Rz. 23

Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausführt (§ 2 Abs. 1 S. 1 UStG). Dies gilt nach der im S. 1 erfolgten gesetzlichen Klarstellung zum 1.1.2023 unabhängig davon, ob der Unternehmer (oder der als Unternehmer anzusehende Zusammenschluss) rechtsfähig ist oder nicht. Dabei handelt es sich bei dem Unternehmerbegriff wohl um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Ob es sich dabei um einen sog. Typusbegriff handelt, ist in der Literatur umstritten und hängt wohl auch von der Sicht des jeweiligen Betrachters ab.[1] Im Ergebnis kann dies aber dahingestellt bleiben, da zur inhaltlichen Anwendung und praktischen Umsetzung solcher Rechtsbegriffe weniger die Einordnung in rechtliche Kategorien von Bedeutung ist, sondern die sich jeweils aus der praktischen und rechtlichen Beurteilung dieser Begriffe ergebende – auch erheblichen Änderungen unterworfene – herrschende Meinung. So hat der Unternehmerbegriff in den letzten Jahren (unabhängig davon, ob als Typusbegriff oder unbestimmter Rechtsbegriff zu verstehen) in der Rechtsprechung des BFH und des EuGH – die nicht immer im Einklang erfolgte – in wichtigen Fragen eine Änderung erfahren (z. B. bei der Frage des sog. erfolglosen Unternehmers, Rz. 300ff., oder bei der Unternehmereigenschaft einer Holding).

 

Rz. 24

Für die Bestimmung der Unternehmereigenschaft sind die Merkmale zu prüfen, die sich aus dem Gesetz ergeben – im Ergebnis die selbstständig ausgeführte Tätigkeit, die zu einer nachhaltigen Erzielung von Einnahmen führt. Ein bloßer Vergleich der ausgeübten Tätigkeit mit bestimmten typischen Tätigkeitsformen reicht nicht aus. So hat der BFH z. B. entschieden[2], dass eine Studentin, die einen Pkw erworben und an ihren unternehmerisch tätigen Bruder vermietet hatte, selbstständig mit Einnahmeerzielungsabsicht eine nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeführt hatte, obwohl hier nach dem äußeren Anschein eine "typische" unternehmerische Betätigung nicht vorlag. Bei Abwägung aller für und gegen die Unternehmereigenschaft sprechenden Argumente war der BFH aber der Überzeugung, dass hier die unternehmerischen Aspekte überwogen. Aber auch die Frage, wie viele Umsätze ausgeführt werden müssen, um von einer nachhaltigen Tätigkeit auszugehen, kann nicht abstrakt und anhand einer genauen zahlenmäßigen Abgrenzung vorgegeben werden. So ergibt sich trotz der Auseinandersetzung des BFH[3] mit den "ebay-Händlern" keine exakte Grenze zwischen der umsatzsteuerrechtlich unbeachtlichen privaten Tätigkeit und der nachhaltigen Tätigkeit, die zur Unternehmereigenschaft führt. Im Ergebnis wird es immer auf die Umstände des Einzelfalls ankommen. Teilweise werden aber auch – regelmäßig durch den EuGH – die Grenzen einer systematischen Prüfung der Tatbestandsmerkmale aufgelöst. So wird die Tatsache einer Festvergütung bei Aufsichtsräten dazu herangezogen, dass kein wirtschaftliches Risiko vorliegt (kein "Unternehmerrisiko") und dass deshalb keine unternehmerische Betätigung gegeben ist.[4]

 

Rz. 25

Unabhängig von der jeweiligen Interpretation der einzelnen Voraussetzungen kann die Unternehmereigenschaft nur dann vorliegen, wenn die allgemeinen Vorgaben des § 2 UStG erfüllt sind – vgl. dazu Voraussetzungen der Unternehmereigenschaft Rz. 62ff. Dabei müssen die jeweiligen unionsrechtlichen Auslegungen berücksichtigt werden. Grundsätzlich muss der Handelnde als natürliche Person, Personenzusammenschluss oder als juristische Person des privaten oder des öffentlichen Rechts steuerrechtsfähig sein. Die zivilrechtliche Rechtsfähigkeit ist durch gesetzliche Klarstellung in § 2 Abs. 1 S. 1 UStG seit 1.1.2023 ausdrücklich nicht erforderlich.

 

Rz. 26

Der Begriff des Unternehmers prägt insoweit den Begriff des Unternehmens i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 2 UStG vor. Der BFH[5] hat dazu festgestellt, dass der Unternehmensbegriff im Umsatzsteuerrecht – insbesondere auch für die Frage der Zuordnung von Gegenständen zu dem Unternehmen – tätigkeitsbezogen zu interpretieren ist. Damit werden alle die Tätigkeiten, für die der Unternehmer als ein solcher anzusehen ist, in einem einheitlichen Unternehmen ausgeführt (Rz. 325ff.).

 

Rz. 27

Die Definition des Unternehmerbegriffs wie des Unternehmensbegriffs nach § 2 UStG ist maßgeblich für alle weiteren Bezugnahmen des Gesetzes und der Durchführungsverordnung. Allerdings führt der Tatbestand "Unternehmereigenschaft" oder die Festlegung des "Rahmens des Unternehmens" alleine nicht zu einer Rechtsfolge im Umsatzsteuerrecht. Die Bedeutung der Rechtsnorm des § 2 UStG besteht darin, dass die in ihr definierten Begriffe Tatbestandsmerkmale anderer umsatzsteuerlicher Vorschriften sind, die dann ihrerseits zu Rechtsfolgen führen. So kann z. B. ohne Unternehmereigenschaft keine steuerbare Lieferung oder sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erbracht werden oder keine Vorsteuerabzugsberechtigung nach § 15 Abs. 1 S. 1 UStG vorliegen.

[1] Stadie, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 UStG Rz. 330ff.
[3] B...

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