Rz. 76

Die Geltendmachung des Vorlageverlangens steht grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde.[1] Bei einem Vorlageverlangen nach § 18d UStG ist allerdings zu berücksichtigen, dass es auf einem Auskunftsbegehren der Finanzbehörde eines anderen Mitgliedstaats beruht, welche den betroffenen inländischen Unternehmer bereits konkret benennt. Die inländische Finanzbehörde ist hier m. E. schon aufgrund der Zusammenarbeits-VO zur Durchführung verpflichtet (Rz. 31ff.), das Ermessen ist deswegen hinsichtlich des "Ob" des Vorlageverlangens eingeschränkt, denn über die Notwendigkeit der Auskunft entscheidet zunächst die Finanzbehörde des anderen Mitgliedstaates. Da in § 18d UStG eine dem § 97 Abs. 2 AO entsprechende Regelung fehlt, kann ein Vorlageverlangen davon abweichend auch ohne ein vorhergehendes Auskunftsverlangen gegenüber dem Steuerpflichtigen gestellt werden; § 18d UStG ist insoweit lex specialis zu § 97 AO[2]; die Vorlage der Urkunden kann also sofort verlangt werden. Das Vorlageverlangen muss aber dem Grunde und dem Umfang nach zur Erfüllung der Auskunftsverpflichtung geeignet, erforderlich und zudem zumutbar sein. Erforderlich ist zudem die hinreichend bestimmte Bezeichnung oder Benennung der vorzulegenden Unterlagen.[3] Dies kann etwa durch die Bezugnahme auf einen bestimmten Leistungsempfänger oder durch die Benennung des zu prüfenden Zeitraums geschehen.

 

Rz. 77

Grundsätzlich möglich ist m. E. auch ein unangekündigter "Besuch" durch Amtsträger der Finanzbehörde und zugleich eine Übergabe eines Vorlageverlangens nach § 18d UStG anlässlich einer Umsatzsteuer-Nachschau nach § 27b UStG aus einem eigenen Prüfungsrecht der Finanzbehörde gegenüber dem deutschen Unternehmer heraus. Ob derartige unangekündigte "Besuche" allerdings sinnvoll sind, erscheint vor allem dann zweifelhaft, wenn in größeren Unternehmen viele Dokumente zu sichten sind. Hier ist zu berücksichtigen, dass der vorlagepflichtige Unternehmer nicht immer sofort alle Urkunden greifbar haben wird; u. U. kann ein dahingehendes Verlangen anlässlich eines unangekündigten Besuchs im Einzelfall auch unverhältnismäßig sein. Bei Unterlagen zu nur einzelnen Geschäftsvorfällen wird das aber nicht der Fall sein, dennoch sollten derartige Ermittlungshandlungen immer schon im Vorfeld ihrer Durchführung abgewägt werden.

 

Rz. 78

Allgemein ist dem Unternehmer zur Erfüllung seiner Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen eine angemessene Frist zu setzen, bei deren Bemessung allerdings die vorgegebene Erledigungsfrist von drei Monaten für das Auskunftsbegehren des anderen Mitgliedstaats zu berücksichtigen ist.[4] Die Frist wird deshalb i. d. R. kurz sein, und nur etwa ein bis zwei Wochen betragen können[5], vor allem, weil es sich (wie oft) um einfach zu beschaffende Unterlagen – wie Rechnungen und die dazugehörigen Belege – handeln wird, die ohnehin Bestandteil der Buchhaltung des Unternehmers sein müssen. Nur beim Bestehen gewichtiger Gründe kann diese Frist verlängert werden, dann ist aber u. U. nach Art. 12 der Zusammenarbeits-VO die ersuchende Behörde über das BZSt unter Angabe der Gründe über das Überschreiten der Dreimonatsfrist zu unterrichten (Rz. 38). Demnach muss auch der vorlagepflichtige Unternehmer begründen, warum er nicht dazu in der Lage ist, die Informationen fristgemäß zu liefern.

 

Rz. 79

In diesem Zusammenhang ist weiter zu fragen, welche Rechtssubjekte von einem Vorlageverlangen betroffen sein können (Rz. 22). Dies sind jedenfalls alle inländischen Unternehmer, womit zweifellos der größte Teil der in der Praxis relevanten Auskunftsersuchen abgedeckt werden kann.[6] Ob hiervon aber tatsächlich alle Personen erfasst werden, die innergemeinschaftliche Lieferungen ausgeführt oder innergemeinschaftliche Erwerbe verwirklicht haben, so wie es in der Literatur zum Teil vertreten wird[7], kann durchaus kritisch gesehen werden. Jedenfalls der Gesetzeswortlaut des § 18d UStG ist insoweit eindeutig, weil hier mit Bezug auf die Vorlagepflicht nur von "Unternehmern" gesprochen wird. Dass hier im Rahmen von § 18d UStG von einem "erweiterten Unternehmerbegriff" auszugehen ist oder dass z. B. auch Fahrzeuglieferer (§ 1b UStG) vorlagepflichtig sein sollen, ist dem § 18d UStG gleichfalls nicht zu entnehmen. Die Zusammenarbeits-VO sieht allerdings auch die Möglichkeit der Prüfung innergemeinschaftlicher Lieferungen in ihrem Art. 1 vor, sodass insoweit unionsrechtlich wohl ein umfassendes Prüfungsrecht für alle derartigen Leistungen gilt, dies unabhängig davon, ob der inländische Beteiligte an dem Leistungsaustausch Unternehmer ist oder nicht. Insoweit ist wohl zu fragen, ob § 18d UStG die unionsrechtlichen Vorgaben in diesen Sonderfällen ausreichend umsetzt. Sterzinger ist allerdings darin beizupflichten[8], dass in solchen – wohl in der Praxis eher seltenen – Fällen u. U. ein Vorlageverlangen auf § 117 Abs. 4 AO i. V. m. § 97 AO gestützt werden könnte, sodass es sich im Ergebnis wohl eher um ein akademisches Problem handeln dürfte.

Rz. 80-83 einstw...

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