zollanmeldung hat der Steuerschuldner die Überführung in ein Umsatzsteuerlager zu ­beantragen und Unterlagen und Angaben (Bestätigung über die Lagerbewilligung; Name oder Firma, Anschrift, Steuernummer und/oder USt-IdNr. des Lagerhalters) beizufügen. Auch bei anderen nicht in dem Anhang aufgeführten Gegen ständen kann ein Bedürfnis für ein EUSt-Lager bestehen, auch bei der Einfuhr von Gegenständen, die nur der EUSt unterliegen, wenn der Einführer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Hier kann ein offenes Lager bewilligt werden, wenn die übrigen Voraussetzungen vorliegen, insbesondere ein durchschnittlicher Lagerumschlagszeitraum von mehr als 6 Wochen besteht. In diesen Fällen kann von einer Sicherheitsleistung im Allgemeinen nicht abgesehen werden.

[3] Schlussanträge des Generalanwalts v. 27.2.2019, C-26/18; EuGH v. 10.7.2019, C-26/18, UR 2019, 408, Haufe-Index 13290181; s. Bender, UR 2019, 641.
[7] § 4 Nr. 4a UStG Rz. 4ff.; Weimann, UVR 2003, 345; ders., UVR 2004, 81; Schröder, UStB 2004, 164.

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