7.1 Allgemeines

 

Rz. 218

Für bestimmte Erwerber, die die Voraussetzungen für einen Erwerb nach § 1a Abs. 1 und 2 UStG erfüllen, tritt eine Erwerbsteuerpflicht nicht ein, wenn sie die Erwerbsschwelle nicht überschreiten und nicht für die Erwerbsbesteuerung optiert haben. Diese Erwerber werden dann so behandelt wie Privatpersonen, für die im innergemeinschaftlichen Warenverkehr das Ursprungslandprinzip gilt. Das bedeutet, dass die Warenbezüge mit der USt des Ausgangsmitgliedstaats belastet bleiben und dass ein Umsatzsteuerausgleich nicht erfolgt, obwohl die Gegenstände ins Inland verbracht und hier auch weitergeliefert werden. Wenn die Ausnahmen nach § 1a Abs. 3 ff UStG greifen, unterliegen die Lieferungen nicht der Erwerbsbesteuerung[1]  und die Steuerbefreiung als innergemeinschaftliche Lieferung entfällt.[2]

 

Rz. 219

Um Steuerausfällen durch die Ausweitung des Versandhandels aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet vorzubeugen, wird dieser ab einer bestimmten Umsatzhöhe im Inland besteuert und gleichzeitig die Besteuerung im Ursprungsland ausgeschlossen. Das Ergebnis wird durch die Regelung in § 3c UStG erreicht, der den Lieferort ins Inland verlagert.[3] Diese Regelung beinhaltet eine erhebliche Vereinfachung gegenüber der übrigen Besteuerung des Binnenmarkthandels, weil im Ursprungsland auf eine steuerbare Lieferung mit anschließender Steuerbefreiung verzichtet wird. Die Versandhandelsregelung ist nicht auf sog. Versandhäuser beschränkt, sondern betrifft jede Warenlieferung, bei der ein Unternehmer Gegenstände an den o. a. Abnehmerkreis in einen anderen Mitgliedstaat befördert oder versendet.

 

Rz. 220

Überschreitet der Lieferer die inländische Lieferschwelle oder hat er für die Erwerbsbesteuerung im Inland optiert, gilt die Lieferung dort ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung endet, d. h. sie ist nur im Inland steuerbar.[4] Eine innergemeinschaftliche Lieferung[5] liegt nicht vor, weil die Lieferung im Ausgangsmitgliedstaat nicht steuerbar ist.

 

Rz. 221

Der Schwellenerwerber hat die Möglichkeit, zur Erwerbsbesteuerung zu optieren[6], um einen niedrigeren Steuersatz und die Vorsteuerabzugsberechtigung zu erlangen, soweit er sie nicht besitzt (Rz. 208ff.). Die Erwerbsschwellenregelung gilt nicht für den Erwerb neuer Fahrzeuge und verbrauchsteuerpflichtiger Waren.[7]

7.2 Erwerberkreis (§ 1a Abs. 3 Nr. 1 UStG)

 

Rz. 222

Zum Kreis der Unternehmer i. S. von § 1a Abs. 1 Nr. 2 UStG, bei denen ein innergemeinschaftlicher Erwerb nicht vorliegt, wenn sie eine bestimmte Erwerbsschwelle nicht überschreiten, gehören:

7.2.1 Unternehmer, der nur steuerfreie Umsätze ausführt, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen (§ 1a Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG)

 

Rz. 223

Hierunter fallen Unternehmer, die ausschließlich steuerfreie vorsteuerabzugsschädliche Umsätze ausführen.[1]. Unternehmer, die neben steuerfreien auch steuerpflichtige Umsätze oder steuerfreie, aber nicht vom Vorsteuerabzug ausgeschlossene Umsätze tätigen (z. B. Unternehmer, die auch steuerfreie Ausfuhrlieferungen ausführen), sind voll erwerbsteuerpflichtig. Das führt dazu, dass Unternehmer, die in ihrer Haupttätigkeit nur steuerfreie vorsteuerabzugsschädliche Umsätze ausführen, wegen geringfügiger steuerpflichtiger Nebentätigkeit oder wegen Hilfsgeschäften oder wegen einer einzigen steuerfreien Ausfuhrlieferung oder Lohnveredelung[2] unbeschränkt der Erwerbsteuer unterliegen, weil auf sie die Erwerbsschwellenregelung nicht anwendbar ist.

 

Rz. 224

Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind die steuerfreien Umsätze des § 4 Nrn. 8ff. UStG[3]; es handelt sich insbes. um folgende Unternehmer: Banken und Versicherungen[4], Bausparkassen- und Versicherungsvertreter sowie Versicherungsmakler[5], Wohnungsvermieter[6], Ärzte, Zahnärzte (nicht für die Herstellung von Zahnprothesen [7], Heilpraktiker, Krankengymnasten, Hebammen und ähnliche Heilberufe[8], Krankenhäuser, Diagnosekliniken, Altenheime, Altenwohnheime, Pflegeheime[9], öffentlich-rechtliche Theater, Orchester, Chöre, Museen, botanische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien (§ 4 Nr. 20 UStG), Schulen[10], Volkshochschulen[11], Deutsches Jugendherbergswerk.[12]

Steuerfreie Umsätze, die vom Vorsteuerabzug nicht ausgeschlossen sind, führen insbes. Ausfuhr- und Lohnveredelungsunternehmer[13], Luftverkehrsgesellschaften, Reeder[14] und Grenzspediteure[15] aus.

7.2.2 Kleinunternehmer (§ 1a Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b UStG)

 

Rz. 225

Die Ausnahmevorschrift erfasst nur Unternehmer, die die Voraussetzungen von § 19 Abs. 1 UStG erfüllen und nicht zur Normalbesteuerung optiert haben. Zu Kleinunternehmern zählen Unternehmer, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten ansässig sind u...

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