4.1 Allgemeiner Überblick

 

Rz. 34

Das Verbringen eines Gegenstands durch die deutschen Streitkräfte aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland für den Gebrauch oder Verbrauch dieser Streitkräfte oder ihres zivilen Begleitpersonals gilt als innergemeinschaftlicher Erwerb i. S. d. § 1a UStG, wenn die Lieferung des Gegenstands an die deutschen Streitkräfte im übrigen Gemeinschaftsgebiet oder die Einfuhr durch die Streitkräfte nicht der Besteuerung unterlegen hat. Die Regelung stellt sicher, dass Gegenstände, die durch die deutschen Streitkräfte im übrigen Gemeinschaftsgebiet steuerfrei erworben oder ins übrige Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden, mit deutscher USt belastet werden, wenn sie zum Gebrauch oder Verbrauch der Streitkräfte oder ihres zivilen Begleitpersonals in das Inland gelangen. Damit wird ein unbelasteter Letztverbrauch verhindert. § 1c Abs. 2 UStG stellt sicher, dass die Besteuerung nicht dadurch umgangen werden kann, dass die deutschen Streitkräfte sich die für den hoheitlichen Bereich zu beschaffenden Gegenstände in einem anderen Mitgliedstaat steuerfrei erwerben und die Gegenstände anschließend ins Inland verbringen. Bei für den hoheitlichen Bereich beschafften Gegenständen würde es in diesem Fall ohne § 1c Abs. 2 UStG nicht zu einer Erwerbsbesteuerung kommen, da die Gegenstände nicht dem Unternehmen zugeordnet werden können.

 

Rz. 35

Nach § 1c Abs. 2 UStG ist ein innergemeinschaftlicher Erwerb gegen Entgelt i. S. d. § 1a Abs. 2 UStG anzunehmen, wenn

  • ein Gegenstand aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland verbracht wird,
  • das Verbringen durch die deutschen Streitkräfte vorgenommen wird,
  • der Gegenstand dem Gebrauch oder Verbrauch der Streitkräfte oder ihres zivilen Begleitpersonals dient und
  • die Lieferung des Gegenstands an die deutschen Streitkräfte im übrigen Gemeinschaftsgebiet oder die Einfuhr des Gegenstands in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch die deutschen Streitkräfte nicht der Besteuerung unterlegen haben.
 

Rz. 36

Durch die Bezugnahme auf § 1a Abs. 2 UStG in § 1c Abs. 2 UStG wird das Verbringen eines Gegenstands durch die Streitkräfte wie ein unternehmerisches Verbringen behandelt, das der Erwerbsbesteuerung unterliegt. Die deutschen Streitkräfte sind daher insoweit wie Unternehmer zu behandeln, die als Konsequenz der Erwerbsfiktion insbesondere die entsprechenden Erklärungspflichten zu erfüllen haben.

4.2 Voraussetzungen der Erwerbsfiktion

4.2.1 Verbringen eines Gegenstands aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland

 

Rz. 37

Der Verbringenstatbestand setzt folgende Merkmale voraus:

  • Es muss sich um die Bewegung eines Gegenstands handeln.
  • Der Gegenstand muss aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland gelangen.
  • Die Bewegung des Gegenstands (das Verbringen) muss durch die Streitkräfte oder in deren Auftrag durch Dritte erfolgen.
  • Der Gegenstand muss im übrigen Gemeinschaftsgebiet bereits in der Verfügungsgewalt der deutschen Streitkräfte gewesen sein.

Das übrige Gemeinschaftsgebiet umfasst die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Unionsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten[1].

[1] Vgl. § 1 Abs. 2 a S. 1 UStG; vgl. zum Begriff des Verbringens auch Rondorf, DStR 1993, 969 und Gast, UVR 1994, 33.

4.2.2 Verbringen durch die deutschen Streitkräfte

 

Rz. 38

Die Vorschrift setzt das Verbringen eines Gegenstands durch die deutschen Streitkräfte oder in deren Auftrag durch Dritte voraus. Zum Begriff der Streitkräfte vgl. Rz. 29. Zu den Streitkräften i. S. der Vorschrift gehören nicht einzelne Mitglieder der Streitkräfte (einzelne Soldaten) bzw. das zivile Begleitpersonal. Soweit diese Personen einen Gegenstand aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland verbringen, findet die Vorschrift des § 1c Abs. 2 UStG keine Anwendung, wohl aber, wenn die Einzelpersonen im Auftrag der Streitkräfte handeln.

4.2.3 Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte oder ihr ziviles Begleitpersonal

 

Rz. 39

Die Erwerbsbesteuerung nach § 1c Abs. 2 UStG findet nur Anwendung, wenn das Verbringen des Gegenstands durch die deutschen Streitkräfte zum Gebrauch oder Verbrauch der Streitkräfte oder ihres zivilen Begleitpersonals erfolgt. Der Gegenstand muss also im Inland ge- oder verbraucht werden. Somit erfasst die Vorschrift nicht die Fälle, bei denen der Gegenstand lediglich durch das Inland transportiert oder im Inland zwischengelagert wird und dann in einen Drittstaat oder in einen anderen Mitgliedstaat weiterbefördert wird.

 
Praxis-Beispiel

Eine in Belgien stationierte Bundeswehreinheit hat in Belgien Aufbauten für Lastkraftwagen erworben, die nach einer Zwischenbearbeitung in Deutschland in Italien verwendet werden sollen. Zum Zweck der Bearbeitung werden die Aufbauten nach Deutschland verbracht.

Das Verbringen der Aufbauten in das Inland löst keinen Erwerbstatbestand i. S. d. § 1c Abs. 2 UStG aus.

 

Rz. 40

Unerheblich ist, wie lange sich der Gegenstand zum Gebrauch oder Verbrauch im Inland befindet. Wird der Gegenstand nur kurze Zeit im Inland ge- oder verbraucht, findet dennoch eine Erwerbsbesteuerung nach § 1c Abs. 2 UStG statt. Die Vorschrift bezieht sich zwar auf § 1a Abs. 2 UStG, in dem das Verbringen zu einer nur vorübergehenden Verwendung nicht den Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs erfüllt. Diese Ausnahme ist jedoch ...

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