Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Zollunion. Einfuhrzölle. Entstehung einer Zollschuld aufgrund zollrechtlichen Fehlverhaltens. Steuerrecht. Mehrwertsteuer. Einfuhrmehrwertsteuer. Steuertatbestand. Begriff der Einfuhr eines Gegenstands. Erfordernis des Eingangs des Gegenstands in den Wirtschaftskreislauf der Europäischen Union. Weiterbeförderung des Gegenstands in einen anderen Mitgliedstaat als den, in dem die Zollschuld entstanden ist

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 2 Abs. 1 Buchst. d, Art. 30

 

Beteiligte

Federal Express Corporation Deutsche Niederlassung

Federal Express Corporation Deutsche Niederlassung

Hauptzollamt Frankfurt am Main

 

Verfahrensgang

Hessisches FG (Beschluss vom 02.11.2017; Aktenzeichen 7 K 1158/14; MwStR 2018, 359; ABl EU 2018 Nr. C 152/3)

 

Tenor

Art. 2 Abs. 1 Buchst. d und Art. 30 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind dahin auszulegen, dass es, wenn ein Gegenstand in das Gebiet der Europäischen Union verbracht wird, nicht genügt, dass in einem bestimmten Mitgliedstaat ein zollrechtliches Fehlverhalten in Bezug auf diesen Gegenstand begangen wurde, das in diesem Staat zur Entstehung einer Einfuhrzollschuld geführt hat, um anzunehmen, dass dieser Gegenstand in diesem Mitgliedstaat in den Wirtschaftskreislauf der Union gelangt ist, wenn nachgewiesen ist, dass der fragliche Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat, seinen endgültigen Bestimmungsort, weiterbefördert worden ist, wo er verbraucht wurde; die Einfuhrmehrwertsteuer auf diesen Gegenstand entsteht dann nur in diesem anderen Mitgliedstaat.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hessischen Finanzgericht (Deutschland) mit Entscheidung vom 2. November 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Januar 2018, in dem Verfahren

Federal Express Corporation Deutsche Niederlassung

gegen

Hauptzollamt Frankfurt am Main

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richterin C. Toader sowie der Richter A. Rosas, L. Bay Larsen und M. Safjan (Berichterstatter),

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: D. Dittert, Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. Dezember 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Federal Express Corporation Deutsche Niederlassung, vertreten durch R. Welzel und U. Reimer, Steuerberater,
  • des Hauptzollamts Frankfurt am Main, vertreten durch U. Beck als Bevollmächtigten,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch K. Georgiadis und M. Tassopoulou als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Clotuche-Duvieusart und B.-R. Killmann als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 27. Februar 2019

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. d und Art. 30 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

Rz. 2

Das Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Federal Express Corporation Deutsche Niederlassung (im Folgenden: FedEx) und dem Hauptzollamt Frankfurt am Main (Deutschland) (im Folgenden: Hauptzollamt) wegen der Pflicht zur Entrichtung der Mehrwertsteuer in Deutschland nach der Entstehung einer Einfuhrzollschuld aufgrund eines in diesem Mitgliedstaat begangenen zollrechtlichen Fehlverhaltens.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Verordnung (EWG) Nr. 2913/92

Rz. 3

Mit der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. 2013, L 269, S. 1, und Berichtigung ABl. 2013, L 287, S. 90) wurde die Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. 1992, L 302, S. 1) ab dem 1. Mai 2016 aufgehoben. Angesichts des Zeitpunkts des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens ist jedoch im vorliegenden Fall die Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 des Rates vom 20. November 2006 (ABl. 2006, L 363, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Zollkodex) weiterhin anwendbar.

Rz. 4

Art. 40 des Zollkodex lautete:

„Waren sind beim Eingang in das Zollgebiet der Gemeinschaft von der Person zu gestellen, die sie dorthin verbracht hat oder die gegebenenfalls die Verantwortung für ihre Weiterbeförderung übernimmt; hiervon ausgenommen sind Beförderungsmittel, die die Hoheitsgewässer oder den Luftraum des Zollgebiets der Gemeinschaft lediglich durchqueren und dort keinen Zwischenstopp einlegen. Die Person, die die Waren gestellt, hat dabei auf die summarische Anmeldung bzw. die Zollanmeldung, die zuvor für die Waren abgegeben wurde, zu verweisen.”

Rz. 5

Art. 50 des Zollkodex sah vor:

„Bis zum Erhalt einer zollrechtlichen Bestimmung haben die gestellten Waren die Rechtsstellun...

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